Eine Klasse für sich
höchstselbst dazwischenfunken und alle mit auf die Bühne bringen, die damals von Bedeutung waren. Mit anderen Worten, sie war genauso unschuldig wie ich und ahnte nicht, was hinter den Kulissen gespielt wurde. Schließlich meldete sich Lucy zu Wort: »Was wollte sie denn?« Sie hatte für Joanna immer weniger übrig gehabt als andere, wie ich mich gut erinnere.
John war durch das Echo auf seine Nachricht etwas verunsichert. »Nur euch sehen. Ich habe sie und ihren Mann zum Dinner eingeladen. Ich hoffe, das ist in Ordnung. Sie hat gefragt, wer alles hier sei, und schien jeden Namen zu kennen, deshalb dachte ich, ihr freut euch.« Er verstummte, besorgt, dass er vielleicht einen Fauxpas begangen hatte.
»Natürlich freuen wir uns«, sagte Candida. Aber ihre Freude hielt sich deutlich in Grenzen, und heute weiß ich, warum. Bei dem von langer Hand geplanten, moralisch zweifelhaften Dinner, das Serena ein Wiedersehen mit Damian bescheren sollte, musste man bereits
Serenas Eltern und Schwiegereltern mit in Kauf nehmen. Nun wuchs es sich langsam zu einem Staatsbankett aus.
»Sie bringt ihre Eltern mit«, sagte John.
Das brachte das Fass zum Überlaufen. »Ach du lieber Gott«, entfuhr es Lucy. Sie sprach den meisten aus dem Herzen.
Wie der Leser schon argwöhnt, hatte auch die Ankunft der de Yongs nichts mit Zufall zu tun, wie ich bald erfahren sollte. Ich zog mich gerade um, als es an meiner Tür klopfte, und ohne auf meine Aufforderung zu warten, kam Joanna herein. Ohne Begrüßung, ja ohne ein Wort warf sie sich mit einem lauten Seufzer auf mein Bett. »Ich weiß nicht, was wir hier alle sollen«, sagte sie schließlich.
»Es uns gut gehen lassen?« Ich hatte sie seit dem Ende der Festivitäten von 1968 nicht mehr gesehen; sie war immer noch ein wunderschöner Anblick.
»Glaubst du vielleicht.« Sie verdrehte die Augen, während ich auf eine Erklärung wartete. »Meine Mutter hat alles arrangiert, ohne sich mit mir abzustimmen, weißt du.«
»Ich weiß gar nichts. Wovon redest du denn?«
»Ich hatte Serena angerufen …«
»Hast du denn Kontakt mit ihr?«
Sie merkte mir meine Überraschung an und lächelte. »Nicht alle haben mich fallen lassen.«
»Davon bin ich überzeugt.«
Sie sah mich zweifelnd an, als wäre ich schwer von Begriff. »Egal. Serena hat mir erzählt, dass sie mit ihren Eltern nach Portugal fährt. Und dass auch Candida und ein paar Freunde von ihr kommen, unter anderem du und Damian.«
»Wirklich?« Das passte nicht ganz zu der Szene, die wir gerade in Lissabon vor der Kathedrale aufgeführt hatten, aber bevor ich nachdenken konnte, redete Joanna schon weiter. Merkwürdigerweise erinnere ich mich heute ganz deutlich an ihre Erklärung, aber damals vergaß ich sie ganz schnell wieder und war deshalb nicht in der Lage, zwei und zwei zusammenzuzählen.
»Blöderweise habe ich meiner Mutter alles erzählt, und siehe da, vor einer Woche teilte sie mir mit, sie hätte eine Überraschung für
mich, hätte ein Ferienhaus in Estoril gemietet. Natürlich sagte ich ihr, dass es für mich überhaupt nicht in Frage käme hinzufahren.«
»Aber?«
»Aber sie flennte stundenlang, machte ein Riesentheater und fragte mich, warum ich sie hasse und ob sie nicht immer versucht habe, mir seit meiner Hochzeit zu helfen, und jetzt hätten sie ein Vermögen für diese Villa hingeblättert, um andere Interessenten aus dem Rennen zu werfen, und so weiter. Und da bin ich eingeknickt.« Sie hatte eine Flasche Coca-Cola in der Hand, noch das alte, hübsche Glasmodell, und nahm einen langen, trägen Zug.
»Ich bin froh, dass du gekommen bist. Ich freue mich, dich zu sehen. «
Sie zuckte mit den Achseln.
»Meine Mutter glaubt, ich langweile mich mit Kieran. Sie glaubt, dass sie uns auseinanderbringen kann, mit euch allen als Ködern. Dass ihr mich an den Spaß erinnert, der mir entgeht. Deshalb hat sie uns hierherverfrachtet. Sie hat sogar gefragt, ob ich mich freue, Damian wiederzusehen.« Sie warf den Kopf zurück und lachte schallend. »Damian. Vor zwei Jahren hätte sie sich am liebsten aus dem Fenster gestürzt, als sie dachte, ich interessierte mich ernsthaft für ihn.«
Immer noch schaltete ich nicht: Serena hatte die ganze Zeit gewusst, dass Damian kommen würde. Was war nur los mit mir? »Der arme Kieran«, sagte ich. Ihn hatte ich bereits kennengelernt; ein paar Wochen nach der sensationellen Flucht hatte Valerie Langley für die Jungvermählten einen Cocktailempfang im Dorchester gegeben, um die
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