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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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bekam in den 1830er Jahren von seiner besorgten Mutter diesbezüglich strikte Anweisungen mit auf den Weg. Sie ersuchte ihn vor allem, »sich einmal in der Woche mit Schwamm und Seife abzuschrubbeln«. Zur Zeit der Weltausstellung änderten sich die Auffassungen dann aber eindeutig. Auf der Ausstellung selbst wurden mehr als siebenhundert Seifen und Parfums gezeigt, worin sich doch eine gewisse Nachfrage spiegelte, und zwei Jahre später erhielt die Sache der Sauberkeit noch einmal Auftrieb, weil die Regierung endlich die alte Seifensteuer aufhob. Doch selbst 1861 noch konnte ein englischer Arzt ein Buch schreiben, das den Titel Bäder und wie man sie nimmt trug.
    Was die Viktorianer letztendlich zum Baden animierte, war die Erfahrung, dass man sich damit herrlich malträtieren konnte. Diese Leute hatten einen Selbstquälinstinkt, und mit und im Wasser konnten sie den perfekt ausleben. In vielen Tagebüchern ist festgehalten, wie die Leute das Eis in den Waschschüsseln zertrümmern mussten, damit sie sich morgens waschen konnten, und Reverend Francis Kilvert bemerkte am Weihnachtsmorgen 1870 beim Baden lustvoll, wie schartige Eisstücke an den Seiten seiner Badewanne hingen und ihm in die Haut stachen. Auch Duschen boten allerlei Möglichkeiten zur Selbstkasteiung und wurden oft so stark wie möglich gebaut. Ein früher Typ von Dusche war so kräftig, dass die Leute sich vor der Benutzung eine schützende Kopfbedeckung anlegen mussten, damit sie nicht von ihren eigenen Sanitäranlagen bewusstlos geschlagen wurden.
    II.
    Vielleicht hat kein Wort im Englischen einen vielfältigeren Bedeutungswandel durchlaufen als das Wort »toilet«. Ursprünglich, um 1540 herum, war es eine Art Tuch, eine Verkleinerungsform von »Toile«, ein Wort, das man immer noch für einen Kunstseidenstoff in Leinwandbindung benutzt. Dann wurde es ein kleines Tuch für den Putztisch, dann die Sachen, die auf einem Putztisch standen. Dann der Putz- beziehungsweise Toilettentisch selbst, dann der Vorgang des Toilette-Machens, dann der Vorgang des Besucher-Empfangens, während man Toilette machte, dann alle Arten von Privatzimmern neben einem Schlafzimmer, dann ein Raum, den man als Klosett benutzte, und schließlich das Klosett selbst. Womit erklärt ist, warum man sich »toilet water« im Englischen gern ins Gesicht tupft und es gleichzeitig »Wasser in einer Toilette« ist.
    »Garderobe« änderte bis zu seiner schon erwähnten vielfachen Bedeutung jetzt auch mehrfach seinen Sinn. Zusammengesetzt aus »garder« und »rohe« bedeutete es zuerst einen Lagerraum, dann jeden Privatraum, dann (kurzzeitig) eine Schlafkammer und schließlich einen Abort. Ein stilles Örtchen war der Abort mitnichten. Die Römer liebten den »Stuhl-Gang« insbesondere, wenn muntre Reden ihn begleiteten. Ihre öffentlichen Latrinen hatten meist zwanzig und mehr Sitze kuschelig nahe nebeneinander, und die Leute benutzten sie so unbefangen wie heute einen Bus. (Um die unvermeidliche Frage zu beantworten: Ja, vor jeder Sitzreihe befand sich eine Wasserrinne, und die Benutzer tauchten an Stöcken befestigte Schwämme ins Wasser, um sich damit abzuwischen.) Dass einem die Anwesenheit Fremder nicht das Geringste ausmachte, währte bis weit in moderne Zeiten. In Hampton Court gab es ein »Großes Haus der Erleichterung«, in dem sich vierzehn Leute auf einmal erleichtern konnten. Charles oI. nahm immer zwei Diener mit, wenn er dorthin ging. In Mount Vernon, George Washingtons Heim, sind die Sitze der beiden gut erhaltenen, liebevoll gepflegten Innentoiletten nebeneinander.
    Besonders die Engländer waren lange dafür bekannt, dass sie sich um Privatheit beim Stuhlgang nicht scherten. Giacomo Casanova, der italienische Abenteurer, erzählte, dass er bei einem Besuch in London häufig jemanden am Straßenrand oder vor Hauswänden vor aller Augen »die Schleusen öffnen« sah. Pepys hält auch in seinem Tagebuch fest, dass seine Frau sich einmal auf der Straße hinhockte und »ihr Geschäft verrichtete«.
    »Wasserklosett« bezeichnete ursprünglich den Ort, wo königliche Einläufe verabreicht wurden. Die Franzosen nannten eine Innentoilette von 1770 an »un lieu á l'anglaise«, also einen englischen Ort, was möglicherweise eine Erklärung für die Herkunft des englischen Wortes »loo«, das deutsche Örtchen, bietet. In Monticello baute Thomas Jefferson drei Innentoiletten ein — vermutlich die ersten in Amerika —, die mit Luftschächten versehen waren, durch die Gerüche

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