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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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entweichen konnten. Aber selbst für die Zeit Jeffersons (eigentlich für jede Zeit) waren sie technisch nicht sehr ausgereift: Die Ausscheidungen fielen und flossen in einen Sammeltopf, der von Sklaven geleert wurde. Im Weißen Haus — oder Präsidentenhaus, wie es damals hieß — ließ Jefferson allerdings drei der ersten Toiletten mit Wasserspülung überhaupt installieren. Sie wurden von Regenwasserzisternen auf dem Dachboden gespeist.
    Mitte des neunzehnten Jahrhunderts erfand Reverend Henry Moule, Pfarrer in Dorset, das sogenannte Erdklosett. Es war im Wesentlichen ein Leibstuhl samt Behälter mit trockener Erde, aus dem, wenn man an einem Griff zog, eine abgemessene Menge Erdreich in den Sammelkübel fiel und damit Geruch und Anblick der Hinterlassenschaften überdeckte. Erdklosetts waren eine Zeitlang besonders in ländlichen Gebieten Englands sehr beliebt, wurden dann jedoch rasch von Klosetts mit Wasserspülung abgelöst, in denen die Hinterlassenschaften eben nicht nur bedeckt, sondern in einer Sturzflut weggeschwemmt wurden — zumindest wenn sie funktionierten, was in der ersten Zeit nicht immer, ja nicht einmal oft der Fall war.
    Die meisten Leute benutzten weiterhin Nachttöpfe, die sie in einem Schrank in ihrem Schlafzimmer oder in einem Abstellraum aufbewahrten. Ausländische Besucher waren häufig entsetzt von der englischen Sitte, Nachttöpfe in Schränken oder in Sideboards im Esszimmer aufzubewahren, in die sich die Männer, kaum hatten die Frauen sich zurückgezogen, gern erleichterten. Manche Zimmer waren auch mit dem »nötigen Stuhl« in der Ecke ausgestattet. Ein französischer Besucher in Philadelphia, Moreau de Saint-Méry, bemerkte mit Erstaunen, dass ein Mann die Blumen aus einer Vase nahm und hineinpieselte. Ein anderer französischer Besucher berichtete etwa zur gleichen Zeit, dass man ihm auf die Bitte um ein Nachtgeschirr für sein Schlafzimmer gesagt habe, er solle aus dem Fenster machen wie alle anderen auch. Als er darauf bestand, doch lieber in irgendetwas »hineinmachen zu wollen«, brachte ihm sein leicht perplexer Gastgeber einen Wasserkessel, schärfte ihm aber strengstens ein, dass er ihn rechtzeitig am nächsten Morgen zum Frühstück zurück brauche.
    Am meisten fällt einem bei Geschichten über Toilettensitten auf, dass die Leute entsetzt sind über die Usancen anderer Länder. Und zwar ohne Ausnahme! So gab es ebenso viele Klagen über die Gepflogenheiten der Franzosen wie Klagen der Franzosen über die ihrer Nachbarn. Seit Jahrhunderten hieß es zum Beispiel schon, dass in Frankreich »viel in Kamine gepisst wurde«. Gemeinhin beschuldigte man die Franzosen auch dessen, dass sie sich auf Treppen erleichterten, »selbst in Versailles kam das noch im achtzehnten Jahrhundert vor«, schreibt Mark Girouard in Leben im französischen Landhaus. Versailles rühmte sich, einhundert Badezimmer und dreihundert Toilettenstühle zu besitzen, aber merkwürdigerweise waren sie bei Weitem nicht ausgelastet, und 1715 sicherte ein Erlass Bewohnern und Besuchern zu, dass von nun an die Eure wöchentlich von Exkrementen gereinigt würden.
    Die meisten Abwässer sollten in Senkgruben abfließen, doch für gewöhnlich achtete man nicht sonderlich darauf, ob sie auch ordentlich funktionierten, und so sickerten sie oft in die Wasservorräte des Nachbarn und schwappten im schlimmsten Falle über. Einen solchen Vorfall notierte Samuel Pepys in seinem Tagebuch: »Als ich in meinen Keller ging [...] trat ich mit dem Fuß in einen großen Haufen Kacke [...] und stellte fest, dass Mr.Turners Grube voll ist und in meinen Keller überläuft, was lästig ist.«
    Die Leute, die die Jauchegruben leerten, hießen nightsoil men, und wenn es je einen weniger beneidenswerten Broterwerb gegeben hat, dann muss der wohl erst noch gefunden werden. Die Männer arbeiteten in Gruppen von drei oder vier. Einer — der kleinste, können wir annehmen — wurde in die Grube hinabgelassen, um den Dreck in Eimer zu schaufeln. Ein zweiter stand an der Grube, um den Eimer hochzuhieven und hinunterzulassen, und die beiden anderen trugen die vollen Eimer zu einem wartenden Karren. Die Arbeit war nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich, weil die Männer ersticken konnten und jederzeit das Risiko einer Explosion bestand, da sie bei Laternenlicht in einer mit viel Gas gefüllten Umgebung arbeiteten.
    Das Gentleman's Magazine berichtete 1753 über den Fall eines Fäkaliensammlers, der in ein Toilettengewölbe in einer

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