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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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1870er Jahre und danach weitgehend verantwortlich. Zu dem Ereignis kommen wir bald, doch bevor wir das Haus betreten und unseren Rundgang beginnen, sollten wir vielleicht ein paar Seiten lang die hier, finde ich, relevante Frage erörtern, warum die Menschen überhaupt in Häusern leben.

Zweites Kapitel
    Das Haus
    I.
    Wenn wir Pastor Thomas Marsham wieder zum Leben erwecken und in sein Pfarrhaus bringen könnten, wäre er am meisten überrrascht (abgesehen davon, dass er überhaupt wieder da wäre), dass das Haus praktisch unsichtbar geworden ist. Heute steht es in einem dichten Wäldchen, das zum Grundstück gehört und ihm eine ausgesprochen abgeschiedene Atmosphäre verleiht. 1851 stand es, brandneu, beinahe allein in freier Wildbahn, ein roter Backsteinbau an einem freien Feld.
    Und obwohl dieser Backsteinbau natürlich nun einige Jährchen älter ist und ein paar elektrische Leitungen und eine Fernsehantenne dazugewonnen hat, ist er seit 1851 fast unverändert. Heute wie damals wird er als Wohnhaus genutzt. Und strahlt, wie es sich gehört, Geborgenheit aus.
    Das kommt nicht von ungefähr. Alles an unserem Haus (und an jedem anderen auch) musste erst erdacht werden — Türen, Fenster, Schornsteine, Treppen —, und für vieles brauchte man, wie wir sehen werden, viel mehr Zeit und Herumexperimentieren, als man gemeinhin annimmt.
    Eigentlich sind Häuser seltsame Dinger. Sie können nahezu jede Form und Größe haben, beinahe aus jedem Material sein und fast an jeder Stelle stehen. Doch einerlei, wo auf der Welt wir hingehen, Häuser und dass sich Menschen dort ein Zuhause geschaffen haben, erkennen wir sofort. Sie tun es auch schon seit unvordenklichen Zeiten, und einen ersten Hinweis auf diese bemerkenswerte Tatsache erhielt man zufällig genau in dem Jahr, als unser altes Pfarrhaus erbaut wurde, im Winter 1850. Da zog ein mächtiger Sturm über Großbritannien hinweg, ja, einer der schlimmsten seit Jahrzehnten, und hinterließ weit und breit eine Spur der Verwüstung. An den Goodwin Sands vor der Küste von Kent zerschellten fünf Schiffe, und alle Seeleute kamen um. Vor Worthing in Sussex ertranken elf Männer, die in einem Rettungsboot einem in Seenot geratenen Schiff zu Hilfe kommen wollten und deren Boot in einer gigantischen Welle kenterte. Vor Kilkee an der Westküste Irlands lief ein irischer Segler namens Edmund, unterwegs nach Amerika, aus dem Ruder, und Passagiere und Mannschaft mussten hilflos zusehen, wie ihr Schiff auf Felsen zutrieb und zerbarst. Sechsundneunzig Menschen ertranken, doch ein paar kämpften sich an Land, darunter eine ältere Dame, die sich auf dem Rücken des tapferen Kapitäns festklammerte, der Wilson hieß und Engländer war, wie die Illustrated London News mit grimmiger Genugtuung bemerkte. In der Nacht kamen mehr als zweihundert Menschen im Meer um die Britischen Inseln um.
    Im Crystal Palace, an dem in London fleißig gebaut wurde, ruckelten und klapperten die neu eingesetzten Glasscheiben, blieben aber an Ort und Stelle, und das halb fertige Gebäude selbst widerstand den peitschenden Winden mit kaum einem Ächzen. Sehr zur Erleichterung von Joseph Paxton, der versprochen hatte, dass es sturmfest sei, sich aber freute, als sich das auch bestätigte.
    Siebenhundert Meilen weiter im Norden tobte der Sturm auf den Orkney Inseln vor Schottland tagelang. In Bay o' Skaill riss er von einem großen, merkwürdig unregelmäßigen Hügel, den man dort oben howe nennt und der schon seit Menschengedenken als Wahrzeichen galt, die Grasdecke ab.
    Als sich das Wetter endlich wieder beruhigt hatte und die Inselbewohner ihren umgemodelten Strand in Augenschein nahmen, sahen sie dort, wo der howe gestanden hatte, zu ihrer Verblüffung die Reste eines uralten Steindorfes, dessen insgesamt neun Häuser dicht zusammenstanden, keine Dächer mehr hatten, ansonsten aber wundersamerweise intakt waren und noch viele Dinge der ursprünglichen Bewohner bargen. Das Dorf war fünftausend Jahre alt, somit älter als Stonehenge und die Pyramiden — nur eine Handvoll Bauten auf Erden ist überhaupt älter —, und es erwies sich als unendlich selten und wichtig. Es heißt Skara Brae.
    Dank der Vollständigkeit und des guten Erhaltungszustands wirkt es fast gespenstisch wohnlich. Nirgendwo bekommt man ein besseres Gefühl für das Leben in der Steinzeit als hier. Man hat wirklich den Eindruck, als hätten die Menschen es gerade erst verlassen. Allemal beeindruckt der hohe Entwicklungsstand. Die Häuser

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