Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
ganze Jahr über ab und an hier geschlafen«, erwiderte er entschuldigend. »Das Fenster in der Küche lässt sich sehr leicht öffnen, und ich habe den größten Teil des Winters hier verbracht.«
»Oh Gott!«
»Und ich habe den Kessel aufgesetzt. Wollen Sie vielleicht eine Tasse Tee?«
»Nein! Ich meine, Sie können mir in meinem eigenen Haus keinen Tee anbieten!«
»Mir ist bewusst, dass es ein wenig ungewöhnlich ist, vor allem, da wir einander offiziell noch nicht vorgestellt worden sind, aber es scheint mir das Mindeste zu sein, was ich unter den gegebenen Umständen tun kann.«
Flora ging die Treppe hinunter. Ihr Verlangen nach einer Tasse Tee war überwältigend. Außerdem wollte sie unbedingt Imelda füttern, damit sie zur Arbeit fahren konnte, doch zuerst musste sie mit diesem Mann fertig werden. »Das Mindeste - genau genommen sogar das Einzige -, was Sie unter den gegebenen Umständen tun können, ist, sich zu verabschieden. Sofort. Damit ich mich fertig machen kann, um zur Arbeit zu fahren. Und meine Katze zu füttern.«
»Das könnte ich für Sie erledigen.«
»Aber das will ich nicht! Ich will, dass Sie gehen!« Die ganze Situation war absurd, und Flora wollte sie nur so schnell wie möglich hinter sich bringen.
»Ich werde gehen, wenn Sie das unbedingt wollen, doch möchten Sie nicht zuerst einen Tee?«
Flora trat weiter in den Raum hinein und konnte durch die Küchentür zwei dampfende Becher sehen. Sie erinnerte sich daran, dass sie am Abend zuvor kein Wasser getrunken hatte, sondern nur zwei Gläser Wein. Kein Wunder, dass ihr die Zunge am Gaumen klebte.
Der Mann spürte, dass Flora in Versuchung geraten war, und reichte ihr einen der beiden Becher. »Wollen Sie ein Frühstück? Ich könnte Ihnen im Handumdrehen ein paar Rühreier in die Pfanne hauen.«
»Nein!« Sie nippte an ihrem Tee. Er schmeckte himmlisch, doch die Situation war trotzdem unmöglich. Und sie musste tatsächlich zur Arbeit fahren, oder Charles würde denken, er hätte die ganze Zeit über Recht gehabt, was sie betraf. Sie hatte einfach keine Zeit für diese Verwicklung.
Imelda, die offensichtlich die Hoffnung aufgegeben hatte, dass Flora sich jemals wieder bewegen würde, miaute den Mann an, um ihre Bedürfnisse auszudrücken.
»Hallo, du. Oh, du hast geworfen«, stellte er fest. »Du bist sicher hungrig.«
»Das ist sie. Normalerweise gebe ich ihr spätabends noch einmal etwas zu fressen, aber ich bin gestern einfach eingeschlafen.«
»Sind die Kätzchen hier?«
Flora nickte. »Oben. Nicht dass Sie das etwas anginge.«
Er lächelte. »Ich heiße William.«
»Flora. Hören Sie, William«, sagte sie energisch, »Ihnen muss doch klar sein, wie unmöglich das ist.«
»Ich sehe ein, dass es schwierig ist, aber nicht unmöglich. Schließlich habe ich Sie nicht ermordet, oder? Soll ich der jungen Mutter zu fressen geben? Und wie heißt sie eigentlich?«
»Imelda. Ja, bitte, geben Sie ihr etwas. Aber ...« Sie zögerte. Die Zeit lief ihr davon. »William? Ich muss jetzt dringend los, doch könnten Sie bitte verschwinden, bevor ich wieder nach Hause komme? So gegen halb sieben, sieben Uhr? Das Haus gehört mir nicht, und wenn die Besitzer herausfinden, dass Sie es benutzt haben, werden sie vor Schreck sterben und Sie für den Rest Ihres Lebens ins Gefängnis bringen.« Sie nahm noch einen Schluck Tee.
»Sie sollten etwas essen. Offenkundig haben Sie gestern Abend nichts gegessen.«
»Offenkundig?«
»Kein Geschirr, keine Spuren, die darauf hinweisen, dass Sie gekocht haben.«
»Ich habe jetzt keine Zeit dafür«, fuhr sie ihn an und fühlte sich auf grässliche Weise daran erinnert, wie sie sich manchmal ihrer Mutter gegenüber benommen hatte, wenn diese versucht hatte, ihr vor der Schule ein Frühstück aufzudrängen. Sie seufzte. »Ich muss mir ein Paar Schuhe holen. Und dann muss ich los. Und Sie müssen gehen. Aber füttern Sie bitte vorher noch Imelda.«
Sie lief wieder nach oben und kramte ihre Sandalen hervor. Schließlich holte sie tief Luft und rief sich ins Gedächtnis, dass er die ganze Nacht über Zeit gehabt hätte, sie zu ermorden, falls das seine Absicht war. Als sie wieder nach unten kam, waren Imelda und William in der Küche. Er löffelte Katzenfutter in ihren Napf, und sie fiel darüber her, noch bevor er fertig war.
»Ich gebe auch Menschen gern zu essen«, bemerkte er.
Flora ertappte sich dabei, dass sie lächelte, und versuchte, damit aufzuhören. Sie schnappte sich ihre Schlüssel und
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