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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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charmante Chares schien sich prächtig zu unterhalten,
während Charidemos sich mürrisch im Hintergrund hielt und Alexander unfreundliche
Blicke zuwarf.
    „Seltsam“, fuhr Lysikles fort, „seit der Sache mit Olynthos
haben Demosthenes und Konsorten auf diesen Krieg hingearbeitet. Doch als es
dann ernst wurde, war kein Mensch wirklich darauf vorbereitet.“ Er trank aus
und erhob sich. „Wenn du nichts dagegen hast, ziehe ich mich jetzt zurück. Ich
habe einen kleinen Rechtsstreit mit deinem speziellen Freund Lykurgos anhängig,
und ich möchte die Zeit nutzen, um mich darauf vorzubereiten.“
    Nachdem Lysikles sich verabschiedet hatte, musterte Alexander
das große Tafelgemälde an der Wand. Offensichtlich stellte es die Schlacht von
Marathon dar, denn in der Bildmitte konnte man erkennen, wie die Perser von
Panik überwältigt die Flucht ergriffen. Von links drängten die siegreichen
Athener nach, während auf am rechten Bildrand die Schiffe der feindlichen
Flotte zu sehen waren. Alexander hegte den Verdacht, dass man ihn bewusst an
dieser Stelle platziert hatte.
    „Wie gefällt dir das Bild?“ Jemand hatte sich auf Lysikles’
frei gewordener Kline niedergelassen und schien ebenfalls ganz in die
Betrachtung des Kunstwerks versunken zu sein. Zu Alexanders Überraschung
handelte es sich um Hypereides. „Es ist ein Werk von Polygnotos, dem
berühmtesten Maler seiner Zeit.“
    „Es erinnert mich an die Malereien des Zeuxis in Pella“, erwiderte
Alexander kühl. Hypereides galt als antimakedonischer Fanatiker. Im Moment
wirkte er allerdings recht umgänglich. Über dem Chiton trug er ein sorgfältig
in Falten gelegtes Himation, und eine Kollektion klobiger Ringe funkelte an
seinen Fingern. Auf dem Kopf lag eine Matte strohigen Haares, so dicht und
blond, dass Alexander sofort an eine Perücke dachte. Aus Philipps Geheimarchiv
wusste er, dass Hypereides den Luxus liebte und rege Kontakte zu den Damen der
Halbwelt pflegte. Etliche von ihnen hatte er bereits vor Gericht vertreten.
    „Hat dir die Akropolis gefallen? Wie ich höre, hast du den
armen Lykurgos gnadenlos den ganzen Tag über den Burgberg geschleift und deine
Nase in jede Ecke gesteckt. Er ist immer noch außer sich, dass du unserer
Göttin ein Geschenk verehren durftest.“
    Hypereides grinste auf ansteckende Weise, und Alexander
grinste zurück. Er warf einen kurzen Blick in die Ecke, in der Lykurgos mit
Demades zusammenhockte und schlechte Laune verbreitete. „Warum ist eigentlich
Demosthenes nicht hier?“, fragte er.
    „Kannst du das nicht verstehen?“, fragte Hypereides zurück.
„Alles, wofür er sein Leben lang gekämpft hat, ist bei Chaironeia in Scherben
gefallen.“
    „Du und sogar Lykurgos, ihr seid doch auch hier.“
    „Nur aus Gründen der Staatsraison“, versicherte Hypereides
mit ironischem Grinsen. „Sobald ihr uns den Rücken zukehrt, werden wir euch wieder
verleumden und unsere Mitbürger gegen euch aufhetzen.“
    Alexander erwiderte das Grinsen. „Davon bin ich überzeugt.“
Was man auch sonst von Hypereides halten mochte, der Mann verfügte über Charme
und Humor, und die Unterhaltung mit ihm versprach, interessant zu werden. „Aber
um auf Demosthenes zurückzukommen: Dieser Krieg war sein Werk. Ihm allein habt
ihr eure Niederlage zu verdanken. Warum übernimmt er nicht die Verantwortung?
In Makedonien ist es selbstverständlich, dass der König das tut, im Sieg wie in
der Niederlage.“
    „Bei uns in Athen trägt nicht ein König die Verantwortung,
sondern das ganze Volk. Das ist das Wesen der Demokratie, und wir sind stolz
darauf. Im Übrigen ist Demosthenes durchaus bereit, die Verantwortung zu übernehmen,
nur eben anders, als du denkst. Du weißt nicht viel über ihn, oder?“
    Alexander nahm einen Schluck aus seinem Becher und erinnerte
sich. „Als ich noch ein Kind war, erzählte mir mein Lehrer von ihm. Wie er von
seinen Vormündern um sein Erbe betrogen wurde und ein großer Redner werden
wollte, damit er sie vor Gericht verklagen konnte. Wie er es schaffte, obwohl
er stotterte und eine leise Stimme hatte. Als Kind hat mich das sehr beeindruckt.
Doch dann sah ich, wie er seine Fähigkeiten dazu benutzte, um seine Mitbürger
gegen meinen Vater aufzuhetzen. Was ich nicht verstehe: Warum verabscheut
Demosthenes Philipp so? Warum verfolgt er ihn all die Jahre mit so
unversöhnlichem Hass?“ Als Hypereides nicht sofort antwortete, setzte er hinzu:
„Ist es wegen damals, als er mit der Friedensgesandtschaft in

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