Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
Mann hätte die Sache schon lange aufgegeben, seine Niederlage eingestanden und Frieden gefunden.
Draußen vor der Tür stieß er fast gegen einen Diener in kostbarer Livree, der sich gegen die Mauer des Gebäudes lehnte. Als der Bursche ihn sah, stellte er sich gerade hin.
»Mr Jonathan Albrighton?«
Jonathan nickte. Der Diener reichte ihm einen Brief. Jonathan untersuchte Papier und Siegel und faltete ihn überrascht auseinander.
Dienstag. Acht Uhr. Whist.
Castleford
Als Celia am nächsten Morgen erwachte, war der Himmel stark bewölkt. Sie stellte fest, dass sie länger geschlafen hatte als beabsichtigt. Heute gab es viel zu tun. Sie hätte nicht so lange im Bett liegen sollen.
Sie schlüpfte in einen Morgenmantel und legte sich ihren wärmsten Schal um. Nicht nur Mr Albrighton musste sein eigenes Wasser holen. Sie freute sich nicht gerade darauf, bei einem solchen Wetter in den Garten zu müssen, wenn der Wind stark genug war, um an ihren Fensterläden zu rütteln.
Doch als sie ihre Schlafzimmertür öffnete, entdeckte sie davor einen Eimer mit genügend Wasser, um sich zu waschen. Prüfend steckte sie einen Finger hinein. Es hatte lange genug dort gestanden, um nicht mehr ganz eisig zu sein.
Es gab nur eine Person, die den Eimer dort hingestellt haben konnte. Sie fand die Geste gleichzeitig liebenswert und überraschend. Woher wusste Mr Albrighton, dass sie noch nicht aufgestanden war? Die Vorstellung, dass er morgens vielleicht ebenso auf ihre Begegnung wartete wie sie, ließ sie schmunzeln.
Während sie sich ankleidete, hörte sie irgendwo in der Nachbarschaft die entfernten rhythmischen Schläge eines Zimmermanns bei der Arbeit. Sie erinnerten sie daran, dass sie jemanden finden musste, um Tom zu ersetzen. Nach dem gestrigen Vorfall würde er nicht wiederkommen. Das war eine Aufgabe mehr auf der langen Liste der zu erledigenden Dinge an diesem Tag.
Frisiert und mit Haube und Mantel in der Hand stieg sie die vordere Treppe herunter. Mit jedem Schritt wurde das Hämmern lauter. Schließlich wurde ihr klar, dass es aus dem hinteren Teil ihres Hauses drang.
Sie ging in den hinteren Salon. Als sie näher kam, hörte sie die Stimme einer Frau. »Ich denke immer noch, dass es besser gedübelt werden sollte.«
»Sie hat aber entschieden, dass Nägel ausreichend sind«, erwiderte Mr Albrighton.
»Wenn man sie richtig einsetzen würde, vielleicht schon«, kam die geduldige, doch gleichzeitig nachdrückliche Erwiderung.
Die weibliche Stimme gehörte Verity. Welcher Teufel hatte sie geritten, ohne Vorwarnung herzukommen, noch dazu, während Jonathan im Haus war?
Celia betrat das Zimmer. Mr Albrighton stand in Hemd und Weste da, den Hammer in der Hand. Der Bau der Regale war gut vorangekommen. An der Seite saß Celias gute Freundin Verity, die Gattin des Earls of Hawkeswell, in einem saphirgrünen Reitkostüm. Sie hatte Celias Zeichnung auf dem Schoß und schien Jonathan zu beraten.
Verity bemerkte sie. »Da bist du ja. Die Gartentür war auf, also bin ich hereingekommen, um mir dein neues Zuhause anzusehen. Dein Zimmermann hat gesagt, dass du kurz nach oben gegangen bist, also bin ich ihm beim Warten ein wenig zur Hand gegangen.«
Celia ging zu ihr und umarmte sie. »Ich hoffe, dass meine Freundin Sie nicht zu sehr aufgehalten hat, Mr Albrighton. Offenbar sind Sie auf ihre Hilfe nicht gerade erpicht.«
»Laut der Beurteilung der Dame scheine ich für diese Aufgabe nicht besonders kompetent zu sein.« Mr Albrighton setzte ein weiteres Regalbrett mit einer Wucht ein, die Celia vermuten ließ, dass Verity ihm nun schon seit einer Weile »half«.
»Ich habe Sie nur dazu angetrieben, sich stärker anzustrengen, Sir. Jeder Narr kann mit zwanzig Nägeln zwei Bretter zusammenbringen. Da ich weiß, wie sie hergestellt werden, sollte weder die Arbeit des Schmieds noch das Geld meiner Freundin verschwendet werden.«
Jonathan lächelte schwach über die Rüge. Celia nahm an, dass er Verity nun darüber informieren würde, dass er für diese Zimmermannsarbeit nicht angestellt worden war, sondern sie lediglich ausprobiert hatte, um Celia einen Gefallen zu tun.
Stattdessen schien er hinunterzuschlucken, was er gerne erwidert hätte. »Sie haben recht, Madam. Ihre Besorgnis über meinen verschwenderischen Gebrauch von Nägeln ist ein guter Punkt.«
»Da sie eine gute Freundin von mir ist, können Sie sie vielleicht entschuldigen, Mr Albrighton. Ihre Kritikerin ist Lady Hawkeswell, und Gräfinnen können ziemlich
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