Eine königliche Affäre
auch nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Die Verantwortlichen im Gefängnis ermöglichten es ihr, ihren Sohn bei sich zu behalten, bis er ins Kindergartenalter kam, und versprachen, ihn anschließend bis zu ihrer Entlassung im Waisenhaus gleich nebenan unterzubringen.
Cassie war zutiefst dankbar gewesen. Denn längst nicht jeder inhaftierten Mutter war es vergönnt, nach verbüßter Strafe ihre Kinder wiederzusehen und in die Arme schließen zu können. Automatisch dachte Cassie an Angelica und das gerahmte Foto von dem kleinen dunkelhaarigen Jungen auf ihrem Nachttisch. Sie hatte das Sorgerecht für ihren Sohn Nikolas auf das Betreiben seines Vaters hin verloren, während sie wegen Drogenmissbrauchs hinter Gittern saß. Bevor sie entlassen wurde, war er dann mit unbekanntem Ziel verzogen und hatte ihr das Liebste auf dieser Welt entrissen. Seit viereinhalb Jahren wusste Angelica nicht, ob ihr Sohn überhaupt noch lebte.
Cassie beugte sich vor und küsste Sams weiche Wange. „Ich werde nicht erlauben, dass man dich mir wegnimmt, mein Schatz“, schwor sie im Flüsterton. Doch dann überlief sie ein kalter Schauer. Es war, als fange das Schicksal das leise Echo ihres Schwurs auf und trage es durch das offene Fenster davon.
6. KAPITEL
„Eure Königliche Hoheit, ich habe die gewünschten Informationen“, verkündete Stefanos, als er Sebastian ein paar Tage später den Kaffee servierte.
Der Prinzregent senkte die Zeitung, in die er bisher vertieft gewesen war, und schenkte seinem persönlichen Diener volle Aufmerksamkeit. „Was haben Sie herausgefunden?“
„Cassandra Kyriakis lebt in einem Apartment in Paros Lane, zusammen mit einer ehemals drogenabhängigen Frau namens Angelica Mantoudakis, die als Zimmermädchen in einem der örtlichen Hotels arbeitet. Offenbar haben sich die beiden vor etwa zwei Jahren während der Haft angefreundet.“
Sebastian schob die dunklen Brauen zusammen. „Und was ist mit einem Mann?“
Stefanos schüttelte den Kopf. „Es gibt keinen. Nur ein kleines Kind, einen Jungen von fünf oder sechs.“
Eine kalte Hand griff nach Sebastians Herz. „Ein Junge? Zu wem gehört er?“
„Meine Nachforschungen haben ergeben, dass Angelica Mantoudakis vor fünf Jahren einen Sohn geboren hat, den sie Nikolas nannte. Mehr war nicht rauszubekommen. Die Nachbarn scheinen sich nicht darum zu kümmern, wer neben ihnen wohnt. Eine Frau erwähnte allerdings, dass Cassandra Kyriakis den Jungen jeden Morgen mit in den Kindergarten des Waisenhauses nimmt. Wahrscheinlich, weil die Arbeitszeiten ihrer Mitbewohnerin so liegen, dass sie sich nicht selbst darum kümmern kann.“
Sebastian war nicht einmal bewusst gewesen, dass er die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte, den er jetzt zischend ausstieß. Eine Welle der Erleichterung überflutete ihn, die er sich gar nicht erklären konnte. „Danke, Stefanos.“
„Bei den Nachforschungen bezüglich des Stefani-Diamanten sind wir leider noch keinen Schritt vorangekommen“, berichtete sein Vertrauter weiter. „Inzwischen kümmern sich zusätzlich eine private Detektei und ihr Bruder Prinz Alex um Aufklärung.“
Die halbe Nacht hatte Sebastian wach gelegen und sich gefragt, ob der Diamant wohl jemals wieder auftauchen würde. Egal, wie diskret die Suche vonstatten ging, früher oder später würde es eine undichte Stelle geben, und sobald die Presse davon erfuhr, war seine Krönung gefährdeter denn je.
Dabei hatte er seine Regentschaft so positiv wie möglich starten wollen …
Anders als sein autokratischer Vater wünschte Sebastian sich, zunächst das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, ehe er seine Vision für Aristo umsetzte. Eine Vision, die er seit Jahren hegte und ausbaute – seit der Zeit, als seine wilde Jugend geendet und er die Tragweite seiner Stellung als Kronprinz voll erfasst hatte.
„Sorgen Sie bitte für größtmögliche Diskretion und halten Sie mich auf dem Laufenden, Stefanos.“
„Sehr wohl, Eure Hoheit. Ich habe inzwischen auch mit Demetrius über die Party für die Kinder aus dem Waisenhaus gesprochen. Der Direktor hat sich sehr erfreut über die großzügige Geste Eurer Hoheit gezeigt.“
Sebastian wedelte das Kompliment mit einer ungeduldigen Geste zur Seite. „Es sind schutzlose, einsame Kinder, Stefanos. Zu versuchen, ihnen etwas Freude zu verschaffen, ist das Mindeste, was ich tun kann.“
„In der Tat, Eure Hoheit . Bleibt es bei dem Dinner mit Cassandra Kyriakis am Donnerstagabend? In dem Fall
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