Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
Vom Netzwerk:
Fürsten dazu, dem
König von Preußen den Titel eines Deutschen Kaisers anzubieten. Jetzt wirst du
dich wundern, was da geschah: König Wilhelm wollte lieber »Kaiser von
Deutschland« als »Deutscher Kaiser« heißen, und fast wäre die ganze Sache darüber
auseinandergegangen. Endlich wurde doch im großen Spiegelsaal von Versailles
feierlich das Deutsche Kaiserreich gegründet. Damals war der neu ausgerufene
Kaiser Wilhelm I. so verärgert, dass er nicht den Titel bekam, den er sich
gewünscht hatte, dass er auffällig und absichtlich in Gegenwart aller Leute an
Bismarck vorbeiging und dem Gründer des Deutschen Reiches nicht die Hand gab.
Trotzdem hat ihm Bismarck weiter gedient und gut gedient.
    In Paris war während der Belagerung eine furchtbar blutige Arbeiterrevolution
ausgebrochen, die später noch furchtbarer und blutiger unterdrückt wurde. Es
kamen damals mehr Menschen um als während der ganzen großen Französischen
Revolution. Dadurch war Frankreich für eine Zeit machtlos und musste Frieden
schließen. Es musste ein ganzes Stück Land (Elsass und Lothringen) an
Deutschland abtreten und eine große Summe Geldes zahlen. Dafür setzten aber die
Franzosen Kaiser Napoleon III. ab, der das Land so schlecht geführt hatte, und
gründeten eine Republik. Sie hatten von nun an genug von Kaisern und Königen.
    Bismarck war nun der erste Minister oder Kanzler des geeinten
Deutschen Reiches und herrschte dort mit all seiner Überlegenheit. Er war ein
großer Gegner jeder sozialistischen Bestrebung, wie sie Marx gelehrt hatte, er
wusste aber, dass es damals den Arbeitern wirklich entsetzlich schlecht ging.
So verfocht er die Meinung, dass man die Verbreitung der Marx’schen Lehren nur
dadurch bekämpfen könne, dass man die größte Not der Arbeiter lindere und ihnen
so die Lust nehme, den ganzen Staat umzuwälzen. Darum schuf er Einrichtungen,
um kranke oder verunglückte Arbeiter, die früher hilflos umkommen mussten, zu
unterstützen, und sorgte überhaupt dafür, dass das ärgste Elend gemildert
wurde. Allerdings mussten die Arbeiter damals noch zwölf Stunden am Tag arbeiten.
Auch am Sonntag.
    Fürst Bismarck mit seinen buschigen Augenbrauen und seinem festen,
entschlossenen Gesicht war bald einer der bekanntesten Männer Europas und wurde
auch von seinen Feinden als großer Staatsmann anerkannt. Als die Völker Europas
beginnen wollten, die klein gewordene Welt unter sich aufzuteilen, da kamen sie
1878 in Berlin zusammen, und Bismarck leitete ihre Beratungen. Erst der nächste
deutsche Kaiser, Kaiser Wilhelm II., der über viele Dinge anders dachte als
sein Kanzler, konnte sich auf die Dauer nicht mit ihm vertragen und entließ
ihn. Bismarck lebte noch einige Jahre als alter Mann auf dem Gut seiner Väter
und warnte von dort aus die neuen Leiter der deutschen Regierung vor
Unbedachtsamkeiten.

Um die Verteilung der Erde
    Jetzt kommen wir bald in die Zeit, in der meine Eltern jung
waren. Die konnten mir Genaueres erzählen. Wie in immer mehr Häusern zuerst das
Gas, dann das elektrische Licht, dann das Telefon eingeführt wurde, wie in den
Städten elektrische Straßenbahnen und dann auch schon Autos auftauchten, wie
die Arbeitervorstädte ungeheuer wuchsen und Fabriken mit gewaltigen Maschinen
Tausende Arbeiter beschäftigten, also die Arbeit leisteten, zu der in früheren
Zeiten vielleicht Hunderttausende Handwerker notwendig gewesen wären.
    Was geschah nun mit all den Stoffen, Schuhen, Konserven oder, sagen wir:
Kochtöpfen, die in diesen gewaltigen Fabriken täglich in ganzen Waggonladungen
erzeugt wurden? Zum Teil konnte man sie natürlich im Land verkaufen. Die Leute,
die Arbeit hatten, konnten sich bald viel mehr Anzüge oder Schuhe leisten als
ein Handwerker früherer Tage. Es war ja alles unvergleichlich billiger, dafür
auch lange nicht so haltbar. So waren die Leute gezwungen, oft neue Sachen zu
kaufen. Immerhin war ihr Lohn natürlich nicht hoch genug, dass sie alles hätten
kaufen können, was da von den neuen Riesenmaschinen erzeugt wurde. Blieben aber
diese Waggonladungen von Tuch oder Leder liegen und wurden nicht verkauft, dann
hatte es keinen Sinn, wenn die Fabrik täglich neue herstellte. Sie musste
schließen. Wenn sie schloss, waren die Arbeiter arbeitslos, konnten sich gar
nichts mehr kaufen, und dann blieb immer mehr liegen. Einen solchen Zustand nennt
man Wirtschaftskrise. Um sie zu vermeiden, war es für alle Länder wichtig, dass
möglichst alle Waren, die die vielen Fabriken

Weitere Kostenlose Bücher