Eine Krone für Alexander (German Edition)
Dysoron-Massiv vorbei
bis zum Strymon-Tal marschiert. Am zweiten Tag traf Kleitos mit den
zusätzlichen Reitern ein und schloss sich der Hauptstreitmacht an. Er verzog
keine Miene, als er sich bei Alexander meldete, und tat, als sei das das
Natürlichste auf der Welt. Schon begann sich Alexander zu fragen, ob er
womöglich ernsthaft beleidigt war, doch zu seiner Erleichterung legte Kleitos
beim Weiterreiten mit der üblichen Frotzelei los.
„Zuerst habe ich geglaubt, Antipatros nimmt mich auf den
Arm, als ich in aller Eile aus Mieza angeritten kam und er mir mitteilte, dass
du weg bist, um einen kleinen Feldzug gegen Aufständische zu veranstalten. Aber
dann dachte ich: Wir sagen den Maidern einfach, dass du unser Feldherr bist,
und während sie noch überlegen, ob wir sie verarschen, fallen wir über sie her
und metzeln sie nieder.“
Alexander grinste: „Eine intelligente Strategie! Ich
überlege ernsthaft, ob ich sie einsetzen soll.“
„Sie ist auch die einzige, die Polyperchon verstehen würde.
Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht gesehen, als du ihm eröffnet hast, was du
vorhast. Wahrscheinlich hält er dich für seinen bösen Geist. Ein harter Schlag
für ihn, dass er seine Befehle von einem Frischling wie dir entgegennehmen
muss. Übrigens, was ist das für eine Rüstung, die du da anhast?“
Alexander klopfte mit dem Fingerknöchel auf seinen Brustpanzer,
ein Wunderwerk der modernen Waffentechnik aus Eisen und Leder. Das Metall gab
einen satten Klang von sich. „Gefällt sie dir? Habe ich mir gerade erst von den
Waffenschmieden machen lassen.“
„Hält die auch im Kampf was aus, oder hast du vor, den Feind
durch bloßes Gefunkel niederzustrecken, wie Zeus mit seinem Blitz?“
„Wieso? Ich finde sie nicht übertrieben. Schließlich muss
ich als Regent entsprechend Eindruck schinden.“
„So wie du aussiehst, könnte man denken, du willst einen
Schönheitswettbewerb gewinnen. Ich fürchte nur, die Maider werden deine Pracht
nicht unbedingt zu schätzen wissen.“
„Das ist Kleitos, wie er leibt und lebt! Und ich dachte
schon, du bist mir böse.“
Kleitos lachte. „Warum denn das? Doch nicht etwa, weil ich
mich von einem Sechzehnjährigen herumkommandieren lassen muss, dem ich vor ein
paar Jahren noch die Nase geputzt habe?“ Er stieß Alexander den Ellbogen in die
Seite, was über den Zwischenraum zwischen ihren Pferden hinweg gar nicht so
einfach war.
„Sehr beeindruckend, besonders die Wallefedern am Helm. Aber
einen makedonischen Offizier bringt so schnell nichts aus der Fassung. Wir haben
schon ganz andere Dinge überstanden, und wir werden auch dich und deinen
modischen Auftritt überstehen.“
Sie lachten beide schallend, dann wurde Kleitos wieder
ernster. „Falls du dir Sorgen machst: Ich glaube nicht, dass Polyperchon dir
viel reinredet. Offen gestanden, er ist keine große Leuchte und weiß
wahrscheinlich selbst nicht so genau, wo es langgeht. Die beiden anderen,
Koinos und Krateros, sind noch zu unerfahren, um sich groß aus dem Fenster zu
lehnen. Davon abgesehen sind alle drei natürlich stur wie Bergesel und wissen
alles besser. So kannst du dich wenigstens an den Umgang mit makedonischen
Offizieren gewöhnen. Jeder Einzelne von ihnen hält sich für den größten Krieger
aller Zeiten.“
Alexander blinzelte ihm zu. „Dabei wissen wir doch alle,
dass du das bist.“
Kleitos lachte dröhnend. „Ach, nicht etwa du?“
Als sie den Strymon hinauf nach Norden zogen, kamen ihnen
die Flüchtlinge in Scharen entgegen. Sie berichteten, dass die Aufständischen
alles niederbrannten und niemanden am Leben ließen, der das Pech hatte, ihren
Weg zu kreuzen. Schon am nächsten Tag traf die Vorhut auf einen Trupp Maider,
der gerade ein Dorf plünderte, und vernichtete ihn.
„Verdammte Schweinerei“, knurrte Polyperchon, während sie
durch das ritten, was von dem Dorf übrig geblieben war. „Normalerweise treiben
die Thraker bei ihren Raubzügen nur das Vieh weg und verschleppen ein paar
Frauen und Kinder, aber hier haben sie buchstäblich alles niedergemetzelt, was
Beine hatte, bis hinunter zum Säugling.“
„Kein schöner Anblick“, meinte Krateros, ein großer, gut
aussehender Offizier Mitte zwanzig mit kurz geschorenen, dunklen Locken,
ebenmäßigen Zügen und einer aristokratisch gebogenen Nase. „Auch wenn es nur
Barbaren sind.“
Alexander ließ die toten Dorfbewohner, so gut es in der Eile
ging, begraben und zur Besänftigung ihrer Seelen eines der Rinder opfern,
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