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Eine Lady von zweifelhaftem Ruf

Eine Lady von zweifelhaftem Ruf

Titel: Eine Lady von zweifelhaftem Ruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Hunter
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entdecken. Das beschämte sie nur noch mehr. Mit Mühe erwiderte sie sein Lächeln und spielte ihm gute Laune vor.
    Sie nahm die Nägel entgegen und sah zu den Halbstarken. »Wie es scheint, nimmt die ganze Welt an, dass ich in jeglicher Hinsicht die Tochter meiner Mutter bin.«
    »Ihr Mieter nimmt nichts dergleichen an. Und anders als unreife Jungen fällt er auch keine vorschnellen Urteile über die Entscheidungen, die eine Person in ihrem Leben trifft, ganz gleich, wie sie aussehen mögen.« Er zog eine Visitenkarte aus seiner Manteltasche und reichte sie ihr so, dass die Jungen es sehen würden. »Wenn Sie mit Ihnen noch einmal Probleme bekommen sollten, lassen Sie es mich wissen.«
    Sie hielt die Karte hoch, sodass sie von den Beobachtern nicht übersehen wurde. Er verbeugte sich und ging davon. Die Jungen verschwanden ebenfalls in einer Seitengasse.
    Sie warf einen Blick auf die Karte. Bis auf seinen Namen stand nichts darauf. Ungeachtet ihrer hohen Qualität enthüllte sie fast nichts. Ein wenig wie der Mann, der sie ihr gerade überreicht hatte.

5
    Das Kaffeehaus in der Nähe von Gray’s Inn war um zwölf Uhr mittags überfüllt. Anwälte und ihre Lehrburschen, deren Kanzleien in der Nähe lagen, lasen Zeitung und rauchten Zigarren. Klirrende Tassen fügten dem Dröhnen der Unterhaltungen eine musikalische Note hinzu.
    Jonathan erspähte Edward auf einem Diwan am anderen Ende des Raumes und setzte sich zu ihm. Edwards Begrüßung bestand aus fragend hochgezogenen Augenbrauen.
    »Mein Auftrag ist um ein paar unerwartete Elemente ergänzt worden«, sagte Jonathan. »Die Tochter ist in das Haus in der Wells Street eingezogen. Sie geht kaum aus. Es kann noch Tage dauern, bevor ich Alessandras Sachen in Ruhe durchsuchen kann.«
    Edward wusste nichts von der Dachbodenkammer, wo Jonathan heimlich lebte. Niemand wusste etwas. Die Geheimhaltung seines Wohnorts hatte als Vorsichtsmaßnahme während des Krieges begonnen und war zu einer Gewohnheit geworden, die ihm seine Privatsphäre sicherte. Jonathan zog es vor, andere Menschen in ihren Welten zu treffen, anstatt sie in seine persönliche einzuladen.
    »Anders gesagt, du bist also überhaupt nicht weitergekommen«, sagte Edward.
    »Ich habe den Dachboden zum größten Teil durchsucht. Dort war nichts von Interesse.
    »Und das andere Haus?«
    »Ich war in der Nacht vor der Beerdigung dort, aber jemand muss mir zuvorgekommen sein. Zum einen die Tochter und noch jemand anderes, denkt sie. Es ist unmöglich zu wissen, ob ihr Verdacht zutrifft. Doch das Fehlen wichtiger Unterlagen führt mich zu der Annahme, dass sie recht hat. Oder Alessandra hat einfach nichts Bemerkenswertes in dem Haus aufbewahrt. Sie wusste, dass es zumindest von einem Testamentsvollstrecker durchsucht werden würde.«
    Edward nahm einen Schluck der dunklen Flüssigkeit aus seiner Tasse und runzelte die Stirn. »Und was glaubst du?«
    Jonathan dachte über die weltgewandte Frau nach, mit der er sich gelegentlich unterhalten hatte. Wie viele andere hatte ihm auch Alessandra manchmal etwas anvertraut, aber darunter war nichts, was ihm bei seinem derzeitigen Auftrag helfen würde. »Ich glaube, dass sie alles, was auf ihr wahres Wesen hindeutete, entweder verbrannt oder versteckt hat, da sie wusste, dass sie sterben würde. Laut ihrer Tochter sind selbst die Geschäftsbücher unauffindbar, wenn sie überhaupt welche geführt hat.«
    »Diese Tochter muss das andere Haus irgendwann verlassen, aber du kannst ja wohl kaum im Garten zelten und darauf warten. Seltsam, dass sie sich entschlossen hat, dort zu leben. Sie könnte wahrscheinlich relativ mühelos den Platz ihrer Mutter einnehmen. Sie war ein sehr hübsches Mädchen. Die Männer standen schon Schlange für den Tag, an dem ihre Mutter sie einführen würde.«
    »Du weißt ja eine ganze Menge über sie.«
    Edward lief bis zum Haaransatz rot an. »Oh bitte. Das weiß doch jeder, einschließlich dir. Alessandra hat der guten Gesellschaft ein ganzes Jahr lang den Mund wässrig gemacht, das Mädchen herumgezeigt, Angebote gesammelt und ein Vermögen vom ersten Gönner verlangt. Als sie davonlief – die Tochter, meine ich …«
    »Ihr Name ist Celia.«
    »Ja, Celia, richtig. Als sie in letzter Minute davonlief, war es das Tagesgespräch in meinen Clubs.« Edward stellte seine Tasse ab. »Sie ist also in die Stadt zurückgekehrt, was? Ich wage zu sagen, dass dies bald ebenfalls das Tagesgespräch sein wird. Es gibt sicher viele, die immer noch

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