Eine Lady nach Maß
„Das müssen Sie nicht tun.“
„Ich weiß, aber ich will es gerne. Ich würde den beiden gerne eine Freude machen.“
„Ich bin sicher, das machen Sie. Danke.“
Hannah warf Louisa einen nachdenklichen Blick zu, als ihr der Kommentar einfiel, den die Wäscherin vorhin hatte fallen lassen.
„Hatten Sie auch Probleme, als Sie Ihre Wäscherei eröffnet haben?“
Louisa folgte Hannah ein paar Schritte von den Mädchen weg. „Ja. Hat einen oder zwei Monate gedauert, bis ich mir über ein paar Dinge über die Menschen hier klar geworden bin. Die Leute nehmen Veränderungen nur langsam an. Sie warten gerne, bis der Glanz des Neuen vergangen ist, bis sie etwas ausprobieren. Sie müssen nur ein oder zwei Frauen überzeugen, sodass Sie nicht mehr der Neuankömmling sind. Der Rest kommt dann wie von alleine.“
„Wie mache ich das?“
Die Wäscherin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was bei Ihnen helfen könnte, aber ich kann Ihnen sagen, wie ich es geschafft habe. Ich habe umsonst gewaschen.“
Hannah legte ihre Stirn in Falten. „Umsonst? Haben Sie so nicht eine Menge Geld verloren?“
„Nein. Ich habe ein Hemd pro Familie umsonst gewaschen. So sind die Leute zu mir gekommen, auch wenn manche wirklich nur ein Hemd mitgebracht haben. Ich habe mich besonders gut um diese Kleidungsstücke gekümmert und einfach meine Qualität sprechen lassen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mir einen guten Ruf erarbeitet hatte, aber mittlerweile habe ich fast mehr Aufträge, als ich bewältigen kann.“
Umsonst arbeiten. Das widerstrebte Hannah zutiefst, doch sie konnte nicht an Louisas Erfolg zweifeln. Aber wie sollte sie diese Strategie für sich anwenden? Sie konnte keine Kleider umsonst weggeben. Das würde sie finanziell ruinieren. Und einen Saum zu verschenken ergab keinen Sinn.
Hannah stieß einen traurigen Seufzer aus, während sie die Krümel ihres Sandwiches auf dem Tresen zusammenschob und sie dann in den Mülleimer warf. Sie schüttelte die Serviette aus, in die ihr Mittagessen eingewickelt gewesen war, und faltete den Stoff ordentlich zusammen.
„Wie wäre es, wenn Sie ein paar von denen machen?“, schlug Louisa vor und zupfte an dem Tuch, das Hannah in Händen hielt. „Sie haben doch eine Menge Stoffreste, oder?“
Brottücher. Hannahs Gemüt hellte sich schlagartig auf, als sie diesen Vorschlag überdachte. „Mrs James, das ist brillant! Ein praktisches Geschenk, das die Kundinnen immer an mich erinnert, wenn sie ihren Kindern ein Sandwich mit in die Schule geben oder ihren Männern eins mit an die Arbeit.“ Hannah eilte zu der Truhe, an der die Mädchen immer noch hockten, und schnappte sich einen blauen Stoff, den die beiden aussortiert hatten. Sie schüttelte ihn aus und hielt ihn ausgestreckt vor sich.
„Ich könnte die Kanten umsäumen und dabei viele verschiedene Farben benutzen. Dann kann jede Kundin sich ein Tuch nach ihrem Geschmack auswählen.“ Hannahs Blick traf Louisas. „Denken Sie, das könnte funktionieren?“
„Es wird zumindest nicht schaden.“ Louisa tätschelte ihre Schulter und ging zu ihren Töchtern. Molly hatte sich schon für einen rosafarbenen Baumwollstoff entschieden, aber Tessa war immer noch zwischen drei Reststücken hin- und hergerissen. „Wir müssen gehen, Tessa. Beeil dich. Ich hab noch eine Menge Arbeit zu erledigen heute.“
Nach einem letzten Zögern entschied Tessa sich für einen safrangelben Kattunstoff mit kleinen grünen Zweigen darauf. Sie reichte Hannah ihren Fund.
„Danke, dass du uns Puppen machst, Miss Richards.“
„Ich freue mich, dass ich das für euch tun kann.“
Sie verabschiedeten sich und Hannah trat wieder an ihre Kramkiste. Begeistert und fröhlich durchsuchte sie die Kiste nach weiteren Stoffresten, die sie für ihre Brottücher verwenden könnte. Sie fand erdige Brauntöne, aber auch Orange und Dunkelrot. Perfekt für die Erntezeit. Dann entdeckte sie noch einen Stapel mit Stoffresten in Blau- und Grüntönen und Gelb. Fröhlich und lustig. Zu guter Letzt entschied sie sich auch noch für einige mit Blumenmustern bedruckte Stoffe, die für Frauen besonders geeignet waren.
Sie breitete die Stoffstücke auf ihrem Arbeitstisch aus und schnitt ein braunes Stück in zwei Quadrate. Sie würde ein Brottuch fertigstellen. Wenn sie damit Erfolg hatte, würde sie gleich eine ganze Reihe entwerfen. Zwanzig Minuten und ein paar kunstvoll verzierte Säume später hatte sie ein wunderbares Brottuch vor sich liegen.
Hannah war
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