Eine Koelner Karriere
torpedierte, wollte Papa angeblich sein Geld zurück, doch der Filius erklärte sich für pleite.« Der Grieche blickte von seinem Notizbuch auf. »Aber das sind nur unbestätigte Gerüchte.«
Markesch nickte ungeduldig. »Und was sind die Fakten?«
»Fakt ist, daß die Spedition Zosch vor rund vier Monaten quasi über Nacht dermaßen flüssig wurde, daß die rückständigen Kreditraten in voller Höhe bezahlt und sämtliche anderen Verbindlichkeiten ebenfalls bedient wurden.«
»Woher kam das Geld?«
»Das weiß nur Zosch allein. Angeblich hat er ein paar lukrative Aufträge an Land gezogen und seine Lkw-Flotte ausgelastet, aber in der Branche meint man, auf dem heiß umkämpften Markt wäre so was nur mit Dumpingpreisen zu machen. Und mit Dumpingpreisen kann man nicht mal die Betriebskosten bestreiten, vom Schuldendienst ganz zu schweigen.«
Mit Dumpingpreisen nicht, dachte Markesch, aber mit den horrenden Profiten aus dem Kokainhandel. Aber darum konnten sich Enke und seine Kollegen vom Kölner Rauschgiftdezernat kümmern. Für den Fall Pankrath spielte Zosch keine Rolle mehr.
»Was ist mit Corinne von Bohlen?« fragte er laut, das Telefon noch immer in der Hand.
»Sie ist ganz und gar nicht so arm, wie sie dir gegenüber getan hat. Ludwig von Bohlen hat die Katastrophe rechtzeitig gewittert und vor dem Konkurs der Bohlen-Gießerei und der Millionenforderung der Stadt Köln einen Teil seines Vermögens auf seine Frau überschrieben: Ein Haus im Oberbergischen, in einem Kaff namens Lindlar, und ein Aktiendepot im Wert von fast einer Viertelmillion. Außerdem soll der Familienschmuck noch einmal eine Viertelmillion wert sein.« Archimedes klappte das Notizbuch zu und steckte es wieder in seine Tasche. »Alles in allem ist deine angeblich völlig abgebrannte Corinne Millionärin.«
Das Haus in Lindlar, durchfuhr es Markesch. Es ist ihr Haus, in dem sich Astrid Pankrath versteckt. Und wenn sie die Aktien oder den Schmuck versilbert, dürfte sie mehr als genug Geld haben, um Astrid für ihre Dienste und ihr Schweigen zu bezahlen.
»Gute Arbeit«, lobte er, während er wieder den Hörer von der Gabel nahm und Walter Kress’ Nummer wählte. »Vielleicht bist du als Gastronom eine Niete, aber als Oberhilfsschnüffler …«
Der Grieche drückte auf die Telefongabel. »Warte – das beste kommt noch, eine Sensation! Bohlen wollte noch mehr Geld vor den Gläubigern beiseite schaffen und sich ins Ausland absetzen, aber die Staatsanwaltschaft kam ihm auf die Schliche und steckte ihn in Untersuchungshaft. Anträge auf Haftverschonung wurden wegen Fluchtgefahr abgelehnt. Der Prozeß begann, und als zu dem wirtschaftlichen Ruin auch noch die Verurteilung wegen Bestechung kam …«
»… hat er sich am Fenstergitter erhängt. Alles bekannt. Wo bleibt die Sensation?«
»Bohlen teilte sich die Zelle mit einem anderen Knacki. Wäre der nicht zwei Tage vor dem Selbstmord bei einem Streit mit einem anderen Häftling niedergestochen und ins Gefängnishospital eingeliefert worden, hätte sich Bohlen nicht unbeobachtet erhängen können.«
»Was wieder einmal beweist, daß Einsamkeit tödlich enden kann«, knurrte Markesch und begann wieder zu wählen. »Wenn das deine Sensation war …«
Archimedes drückte erneut die Gabel nieder. »Warte, jetzt kommt’s. Bohlens Zellengenosse hieß …« – er legt eine dramatische Pause ein – »… Rolf Pankrath!«
Und das nächste Teil fügte sich ins Puzzle.
Rolf Pankrath, Astrids jüngerer Bruder, ihr kleiner Liebling, wie Wolfgang Pankrath gesagt hatte, das einzige Mitglied der Familie, mit dem sie noch Kontakt pflegte. Zumindest, bis der kleine Liebling wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer langjährigen Haftstrafe verdonnert worden war …
Markesch fluchte lautlos.
Wäre er schon früher dieser Spur nachgegangen, hätte er sich von Corinne von Bohlen nicht so leicht täuschen lassen. Ludwig von Bohlen mußte von Rolf Pankrath erfahren haben, daß sein Erzfeind Walter Kress verbotene Doktorspiele mit dessen Schwester trieb. Wahrscheinlich hatte er seiner Frau davon erzählt, ehe er sich den Gläubigern und dem Strafvollzug per Strick entzogen hatte. Corinne von Bohlen, rachedürstend, hatte Astrid Pankrath aufgesucht und sie zum Aufstellen der Fotofalle überredet – gegen einen Anteil an ihrem Aktiendepot vermutlich – und sie rechtzeitig vor dem ersten Erpresserbrief nach Lindlar gebracht, wo sie vor Kress’ Nachstellungen sicher war.
Und wo sie sich noch
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