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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Verschnaufpause und segelte dann zum anderen Ende der Welt, zum malaiischen Archipel, wo er acht Jahre am Stück herumstreifte und die stolze Zahl von 127 000 Proben sammelte, einschließlich eintausend Insekten und zweihundert Vogelarten, die noch nie registriert worden waren. Dieses Mal brachte er alles unversehrt mit zurück nach Hause.
    Bates wiederum blieb nach Wallace' Abreise aus Südamerika noch sieben Jahre dort und erforschte per Boot hauptsächlich den Amazonas und seine Nebenflüsse und brachte schließlich fast 15 000 Tierarten mit (was sich gegenüber Wallace mit seinen
    127 000 Pflanzen bescheiden ausnahm), aber 8000 davon — mehr als die Hälfte — waren der Wissenschaft neu.
    In vieler Hinsicht am erstaunlichsten war Richard Spruce. Er blieb volle achtzehn Jahre in Südamerika, erforschte Gebiete, in denen noch nie ein Europäer gewesen war, und sammelte eine ungeheure Menge an Informationen (unter anderem erstellte er Glossare von einundzwanzig Sprachen der indigenen Bevölkerung). Zu seinen vielen Entdeckungen zählten der kommerziell interessante Gummibaum, der Cocastrauch, aus dem man heule Kokain gewinnt, und der Chinarindenbaum, der das Chinin liefert, das ein Jahrhundert lang das einzig wirksame Mittel gegen Malaria und andere tropische Fiebererkrankungen gewesen ist. Im Tonicwater, für einen guten Gin Tonic unentbehrlich, ist es auch enthalten.
    Als Spruce endlich nachYorkshire zurückkehrte, erfuhr er, dass I .eute, denen er vertraut hatte, das ganze Geld, das er während seiner zwanzigjährigen Mühen und Strapazen verdient hatte, falsch investiert hatten und er nun ohne einen Penny dastand. Seine Gesundheit war so ruiniert, dass er die fast dreißig Jahre bis zu seinem 'IM 1893 im Bett verbrachte und lustlos seine Funde katalogisierte. Die Kraft, seine Erinnerungen aufzuschreiben, fand er nie.
    Dank der Bemühungen dieser und Dutzender anderer wagemutiger Männer schoss die Zahl der Pflanzen, mit denen sich englische Gärtner nun vergnügen konnten, erstaunlich in die Höhe — von etwa eintausend im Jahr 1750 bis zu weit über zwanzigtausend einhundert Jahre später. Neu entdeckte exotische Gewächse wurden extrem teuer gehandelt. Eine kleine Araukarie, eine dekorative Konifere, die man 1782 in Chile entdeckt hatte, konnte in den 1840er Jahren in Großbritannien leicht fünf Pfund einbringen, grob das, was man jährlich für ein Hausmädchen aufbringen musste. Züchtung und Verkauf von Gartenpflanzen wurden zu einer riesigen Industrie. Und alles zusammen kurbelte die Amateurgärtnerei mächtig an.
    Was, recht unerwartet, auch die Eisenbahn tat. Dank der Eisenbahn konnten die Leute nun in weiter entfernte Vororte ziehen und zum Arbeitsplatz pendeln. In den Vororten wiederum waren die Grundstücke größer, und die neuen Vorstädter entwickelten geradezu unweigerlich, ein Interesse am Gärtnern.
    Zunehmend fanden auch Frauen Gefallen an der Gartenarbeit. Den Anstoß gab Jane Webb, die zwar keinerlei Erfahrung mit dem Gärtnern hatte, aber mit dem im Jahre 1827 (als sie gerade mal zwanzig war) veröffentlichten dreibändigen Kassenschlager Die Mumie! Eine Geschichte aus dem zweiundzwanzigsten Jahrhundert berühmt wurde. Ihre Beschreibung eines Dampfrasenmähers erregte (im weitesten Sinne des Wortes) den Gartenschriftsteller John Claudius Loudon derartig, dass er ihre Freundschaft suchte — er hielt sie für einen Mann. Als er entdeckte, dass sie eine Frau war, stieg die Erregung noch mal entsprechend höher, und er machte ihr einen Heiratsantrag, obwohl er genau doppelt so alt war wie sie.
    Jane nahm den Antrag an, und eine rührende, produktive Partnerschaft begann. John Claudius Loudon genoss schon großes Ansehen in der Welt des Gartenbaus. Er war 1783, in dem Jahr, in dem Capability Brown starb, auf einem Bauernhof in Schottland geboren worden und hatte sich in seiner Jugend unermüdlich selbst gebildet, wie zum Beispiel sechs Sprachen gelernt, darunter Griechisch und Hebräisch. Aus Büchern holte er sich außerdem alles, was man damals über Botanik, Gartenbau, Naturgeschichte und überhaupt die Dinge wusste, die mit den grünen Künsten zu tun hatten. 1804 begann er im Alter von vierundzwanzig eine scheinbar endlose Flut von dicken Wälzern mit ernsten, einschüchternden Titeln zu schreiben wie: Eine kurze Abhandlung betreffs mehrerer Verbesserungen, die kürzlich in Treibhäusern erzielt wurden oder Bemerkungen zum Bau und Unterhalt von Anlagen mit Nutz- und Zierpflanzen oder

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