Eine Krone für Alexander (German Edition)
die Illyrer
hetzen.“
„Ach, plötzlich bist du gegen den Feldzug?“
„Ich finde, er ist Zeitverschwendung. Warum schlagen wir uns
hier mit ein paar Viehräubern herum, wenn der große Krieg gegen die Perser bevorsteht?“
„Die Perser laufen uns nicht weg.“ Philipp hatte sich in
Korinth wie geplant zum bevollmächtigten Strategen für den panhellenischen
Rachekrieg ernennen lassen. „Erst müssen unsere Grenzen gesichert sein. Jetzt
sorgen wir erst mal bei den Illyrern für Ordnung, und dann denken wir an
Asien.“
Gespannt beugte Alexander sich vor. „Wann geht es los?“
„Im nächsten Frühjahr. Zunächst wird ein Voraustrupp den
Hellespont überschreiten, etwa zehntausend Mann, ausschließlich Makedonen,
keine Griechen. Sie werden einen Brückenkopf bilden, dann an der Küste südwärts
marschieren und die griechischen Städte dort befreien. Wenn die Griechen sehen,
wie ihre Landsleute in Asien uns zujubeln, berufe ich in meiner Eigenschaft als
Hegemon die Bundestruppen ein. Und im Jahr darauf führe ich die vereinigten
Streitkräfte von Makedonen und Griechen gegen die Perser!“
„Bekomme ich das Kommando über den Voraustrupp?“, fragte
Alexander, der merkte, wie ihm das Blut in die Wangen gestiegen war.
„Von mir aus, aber zusammen mit Parmenion.“ Philipp lachte.
„Du kannst es wohl kaum noch erwarten.“
„All die Jahre hat man uns in der Schule Isokrates’ Episteln
vorgelesen, auf die Perser geschimpft und uns vom großen panhellenischen Rachefeldzug
vorgeschwärmt. Jetzt ist es bald so weit. Kallisthenes ist vor Begeisterung
ganz aus dem Häuschen, sogar Aristoteles selbst ist aufgeregt.“
„So?“ Philipp zog eine Braue hoch. „Ich hätte nicht gedacht,
dass Aristoteles so naiv ist. Umso besser: Wenn er drauf reinfällt, dann tun es
alle anderen erst recht. Ich bin dem alten Isokrates sehr zu Dank verpflichtet.
Schade, dass er sich so überstürzt umgebracht hat.“
„Was heißt hier reinfallen?“, meinte Alexander indigniert.
„Wieso ist es naiv, sich für die panhellenische Idee zu begeistern?“
Philipps Gelächter war rau und scheppernd. „Komm Alexander,
tu nicht so empört! Du wirst doch diesen ganzen Unsinn nicht etwa glauben? Es
ist jetzt über hundertvierzig Jahre her, dass Xerxes Griechenland mit seinem
Heer überfallen hat. Das ist doch Schnee von gestern.“
„Wenn du so denkst, warum hast du dich dann eben erst zum
bevollmächtigten Strategen für den Rachefeldzug ernennen lassen?“
Philipp zuckte die Achseln. „Vergeltung zu üben für
erlittene Übeltaten war schon immer ein beliebter Kriegsgrund, wenn einem kein
besserer einfiel. Bekanntlich wollten auch die Perser die Griechen nur dafür
bestrafen, dass sie zuvor angeblich den Aufstand ihrer Landsleute in Asien
unterstützt hatten. Doch in Wirklichkeit ging es dem Großkönig nur um die Ausweitung
seiner Macht. Denn tatsächlich hatten die Griechen ihre Brüder drüben in Asien
damals schnöde im Stich gelassen, nur die Athener schickten ein paar Schiffe –
wenn es überhaupt wahr ist und nicht nur eins ihrer üblichen Propagandamärchen.
Und von wegen großer Freiheitskrieg: Als die Perser in Griechenland einfielen,
gaben viele Griechen sofort klein bei, allen voran unser tapferer Vorfahr
Alexander der Griechenfreund.“
Philipp hatte sich in Fahrt geredet, und Alexander starrte
ihn befremdet an. „Was willst du dann wirklich in Asien?“
„Das Gleiche, was die Perser bei uns wollten: Land. Reichtum.
Macht. Ein großes und mächtiges Reich zu beiden Seiten der Ägäis, das ist es,
was ich schaffen werde. Ich, Philipp, König der Makedonen und Hegemon der
Griechen! Dann wird niemand mehr über mich lachen oder mich einen schmutzigen
Barbaren nennen!“
13
Von Lynkestis aus marschierte die Armee in das Gebiet der
großen Seen, wo seit Menschengedenken die Grenze zwischen Lynkesten und
Illyrern verlief. Auf ihrem Weg brannten sie alle illyrischen Dörfer nieder und
töteten die Einwohner, sofern diese nicht rechtzeitig geflohen waren. Von den
bewaffneten Horden, die hier angeblich lauerten, bekamen sie nichts zu sehen,
doch es hieß, dass sie sich im Norden im Tal des Drilon zusammenrotteten.
An den Abenden machte Alexander im Lager die Runde. Er ging
von Feuer zu Feuer, alberte mit den Soldaten und überzeugte sich, dass die Wachen
auf ihren Posten waren und ihre Parolen kannten. Besondere Aufmerksamkeit
widmete er der neuen Pezhetairen-Einheit, für die er sich persönlich
verantwortlich
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