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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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als General Electric, General Motors, Ford, IBM, Xerox und Coca-Cola zusammen und beschäftigte eine Million Menschen.) Bell zog nach Washington, wurde US-Bürger und widmete sich anderen lohnenden Beschäftigungen. Unter anderem erfand er die eiserne Lunge und experimentierte mit Telepathie. Als Präsident James A. Garfield 1881 von einem misslaunigen Irren angeschossen wurde, rief man Bell zu Hilfe, damit der die Kugel lokalisierte. Er erfand einen Metalldetektor, der im Labor wunderbar funktionierte, an Garfields Bettstatt aber verwirrende Ergebnisse zeitigte. Erst sehr viel später begriff man, dass das Gerät die präsidialen Bettfedern gelesen hatte. Wenn Bell nicht mit solchen Dingen beschäftigt war, half er die Zeitschrift Science und die National Geographic Society zu begründen, für deren Publikation er wiederum unter dem denkwürdigen Pseudonym H.A. Largelamb (einem Anagramm von A. Graham Bell) Artikel verfasste.
    Gegenüber seinem Freund und Kollegen Watson erwies er sich als großzügig. Obwohl er von Rechts wegen nicht dazu verpflichtet gewesen wäre, gab er ihm zehn Prozent der Firma, so dass sich Watson im zarten Alter von siebenundzwanzig als reicher Mann in den Ruhestand verabschieden konnte. Frei, nun tun und lassen zu können, was er wollte, tat er genau das für den Rest seines Lebens. Er reiste durch die Weltgeschichte, las viel und erwarb am Massachusetts Institute ofTechnology einen akademischen Grad in Geologie. Dann gründete er eine Werft, bei der schon bald viertausend Leute angestellt waren, was ihm aber am Ende zu viel Stress bereitete. Er verkaufte die Firma, konvertierte zum Islam und wurde Anhänger Edward Bellamys, eines radikalen Philosophen und Quasikommunisten, der kurze Zeit in den 1880er Jahren eine phänomenale Wertschätzung und Popularität genoss. Als Watson Bellamys überdrüssig wurde, zog er mit nicht ganz vierzig nach England und begann zu schauspielern, wofür er ein unerwartetes Talent an den Tag legte. Besonders geeignet war er für Shakespeare-Rollen und trat oft in Stratford-on-Avon auf, bis er in die USA und einen nun wirklich beschaulichen Ruhestand zurückkehrte. Zufrieden und reich starb er kurz vor seinem einundachtzigsten Geburtstag 1934 in seinem Winterdomizil in Pass-Grille Key in Florida.
    In dieser Telefon-Geschichte verdienen es zwei weitere Leute, zumindest erwähnt zu werden. Der erste ist Henry Dreyfuss. Als junger Bühnenbildner, der bis dato nur Erfahrung mit der Bühnenbildnerei und dem Entwerfen der Innenausstattung von Kinos hatte, bekam er Anfang der 1920er Jahre von der American Telephone & Telegraph den Auftrag, einen neuen Typ Telefon zu entwerfen, der das alte, aufrecht stehende »Kerzenhalter«-Telefon ersetzen sollte. Dreyfuss erfand ein überraschend kompaktes, ein wenig kastenförmiges, schön glänzendes modernes Modell, bei dem der Hörer waagerecht auf einer erhöht über der großen Wählscheibe befindlichen Gabel ruhte. Für den größten Teil des zwanzigsten Jahrhunderts wurde es zum Standardmodell fast überall auf der Welt. Es gehörte zu den Dingen, die so hervorragend funktionieren und so selbstverständlich erscheinen, dass man sich immer wieder ausdrücklich in Erinnerung rufen muss, dass jemand es erfinden musste. Dabei ist fast alles daran — der in die Wählscheibe eingebaute mechanische Widerstand, der in den Sockel verlagerte Schwerpunkt, der dafür sorgte, dass man es nicht so leicht umkippen konnte, die brillante Idee, dass man die Hör- und Sprechfunktion in einem Teil vereinigte — Ergebnis wohlüberlegten und fantasievollen Denkens eines Mannes, den man unter normalen Umständen gar nicht ans Industriedesign rangelassen hätte. Warum AT&T den jungen Dreyfuss für das Projekt nahm, weiß man nicht mehr, aber man hätte keine bessere Wahl treffen können.
    Die Wählscheibe hatte Dreyfuss nicht entworfen. Die war schon 1917 in der Firma von einem Angestellten Bells, William G. Blauvelt, erdacht worden. Er war es, der den meisten, aber nicht allen Ziffern drei Buchstaben beigab. Der 1 nicht, weil man in der Anfangszeit die Wählscheibe noch ein wenig über das erste Loch drehen musste, um das Signal zu erzeugen, das den Anruf auslöste. Deshalb lautete die Reihenfolge 2 (ABC), 3 (DEF), 4 (GHI) und so weiter. Das Q ließ Blauvelt aus, und er verzichtete schließlich auch auf das Z, weil es nicht häufig genug im Englischen vorkam, also wenig brauchbar war.
    Jede Vermittlungsstelle bekam einen Namen, normalerweise von

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