Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Lady nach Maß

Eine Lady nach Maß

Titel: Eine Lady nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
Vom Netzwerk:
seufzte und verlangsamte ihren Rhythmus. Das Sirren der Maschine beruhigte sich zu einem dumpfen Summen. „Ich weiß, ich hätte nicht so über Ihren Bruder reden sollen. Er war sehr freundlich zu mir. Nur die Art, wie er manchmal mit mir redet, stachelt mein Temperament an. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, wäre mir schon sehr geholfen.“
    Ein letztes Mal drehte sie den Stoff und beendete den letzten Saum an Cordelias neuem Brottuch. Sie schnitt die losen Fäden ab.
    „Fertig.“ Hannah erhob sich und überreichte Cordelia ihr Geschenk. „Hier, bitte sehr. Ein neues Brottuch für die Frau, die das beste Brot der Stadt backt.“
    „Danke.“ Cordelia lächelte und besah sich die Arbeit. „Das ging so schnell. Wenn ich so etwas versucht hätte, hätte ich bestimmt zwei Stunden gebraucht und dann hätte es mit Sicherheit nicht so schön ausgesehen.“
    „Schneller, hochwertiger Service. Das ist meine Spezialität.“
    Ein nachdenklicher Blick überzog Cordelias Gesicht, während sie sich noch einmal den Stoff besah. Plötzlich trat ein schelmisches Funkeln in ihre Augen. „Sie haben mir heute ein Geschenk gemacht, Hannah – mehr als nur das Brottuch. Sie haben mich daran erinnert, dass es möglich ist zu träumen. Ich will Ihnen etwas als Gegenleistung geben.“
    Sie trat näher an Hannah heran und senkte ihre Stimme. „J.T. ist besonders mürrisch, seit Sie in der Stadt sind. Ich kann nur vermuten, dass es daran liegt, dass er von Ihnen genauso verwirrt ist wie Sie von ihm. Und als Frau, die weiß, was es heißt, Zeit mit ihm zu verbringen, würde ich Ihnen für das nächste Mal gerne einen kleinen Vorteil verschaffen.“
    Hannah hielt den Atem an.
    „Jeder in Coventry weiß, dass man J.T. nicht bei seinem Geburtsnamen nennen sollte. Er verabscheut ihn. Seit seiner Schulzeit hat er auf keinen anderen Namen als J.T. oder Tucker gehört. Sogar bei unseren Eltern. Wenn Sie also irgendwann mal wieder das Gefühl haben, Sie bräuchten einen Vorteil, nennen Sie ihn einfach Jericho. Ich weiß nicht, ob es Ihnen helfen oder die Sache noch schlimmer machen wird, aber es wird ihn bestimmt erst einmal ziemlich verunsichern.“
    Cordelias Grinsen war während ihrer Erklärung immer breiter geworden. „Ich hoffe nur, dass ich dann da sein werde, um seine Reaktion zu sehen.“
    „Jericho, ja?“ Hannah spürte, wie nun auch auf ihr Gesicht ein Grinsen trat. „Seltsam, wie gut mir dieser Name plötzlich gefällt.“
    Die beiden Frauen kicherten wie kleine Mädchen. Jericho Tucker ahnte nicht, was ihn erwartete.

Kapitel 11
    A m Donnerstag stellte Cordelia Hannah den Einwohnern der Stadt vor und gemeinsam verschenkten sie fast zwei Dutzend bunte Brottücher. Es sprach sich schnell herum, dass es bei der neuen Schneiderin etwas umsonst gab, sodass ein ständiger Strom an Besuchern das Geschäft erfüllte. Leider war das alles, was sie waren – Besucher, keine Kunden.
    Am Samstagnachmittag drehte Hannah das Schild auf „Geschlossen“ und lehnte sich mit der Schulter gegen die Tür. Nicht ein Auftrag. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie geduldig sein musste, dass die Frauen, die im Geschäft gewesen waren und sich Kleider angeschaut hatten, bald wiederkommen würden. Aber Vernunft allein konnte ihr Herz nicht davor bewahren, mutlos zu werden. Gedanken wie Misserfolg, Fehler und Konkurs kamen ihr immer wieder in den Sinn. Hannah ließ sich weiter gegen die Tür sinken, bis sie schließlich anfing, daran herunterzurutschen. Sie sprang auf. Mit einem letzten Rest Selbstbewusstsein schüttelte sie ihre Röcke aus und stellte sich vor, wie damit alle trüben Gedanken von ihr abfielen.
    „Das wird schon“, ermutigte sie sich selbst. „Es waren doch erst vier Tage. Hab ein bisschen Vertrauen.“
    Sie ging durch den Raum und nahm das in braunes Papier gewickelte Päckchen an sich, das auf dem Arbeitstisch lag. Ezras Hemd. Bald würde er auf seinem Weg zum Bahnhof hier bei ihr vorbeischauen, um es mitzunehmen. Hannah knotete das Band, mit dem das Paket verschnürt war. Ihr erster und einziger Kunde. Doch er hatte großzügig bezahlt. Die Bank vor ihrem Geschäft glänzte wie neu. Schon etliche Besucher hatten sich darauf niedergelassen.
    Ezra bestand immer noch darauf, auf dem Bürgersteig zu sitzen, wenn sie ihren morgendlichen Kakao tranken, aber Hannah war froh, dass sie eine komfortablere Sitzgelegenheit hatte. Die Bank war glatt und robust und breit genug für drei Erwachsene. Oft

Weitere Kostenlose Bücher