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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Alexander
kämpfte, um Halt zu finden, dann zog er die Zügel an und dirigierte den
stampfenden Hengst Schritt für Schritt zurück, fort von dem menschlichen
Hindernis. Seine Leibgarde hatte die Schwerter gezogen, die Männer drängten
sich um ihn und brüllten durcheinander.
    „Schafft die Kerle aus dem Weg“, schrie Kleitos und
fuchtelte mit seiner Waffe.
    Die zerlumpte Gestalt auf dem Boden hatte die beiden Gefangenen,
die vor und hinter ihr angekettet waren, mit sich gerissen. Alle drei lagen nun
im Straßendreck, wo sie sich hilflos in ihren Ketten wanden wie Fische auf dem
Trockenen. Sofort liefen die Bewacher herbei und schlugen auf die Liegenden
ein, bis sie begannen, zum Straßenrand zu kriechen.
    „Hör mich an!“, rief der mittlere Gefangene, während die
Schläge auf ihn niederprasselten. „Ein Grieche richtet das Wort an seinen
Hegemon!“
    Der Gefangene ignorierte die Schläge und das Geschrei der
Wärter und rührte sich nicht von der Stelle. Er lag auf dem Bauch, seine Hände
mit den Handschellen an den Gelenken krallten sich im staubigen Erdreich fest.
Nur den Kopf hielt er hoch erhoben. „Hör mich an – ich habe ein Recht darauf!“
    Alexander tätschelte Bukephalos, der nervös auf der Stelle
tänzelte, dann gab er den Wachen, die immer noch auf den Mann einprügelten, ein
Zeichen. Sofort stellten sie die Schläge ein und traten zur Seite.
    „Wie heißt du?“, fragte Alexander.
    „Kleadas, Sohn des Theoxenos.“
    Der Name sagte Alexander nichts. Zumindest in den letzten
zehn Jahren konnte Kleadas politisch nicht in Erscheinung getreten sein. Er war
ein untersetzter Mann in den Vierzigern, verdreckt und zerschunden.
    „Steh auf. Was willst du mir sagen?“
    Mühsam, so gut die Ketten es zuließen, rappelte sich Kleadas
auf, bis er einigermaßen aufrecht stand. Trotz der schweren Ketten an Hand- und
Fußgelenken gelang es ihm, eine gewisse Würde auszustrahlen.
    „Du bezeichnest dich als Hegemon der Griechen, als Verteidiger
der griechischen Freiheit. Warum lässt du zu, dass griechische Frauen und Kinder
in die Sklaverei verschleppt werden?“
    „So lautet das Urteil der Griechen“, erwiderte Alexander.
    „Diese Menschen sind unschuldig!“ Kleadas zeigte hinüber zur
Stadt, von wo immer noch Schreien und Wehklagen zu hören waren. „Ein Wort von
dir könnte sie alle retten! Hab Erbarmen mit ihnen! Theben ist vom Schicksal
geschlagen, die meisten Männer im wehrfähigen Alter sind tot, übrig sind fast
nur noch Frauen, Kinder und Alte. Die meisten wurden misshandelt oder
vergewaltigt und mussten den Tod ihrer Liebsten mitansehen – sollen sie nun
auch noch ihr Leben in der Sklaverei beenden? Soll ihr Leid ewig dauern? Ein
Wort nur, und du kannst ihr Elend lindern!“
    „Du bist frei. Nehmt ihm die Ketten ab.“
    „Das ist es nicht, worum ich dich gebeten habe.“
    Alexander fasste nach den Zügeln und machte sich bereit weiterzureiten.
„Trotzdem, du bist frei, und deine Familie ebenfalls.“
    „Überlass mich dem Schicksal, das die Götter mir bestimmt
haben, und rette an meiner Stelle lieber all die anderen! Hab Erbarmen!“
    „Alexander …“, begann Hephaistion, doch Alexander schnitt
ihm das Wort ab. „Kümmere dich um den Mann.“ Er begann, sein Pferd um den in
Ketten Gelegten herumzudirigieren.
    „Ein Wort nur!“, flehte Kleadas und versuchte, nach dem
Zügel zu greifen. Einer der Wärter riss an den Ketten, und der Gefangene fiel
zu Boden und rollte zum Straßenrand.
    Alexander wandte sich wieder an Hephaistion. „Lass nach
seiner Familie suchen. Wenn ihr sie findet, soll sie frei sein. Ich begnadige
sie.“ Er stieß Bukephalos die Fersen in die Flanken und ritt los.
    „Ich pfeife auf deine Begnadigung!“, rief Kleadas ihm nach.
    Alexander ritt weiter, ohne sich umzusehen.
    „Tyrann!“, schrie Kleadas, solange Alexander ihn hören
konnte. „Tyrann!“

8
    Inzwischen war es Herbst geworden. Von Theben aus zog Alexander
mit seiner Armee nach Dion, der Stadt am Fuß des Olymps, die Zeus und seinen
Töchtern, den neun Musen, heilig war. Wieder war die Zeit der Spiele gekommen,
die dort seit König Archelaos abgehalten wurden. Neun Tage lang gab es sportliche
und musische Wettbewerbe zu Ehren des Olympischen Zeus, jeder Tag war einer
anderen Muse gewidmet.
    Vor der Stadt war ein Festzelt errichtet worden, das Platz
für hundert Gäste bot. Die hölzerne Konstruktion der Kassettendecke wurde von
zwanzig hohen Holzpfosten getragen. Die Seitenwände bestanden

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