Eine Lady nach Maß
sie zurück.
„Hier, bitte schön.“ Cordelia drückte ihr die Tasse mit der Brühe in die Hand. „Ich hab sie schon ein wenig abkühlen lassen, damit du dich nicht verbrennst.“
Hannah genoss die Wärme der Tasse in ihrer Hand, bevor sie anfing zu trinken. Ein köstliches Aroma erfüllte ihren Mund und verscheuchte den letzten Rest Benommenheit. Sie schnupperte, um den Duft und die Wärme aufzunehmen.
„Mmmm. Das ist köstlich. Danke.“
Bis auf einen kleinen Rest trank sie langsam die Brühe. Dann ließ sie die Tasse sinken und sah von J.T. zu Cordelia. „Was ist passiert?“
„Erinnerst du dich nicht?“ Cordelia griff nach der fast leeren Tasse.
Hannah runzelte die Stirn. „Ich weiß es nicht. Irgendwie ist in meinem Kopf alles durcheinandergewirbelt.“
Sie sah Jericho an. Er lehnte nun an der Wand neben der Tür. Sein Lächeln war zwar verschwunden, doch ein weicher, zärtlicher Ausdruck stand noch immer auf seinem Gesicht. Hannah mochte Cordelia von Herzen, doch sie sehnte sich nach der zärtlichen Berührung dieses Mannes. Würde er sie jemals wieder streicheln?
„J.T.“, sagte Cordelia. „Erzähl ihr, was du weißt. Vielleicht kommt die Erinnerung ja zurück.“
Einer seiner Mundwinkel zuckte. „Du bist zum Baden gegangen und ich musste dich aus dem Fluss fischen.“
Der Fluss.
Erinnerungen kamen zurück, einige deutlicher als andere. Der Sturm. Die Brücke. Die Flut. Eine unsichtbare Hand sortierte die Bilder in ihrem Kopf in eine ordentliche Reihenfolge. Der zusammengebrochene Wagen. Das Pferd, das davon galoppierte. Der Fluss, der sie umfing und mit sich riss.
Überall Wasser. Über ihr. Unter ihr. Wo war oben? Wieder stieg Panik in Hannah auf.
„Du erinnerst dich, oder?“ Cordelias sanfte Stimme unterbrach ihre schrecklichen Gedanken.
„Ja.“ Hannahs Stimme klang rau.
„J.T. meint, es hätte vermutlich eine Springflut gegeben.“
Hannah nickte und sah Jericho an. Er musterte sie intensiv, schwieg aber. Sie wandte sich wieder Cordelia zu und atmete tief durch. Sie war in Sicherheit.
„Ich … hm … war gerade auf der Brücke, als ich begriff, was da passierte.“ Hannah lehnte sich tiefer in die Kissen. „Es war zu spät, um umzukehren. Ich habe versucht, zu entkommen, aber das Wasser zertrümmerte den Wagen, bevor ich das andere Ufer erreichen konnte. Ich konnte das Pferd befreien und wollte mich am Zaumzeug festhalten, aber es riss sich los und galoppierte auf und davon. Der Fluss spülte mich über die Brücke. Ich wollte mich am Geländer festhalten, aber das Wasser war einfach zu stark. Ich konnte nicht atmen. Dann rissen mich plötzlich die Fluten mit sich.“
„Wie schrecklich! Es ist ein Wunder, dass du überlebt hast.“ Cordelia ergriff ihre Hand. „Bestimmt hat Gott seine Engel geschickt, um dich zu beschützen.“
Hannah nickte. „Ja, das hat er. Auf zweierlei Weise. Einer war ein Baum, in dem ich mich verfangen habe, und einer sah sehr nach deinem Bruder aus.“ Hannah lächelte Jericho an, der sich allerdings abrupt abwandte und interessiert die Wand musterte.
„Danke, dass du mich gerettet hast“, sagte sie unsicher. „Ich bin sicher, die Sache wäre anders ausgegangen, wenn du nicht da gewesen wärst.“
„Ich denke, du hättest einen Ausweg gefunden“, brummte Jericho unfreundlich. „Du bist zu dickköpfig, um dich von einer Springflut umbringen zu lassen.“
Hannahs Lächeln verschwand bei seinem mürrischen Tonfall. Offenbar hatte sich seine Haltung ihr gegenüber nicht geändert, obwohl es eben noch so ganz anders ausgesehen hatte. Woher kam dieser plötzliche Sinneswandel? Dann fiel ihr der Einspänner ein. Wenn sie ihre Nähmaschine ausleihen und beschädigt zurückerhalten würde, wäre sie auch ärgerlich. Es war ihre Schuld. Sie hätte es nicht riskieren dürfen, auf die Brücke zu fahren.
„Jericho, es tut mir sehr leid um den Wagen“, sagte sie hastig, bevor er den Raum verlassen konnte. „Sobald es mir wieder besser geht, bezahle ich den Schaden.“
Er drehte sich um und starrte sie wütend an. „Meinst du, der Wagen interessiert mich auch nur im Mindesten? Du wärst heute fast gestorben! Was ist da schon ein kaputter Wagen!“ Energisch riss er die Zimmertür auf und stürmte hinaus.
Hannah starrte ihm nach und war noch verwirrter als vorher. „Ich wollte ihn nicht verärgern.“
„Mach dir keine Gedanken“, beruhigte Cordelia sie. „J.T. konnte es noch nie ertragen, wenn sich jemand für seine Hilfe bedankt hat.
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