Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
einfach erzählen, ich sei spurlos verschwunden?«
Flora schüttelte den Kopf. »Sie hat zwar nicht so viele Worte darüber verloren, aber sie hat doch ziemlich klargemacht, dass sie Charles von Ihnen erzählen würde, wenn ich ihr nicht die Gelegenheit gebe, sich davon zu überzeugen, dass Sie kein Psychopath sind.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ich könnte wohl behaupten, Sie hätten mir einen Brief dagelassen und mir mitgeteilt, Sie seien der Freund eines Freundes, der mich besuchen wollte. Und nichts hätte nähergelegen, als dass Sie die Gelegenheit genutzt hätten, um ein bisschen Tai-Chi zu machen.« Sie hielt inne. »Es überrascht mich übrigens wirklich, dass Annabelle nicht die Polizei gerufen hat.«
»Warum sollte sie? Ich habe nichts Böses getan.«
»Sie haben sich unbefugt auf dem Grundstück aufgehalten, das dürfte für Annabelle schon reichen. Außerdem hätte ich gedacht, dass in ihren Augen auch Nacktheit eine Angelegenheit für die Polizei wäre.«
»Aber sie hat mich nicht angezeigt.«
»Nein, trotzdem werden wir Ihre Anwesenheit hier irgendwie erklären müssen, ohne preiszugeben, dass Sie den ganzen Winter im Cottage gelebt haben. Ich werde behaupten, Sie seien ein Freund eines Freundes, der in der Nähe wohnt und mich besuchen wollte. Sind Sie damit einverstanden?«
»Glauben Sie wirklich, dass jemand, der die Freundin eines Freundes besucht, sich nackt ausziehen und Tai-Chi machen würde, während er wartet?«
»Hm ... ja, wenn es ihm Freude bereitet. Es kann schließlich nicht allzu viele Gelegenheiten geben, um so etwas zu tun.«
William nickte; dieses Argument schien ihm einzuleuchten.
»Und jetzt lassen Sie uns essen, William. Ich bin halb verhungert.«
Nachdem die Teller gespült, die Kätzchen gebührend bestaunt worden waren und William beschlossen hatte, zu seiner Hütte im Wald zu gehen, suchte Flora sich eine Stelle im Garten, an der sie einen halbwegs vernünftigen Empfang hatte, und rief Emma an.
»Habe ich einen günstigen Augenblick erwischt?«, fragte sie flehentlich, als Emma an den Apparat ging.
»Ja. Dave ist nicht da. Ich sehe mir nur einen Film an, der nicht besonders gut ist. Du rufst genau zur richtigen Zeit an.«
»Gott sei Dank. Ich brauche deinen Rat, Ems!«
»Wirklich? Hm, im Großen und Ganzen gilt Grün als die beste Farbe für Gummistiefel, aber mit Blau könntest du gerade eben noch davonkommen.«
»Wovon redest du? Hör mir zu. Annabelle, die mit meinem Vetter, Charles, verlobt ist und mich aus dem Geschäft herauskaufen will, nun ja, nicht ganz, aber doch ein bisschen ...«
»Sprich weiter.« Leise Geräusche im Hintergrund verrieten Flora, dass Emma in der Wohnung umherlief. »Ich gehe nur schnell in die Küche, um mir eine Tasse Tee aufzubrühen.«
»Wie dem auch sei, sie hat diesen Mann gesehen, William, der den ganzen Winter über hier in dem Feriencottage gelebt hat und der immer noch da ist.«
»Nett?«
»Sehr.«
»Fit?«
»Hm, ich nehme es an, aber er ist definitiv nicht mein Typ. Obwohl Annabelle meint, wenn er auf dem Kopf stünde und nackt sei, dann wäre er - wie hat sie es noch gleich ausgedrückt? - ein ästhetischer Anblick.«
»Klingt außergewöhnlich. Wenn du ihn willst, dann nimm ihn.« Emma stieß einen wehmütigen kleinen Seufzer aus.
»Ich will ihn nicht. Ich will, dass du mir zuhörst. Die Sache ist nämlich die, Emma, Annabelle hat mir mehr oder weniger befohlen, eine Dinnerparty zu veranstalten, damit sie ihn kennen lernen kann.«
»Und?«
»Nun ja, soll ich Annabelle nun mit William bekannt machen, oder nicht?«
Emma dachte einen Moment lang nach. »Tut mir leid, Flora, ich sehe das Problem nicht. Ich verstehe nicht, warum du keine Dinnerparty geben und diese Annabelle dem nackten Mann vorstellen solltest.«
Flora seufzte. »In der Theorie klingt es so einfach, doch du kennst Charles nicht! Es wäre die reinste Folter, ihn, Annabelle und William zum Essen dazuhaben. Wir hätten keinerlei Gemeinsamkeiten miteinander, und es wäre einfach grässlich!«
»Dann lade doch einfach noch andere Leute ein! Dann wird dir Charles nicht so sehr auffallen.«
Ganz gleich, wie viele Leute sie einlud, dachte Flora, Charles würde ihr ganz bestimmt auffallen. Er nahm eine Menge Raum ein. Aber eine größere Zahl von Gästen würde seine Wirkung gewiss abschwächen. »Das ist eine gute Idee. Ich könnte Henry einladen.«
»Wer ist Henry?«
»Oh, jemand, den ich gleich nach meiner Ankunft hier im Supermarkt
Weitere Kostenlose Bücher