Eine Lady nach Maß
angetreten.
„Jetzt weiß ich es! Sie haben Ihre Haare verändert, nicht wahr?“
Cordelia befühlte ihren neuen Pony. „Ja. Ich dachte, ich probiere mal etwas Neues aus.“
„Also, das steht Ihnen wirklich fabelhaft, meine Liebe.“ Er lächelte sie ermutigend an. „Sehr attraktiv. Vielleicht sollte ich meiner Tochter Eleanor auch so etwas in der Art empfehlen.“
„Wirklich?“ Ein breites Lächeln trat auf Cordelias Gesicht und dieses Mal dachte sie gar nicht daran, es hinter ihrer Hand zu verstecken.
„Wirklich. Nun gut, ich bin eigentlich auf der Suche nach Seifenflocken, also will ich Sie mit Ihren Bändern nicht weiter stören.“
„Vielen Dank noch einmal, Mr Paxton.“ Eine leichte Röte war auf Cordelias Wangen getreten, die dieses Mal aber nichts mit Verlegenheit zu tun hatte. Es war schon faszinierend, wie die richtigen Worte eines Mannes zur richtigen Zeit eine Frau ermutigen konnten. Und wenn alles so weiterlief wie bisher, ging Hannah davon aus, dass Cordelia solche Worte auch bald von dem richtigen Mann vernehmen würde.
Leider schien der Richtige für Hannah ein Mann zu sein, der niemals die passenden Worte fand. Doch da sie in seinen Augen die Falsche zu sein schien, hatte er wahrscheinlich auch nie viel Wert auf seine Worte gelegt.
Na gut. Worte waren nicht alles. Schon Jerichos Verhalten ihr gegenüber sprach meist eine sehr deutliche Sprache. Doch wenn sie ehrlich war, war sein Verhalten eher zwiespältig. Manchmal war er die Freundlichkeit in Person, zu anderen Zeiten schien er sie abzulehnen. Hannah musste aufpassen, dass sie es nicht überbewertete, wenn er demnächst wieder einmal nett zu ihr sein sollte.
Sie durfte sich keine falschen Hoffnungen machen.
Kapitel 21
I m Laufe der nächsten Woche steigerten Hannah und Cordelia ihr sportliches Programm. Cordelias bessere Ausdauer erlaubte es ihnen, die Spaziergänge auszudehnen und sogar noch einen weiteren Hügel zu erklimmen, anstatt schon am Fluss hinter dem Schulhaus kehrtzumachen. Sie gingen auch zu schwereren Keulen- und Ringübungen über. An einem der nächsten Samstage machten sich die Frauen einen wahren Spaß daraus, die Nähte an Cordelias Kleidern enger zu machen.
Hannahs Geschäft hatte sich ebenfalls ein wenig entwickelt. In der vergangenen Woche hatte sie zwei Kleider abgeändert, außerdem kamen die alleinstehenden Männer der Stadt und brachten Hemden oder Hosen, die es zu flicken galt. Und am Dienstag, Wunder über Wunder, hatte sie sogar ein komplettes Reisekleid mit allem Zubehör an eine Besucherin verkauft, die im Hotel logiert hatte.
Viele Menschen hätten diese Tropfen auf den heißen Stein gewiss nicht als Zeichen Gottes angesehen, doch Hannah war sich sicher. Sie hatte Gott gebeten, ihr Geschäft bankrottgehen zu lassen, wenn er sie nicht in Coventry haben wollte. Und natürlich war es immer noch so, dass sie keine großen Gewinne erreichte. Doch sie war auf einem guten Weg und würde sich von niemandem mehr abbringen lassen. Sie würde mutig vorangehen.
Oder mutig in ihrem Laden sitzen und warten, was im Moment noch eher der Fall war.
Hannah hatte sich auf der Bank vor ihrem Geschäft niedergelassen und hielt eine Tasse Kakao in Händen. Gedankenverloren starrte sie in die Ferne. Seit Sonntag schon hatte sie Ezra nicht mehr zu Gesicht bekommen. Zuerst hatte sie vermutet, dass ihn der Regen, der von Montag bis Mittwoch unaufhörlich herabgeprasselt war, abgehalten hatte. Doch auch nachdem die Sonne wieder hervorgekommen war, war Ezra nicht aufgetaucht. Eigentlich gab es keinen Grund für ihn, nicht hierherzukommen, es sei denn, etwas anderes als das Wetter hielt ihn ab.
Schließlich trank Hannah den letzten Schluck ihres Getränkes und nahm Ezras unbenutzte Tasse. Sie stieg die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinauf, wobei ihre Sorgen um den alten Mann ständig größer wurden. War er krank? Lahmte Jackson? Oder noch schlimmer – war Ezra während einem der Stürme etwas zugestoßen, sodass er jetzt hilflos irgendwo im Wald lag? Ohne Nachbarn zu leben, war gefährlich, selbst wenn man jung war. Wenn Ezra tagelang nicht gefunden wurde, würde womöglich jede Hilfe zu spät kommen.
Bilder des alten Mannes, der von einem heruntergefallenen Ast begraben worden war, stiegen vor Hannahs innerem Auge auf, während sie die beiden Tassen abwusch.
Als sie ihre Schürze an den Nagel hängte, wusste sie, was sie zu tun hatte. Sie würde zu Ezra fahren und dort nach dem Rechten schauen. Und zwar sofort. Das
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