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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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achtundzwanzigsten.“
    „Wahrscheinlich ist er gerade mit Philipps
Herrschaftsantritt fertig geworden … Alexander, hörst du mir überhaupt zu?“
    „Wie bitte? … Theopompos fügt dauernd irgendwelche Exkurse
ein, zuletzt, glaube ich, über die Skythen. Das ist der Grund, warum er so
langsam vorankommt.“
    „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Xenokrates ist
vertrauenswürdig.“
    „Was meinst du?“
    „Dass er ein integrer Mensch ist, vielleicht sogar ein
bisschen zu integer. Selbst Platon fand ihn übertrieben ernst und langweilig.
Xenokrates’ Lebenswandel ist über jeden Verdacht erhaben, wie es sich für einen
Leiter der Akademie gehört, das heißt, er huldigt den Idealen der Askese und
Enthaltsamkeit. Ein paar Freunde von ihm, ausgesprochene Witzbolde offenbar,
sollen einmal eine Wette mit einer Hetäre abgeschlossen haben, ich glaube, es
war sogar die berühmte Phryne. Oder war es Lais? Egal, jedenfalls erwartete die
bewusste Dame Xenokrates abends in seinem Bett. Sie zog alle Register ihrer
Verführungskunst. Doch er legte sich, ohne mit der Wimper zu zucken, aufs Ohr
und schlief die ganze Nacht neben ihr wie ein Bär im Winter. Glaub mir, er hat
bestimmt nicht vor, sich an deinen Freund heranzumachen. Wahrscheinlich reden
die zwei nur über Philosophie.“
    Alexander wandte dem Fremden seine volle Aufmerksamkeit zu,
einem Mann in den Vierzigern, ein wenig zur Korpulenz neigend, mit langer Nase
und drahtigen, dunklen Haaren. Er war nachlässig gekleidet und hatte seinen
abgewetzten Lederranzen an den Beckenrand gelehnt. Papyros-Rollen quollen
daraus hervor.
    „Wer bist du?“
    „Anaximenes aus Lampsakos. Wenn es dich interessiert,
schenke ich dir ein Exemplar von meinem Rhetoriklehrbuch.“
    „Gern. Rhetorik kann man immer brauchen. Wenn du Informationen
aus erster Hand über meinen Vater und seine Taten willst, solltest du nach
Pella kommen. Vielleicht wirst du ja schneller mit deiner Philippischen
Geschichte fertig als Theopompos.“
    Kurz vor ihrer Abreise gab es zu Ehren der Gesandten ein
Staatsbankett in der sogenannten Bunten Säulenhalle, dem repräsentativsten
profanen Gebäude der Stadt. Hier waren nicht nur Schilde und andere Waffen ausgestellt,
die die Athener im Lauf ihrer Geschichte von diversen Gegnern erbeutet hatten,
sondern auch die berühmten Gemälde, denen die Säulenhalle ihren Namen
verdankte. Sie verherrlichten die ruhmreichen Siege der Athener über ihre
Feinde – Amazonen, Trojaner, Perser und zuletzt Spartaner.
    Zum Symposion erschien alles, was in Athen Rang und Namen
hatte, darunter zu Alexanders Überraschung auch führende Größen der antimakedonischen
Partei wie Hypereides, Demades und sogar der sauertöpfische Lykurgos,
allerdings nicht Demosthenes selbst. Im Lauf des Abends kam Alexander mit einem
gewissen Lysikles ins Gespräch, einem sympathischen älteren Herrn, der sich
durch angenehme Umgangsformen und einen abgeklärten Sinn für Humor
auszeichnete. Erst nach und nach dämmerte es Alexander, dass er den
Oberbefehlshaber der athenischen Truppen bei Chaironeia vor sich hatte.
    „Keine Ursache“, meinte Lysikles gelassen. „Jeder weiß, dass
ich kein militärisches Genie bin. Aber jemand musste es ja machen, und dieser Jemand
war unglücklicherweise ich.“
    „Warum gerade du?“
    Lysikles zuckte mit den Achseln. „Bei uns wimmelt es nicht
gerade von brauchbaren Feldherren. Phokion hat sich bewährt, aber da er keinen
Zweifel daran gelassen hat, dass er den ganzen Krieg für Schwachsinn hielt, wollte
ihn natürlich niemand zum Strategen wählen. Charidemos ist effizient, aber
unbeliebt. Also hat man den Oberbefehl Chares und mir aufs Auge gedrückt, und
als Chares sich bei Amphissa bis auf die Knochen blamiert hatte, blieb alles an
mir hängen. Wenigstens habe ich mich nicht so lächerlich gemacht wie
Stratokles.“ Lysikles äffte den unglücklichen Strategen nach: „Jagt sie nach Makedonien! Ich wette, eure Leute lachen
noch immer darüber.“
    Taktvoll erwiderte Alexander: „Ich möchte euch nicht zu nahe
treten, aber wie kommt es, dass ihr Athener in militärischen Dingen so … so …“
    „… unbedarft seid? Ganz einfach: Vor Chaironeia hat Athen
zwanzig Jahre lang keine Bürgerarmee mehr auf die Beine gestellt. Wenn es irgendwo
brenzlig wurde, heuerte man einfach ein paar Söldner an und übertrug den
Oberbefehl Leuten wie Chares oder Charidemos.“
    Alexander war den beiden Militärgrößen an diesem Abend
bereits begegnet. Der

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