Eine Koelner Karriere
wurde mit einer stark überhöhten Quittung für die fällige Spesenabrechnung belohnt.
»He, Mann«, rief ihm Junior nach, als er müde davonhumpelte, »wann brauchen Sie mich wieder?«
»Wenn Gott ein Einsehen hat, erst am Jüngsten Tag«, brummte er. »Aber so wie die Dinge liegen, spätestens morgen früh, wenn ich meinen Geschwindigkeitsrausch ausgeschlafen habe.«
»Alles klar, Mann – dann bis morgen. Und seien Sie nett zu Ihren Füßen!«
Das Taxi brauste hupend davon und war einen Atemzug später nur ein Doppelpunkt glimmender Rücklichter in den tausend Lichtern der Nacht. Markesch sah ihm kopfschüttelnd nach, schleppte dann seinen müden Körper ins Café – und blieb wie angewurzelt stehen.
»Großer Gott!« murmelte er erschüttert.
Aber nicht Gott war für die barbarische Verwüstung verantwortlich, sondern der Aap, Archimedes’ dubioser Innenarchitekt, dessen Renovierungsarbeiten zweifellos zum Ziel hatten, das zerbombte Nachkriegsköln im Miniaturformat nachzustellen: Das Café Regenbogen war eine einzige Trümmerwüste. Berge von Mauersteinen und Geröll hatten den letzten Hauch Gemütlichkeit vertrieben und seinen Stammtisch vor dem Tresen unter sich begraben. Die Wand dahinter, wo in glücklicheren Zeiten Regale voller Spirituosenflaschen auf die durstigen Kehlen von Sülz gewartet hatten, war verschwunden. Der Durchbruch gab den Blick auf einen kahlen, von nackten Glühbirnen grell erhellten Raum frei, in dem der Aap wie entfesselt mit Zollstock und Penbook-Computer herumturnte, Maße nahm und Berechnungen anstellte, mal mißbilligend schnalzend, mal befriedigt grunzend, ein Workaholic auf dem Höhepunkt eines Exzesses. Er bemerkte nicht einmal, daß Markesch hereingekommen war, oder wenn er es bemerkte, interessierte es ihn nicht. Archimedes hockte auf einem Schutthaufen, trank Ouzo aus der Flasche und sah dem Aap wohlwollend bei seinem Treiben zu.
Markesch schüttelte den Schock ab und trat einen drohenden Schritt auf den Griechen zu.
»Was«, sagte er grollend, »hat das schon wieder zu bedeuten?«
»Expansion«, erklärte Archimedes mit schwerer Zunge. »Wer nicht expandiert, geht unter. Heutzutage entscheidet in der Gastronomie die Größe über Prosperität oder Konkurs. Eine Verdoppelung der Quadratmeterzahl müßte nach meinen theoretischen Berechnungen zu einer Vervierfachung des Absatzes und damit des Gewinns führen.«
»Du versaust mir also mein Büro, nur um noch mehr Geld zu scheffeln als bisher?«
Archimedes beugte sich nach hinten, zog eine Flasche Scotch aus dem Schutt und warf sie ihm zu. »Was heißt hier Geld scheffeln? Mein ganzer Gewinn wurde bisher von dem Kredit aufgezehrt, den ich dir in meinem Leichtsinn gewährt habe.«
»Und wie lange soll die Apokalypse noch dauern?« Er setzte die Flasche an die Lippen und spülte seine Erschütterung hinunter. »Wann kehren endlich wieder normale Verhältnisse ein?«
»Darüber wollte ich schon beim letzten Mal mit dir sprechen. Ich muß …«
»Später«, unterbrach er. »Wo ist das Telefon? Mein Klient wartet auf meinen Anruf.«
Archimedes wühlte im Schutt und legte den Apparat frei. »Aber wir sollten trotzdem über das Café …«
»Das hat Zeit«, fiel ihm Markesch erneut ins Wort. »Der Fall Pankrath ist gelöst. Jetzt muß ich mich um mein Honorar kümmern.«
Er nahm den Hörer von der Gabel.
»Dann bist du an den Ergebnissen meiner Nachforschungen nicht mehr interessiert?« fragte Archimedes. »Über Zosch und diese von Bohlen?«
»Nur, wenn sie zur endgültigen Aufklärung beitragen.«
Der Grieche zog ein Notizbuch aus der Gesäßtasche und blätterte betriebsam. »Zosch, Zosch … ah, da haben wir’s. Ich habe eine zuverlässige Wirtschaftsauskunftei bemüht. Wie’s aussieht, hat die Spedition bis vor ein paar Monaten in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten gesteckt. Offenbar hat sich dein Zosch übernommen, auf Kredit ein paar Lkws zuviel gekauft und sie nicht auslasten können. Die Banken wurden schon nervös, aber dann geschah das Wunder …«
»Was ist passiert? Hat Zoschs reicher Schwiegervater die Raten bezahlt?«
»Der würde seinem Schwiegersohn nicht mal die Groschen für ein Münzklo vorstrecken«, sagte Archimedes. »Seit dem Fehlschlag mit dieser geplanten Mehrzweckhalle ist das Verhältnis zwischen den beiden zerrüttet. Es wird gemunkelt, daß Zosch für seine Lobbydienste im Bauausschuß vom Schwiegerpapa ein paar hunderttausend Mark kassiert hat. Als Kress das Projekt
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