Eine königliche Affäre
noch viel wichtiger war – wessen Kind sie heimlich geboren hatte …
2. KAPITEL
Die holperigen, mit Kopfstein gepflasterten Straßen waren zwar von den Straßenlaternen einigermaßen beleuchtet, trotzdem war Cassie unbehaglich zumute. Unheimliche Schatten schienen sie auf Schritt und Tritt zu bedrohen.
Verzweifelt suchte sie den Boden im gebündelten Lichtschein von Angelicas Taschenlampe ab, doch außer einigen Zigarettenstummeln oder weggeworfenen Kaugummis war nichts zu finden. Plötzlich fühlte sie sich an ihren Vater erinnert, der in seinem Amt als Bürgermeister eine Kampagne ins Leben gerufen hatte, um die Altstadt von Aristo sauber zu halten, während sein eigenes Heim im Dreck verkam.
Cassie schauderte und zwang die belastenden Erinnerungen in den Hinterkopf zurück. Mit gesenktem Blick bewegte sie sich in Richtung Palast, so weit sie es wagte. Sie war nur noch drei Blocks von der hohen, umlaufenden Mauer entfernt, da setzte ihr Herz einen Schlag aus, als der Schein der Taschenlampe einen männlichen Sportschuh streifte.
Mit einem Schreckenslaut richtete Cassie sich auf und leuchtete Sebastian Karedes mitten ins Gesicht. Er trug schwarze Joggingsachen, ähnlich den ihren, und musterte aufmerksam ihre entsetzte Miene.
„Suchst du irgendetwas, Cassie?“
Nie hätte sie gedacht, dass sie lieber einem Räuber auf nachtdunkler Straße begegnen würde als dem Mann, den sie einst über alles geliebt hatte. Sie hatte in ihrem Leben aus guten Gründen mehr Angst gehabt als viele andere, aber dies hier besaß eine ganz andere Qualität.
Sebastian hatte die Macht, ihr Leben zu zerstören, wie selbst ihr unberechenbarer Vater es nie fertiggebracht hätte. Alles, wofür sie so lange und hart gekämpft hatte, schien für sie plötzlich von dem Verlauf der nächsten Minuten abzuhängen. Sie spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog.
„Ich … ich scheine mein Armband verloren zu haben.“ Sie richtete die Taschenlampe wieder auf den Boden. „Ich dachte, ich würde es vielleicht wiederfinden.“
„Du bist gegangen, ohne dich zu verabschieden“, hielt er ihr vor, ohne auf das verlorene Schmuckstück einzugehen. „Ich hatte gehofft, dich noch für ein paar Minuten privat sprechen zu können. Es gibt einige Dinge, die ich unbedingt mit dir klären muss.“
Cassie löschte das Licht, aus Angst, er könne im Schein der Lampe ihr Entsetzen sehen. „Hältst du das wirklich für eine gute Idee, wenn man uns zusammen sieht, Sebastian? Du weißt doch, wie die Presseleute sind. Du wirst demnächst zum König gekrönt, und mit einer Exgefangenen im Gespräch überrascht zu werden, ist ganz sicher nicht deinem guten Ruf förderlich.“
„Ich sehe hier niemanden“, erwiderte er gelassen. „Wir können aber auch zu dir gehen, dort wird man mich ganz sicher nicht vermuten.“
Cassie war froh, dass er ihre aufflackernde Panik im Dunkeln nicht sehen konnte. Sam hatte durch die Gefängniszeit einen sehr leichten Schlaf und machte ab und zu noch ins Bett, wenn er unter Albträumen litt. Danach wachte er meist voller Unbehagen auf und rief nach ihr.
„Nein!“, sagte sie viel zu laut und heftig. „Ich … ich meine, das ist nicht so günstig, ich … ich wohne nicht allein.“
„Ein Mann?“
„Eine weibliche Mitbewohnerin, mit der ich mir das Apartment teile.“
„Dann hast du zurzeit keinen Liebhaber?“
Cassie fühlte, wie sich ihre Nackenhärchen aufstellten. Ohne ihn erneut mit der Taschenlampe anzustrahlen, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen, würde sie wohl keinen Aufschluss darüber bekommen, wie diese Frage gemeint war. Denn sein steifer Ton gab nichts preis. Doch selbst dann zweifelte sie daran, ob es ihr je gelingen würde, diesen Mann zu durchschauen.
Sebastian war ein Meister darin, seine Gefühle zu verbergen, falls er überhaupt welche hatte. Das war auch schon damals so gewesen. Wie oft hatte sie sich gefragt, ob seine Unnahbarkeit und herablassende Haltung nur eine Art Maske oder ein angeborener Part seiner Persönlichkeit war. Bis heute war sie sich nicht ganz schlüssig darüber.
Von klein auf hatte man Sebastian auf seine Rolle als zukünftiger König vorbereitet, der seinen Vater nach dessen Tod auf dem Thron ablösen sollte. König Aegeus war vor wenigen Monaten gestorben. Dass Sebastian in dieser Situation riskierte, mit ihr gesehen zu werden, überraschte und verstörte Cassie. Außerdem hatte sie Angst, sich zu verraten, wenn er ihr so nahe war. Ihr Puls raste, und das Herz schlug ihr
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