Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
sollen, bevor ich mit dem Pflanzengeschäft beginne. Oder Marian und Bella ein Zuhause gebe. Nun verliere ich entweder das Haus, wenn er seinen Anspruch auf Alessandras Besitz geltend macht, oder ich verwickle sie in ein anderes Leben als das, welches ich ihnen versprochen habe. Es wäre sogar ziemlich genau das Gegenteil.«
»Haben Sie sich bereits eingeredet, dass Sie keine andere Wahl haben, als Ihre Schuld abzuarbeiten?«
Er bedauerte seinen scharfen Ton bereits, nachdem die Worte ausgesprochen waren, aber ihre kleine Debatte verärgerte ihn. Er verübelte es ihr, wie sie ihn daran teilhaben ließ, als ob er nichts dazu zu sagen hätte. Das stimmte zwar, aber es bedeutete nicht, dass ihm die Sache gefiel. Er konnte regelrecht hören, wie ihr Verstand abwägte, beurteilte und zu äußerst pragmatischen Entschlüssen kam.
Betroffen blieb sie stehen. »Ich versuche nur herauszufinden, was ich überhaupt für Möglichkeiten habe, die guten und die schlechten.«
Auf keinen Fall würde er zulassen, dass sie sich selbst einredete, sie müsse zu diesem Schuft gehen. »Ich frage mich, ob Sie wirklich die Vor- und Nachteile dessen erkennen, was er ihnen anbietet. Sicherheit, ja. Auch Luxus. Ein besseres Haus und mehr Diener und sogar eine Art Stand in seiner Welt. Sicherlich hat Ihnen Ihre Mutter das alles erklärt.«
»Sie hat kaum etwas anderes getan.«
»Hat sie auch erklärt, was passiert, wenn man die Seide wegreißt und sich darunter nicht mehr verbirgt als die Liebessklavin eines Mannes?«
Wütend starrte sie ihn an. »Ich bin nicht dumm. Alessandra hat auch diesen Teil meiner Erziehung nicht vergessen. Sie hat mich gelehrt, wie man Haltung und sich seine Würde bewahrt.«
Fast hätte er aufgelacht. Natürlich hatte Alessandra nicht allzu genau beschrieben, was geschah, wenn eine solche Situation außer Kontrolle geriet. »Sie haben mich um meinen Rat gebeten. Also hören Sie mich bitte an, während Sie über Ihre Entscheidung nachdenken. Es wird Männer geben, die Sie zuerst glauben lassen, Sie hätten die Kontrolle, weil sie sich bereits auf das Vergnügen freuen, das sie dabei haben werden, Sie zu brechen. In diesem Bereich gibt es nicht nur Ehrenmänner. Nur damit Sie es wissen.«
»Vielen Dank für die Lektion, Mr Albrighton.« Sie wandte sich um und ging in eine andere Richtung davon.
Mit Leichtigkeit schloss er wieder zu ihr auf. Er ertrug ihr gereiztes Schweigen und sagte sich, dass er nicht um seinetwillen so grob gewesen war, sondern nur, um sie zu schützen.
Und doch war es teilweise auch seinetwillen gewesen. Der Gedanke daran, dass sie zu Dargent gehen würde – und das auch noch freiwillig –, weckte in ihm Mordgelüste gegenüber dem Mann.
Er führte sein nächstes Argument ins Feld, um sie davon abzubringen, sich wegen dieser Schuld zu etwas verpflichtet zu fühlen. Doch bevor er sprechen konnte, begann sich vor ihren Augen ein kleines Drama abzuspielen. Eine Frau, die er wiedererkannte, kam ihnen auf dem Weg entgegen. Sie war groß und dunkelhaarig und trug ein grünes Ensemble mit fellbesetzter Samtpelisse. Begleitet wurde sie von einer schlichter gekleideten Frau, wahrscheinlich einer Zofe.
Als die dunkelhaarige Frau Celia und ihn erblickte, blieb sie stehen. Sofort blickte sie nach rechts und links auf das matschige Gras auf jeder Seite, als ob sie nach einem Fluchtweg suchen würde. Als ihr klar wurde, dass es unklug wäre, die Promenade zu verlassen, richtete sie sich kerzengerade auf und ging mit steinerner Miene weiter.
Auf unschickliche Weise genoss Jonathan es, wie die Frauen sich näherten. Es gelang ihm, einen kurzen Blickkontakt herzustellen, auch wenn die Frau ihr Bestes gab, um genau das zu vermeiden. Als Reaktion starrte sie einfach durch ihn und Celia hindurch. Als sie dann an ihnen vorüberging, warf sie ihren Kopf theatralisch nach hinten und streckte die Nase in die Luft.
Celia errötete zutiefst, doch in ihren Augen erschien ein eisiger Blick. Sie sprach erst wieder, als er sie zu ihrer Kutsche zurückbegleitet hatte.
»Ihr Rat zu meinem Problem ist vermerkt, Mr Albrighton, auch wenn er mir wie eine unnötige Lektion vorgekommen ist, die man vielleicht einem Kind erteilen würde.«
»Es war nicht meine Absicht, zu Ihnen wie zu einem Kind zu sprechen, sondern wie zu einer Frau, die ihre zukünftigen Ein- und Ausgaben kalkuliert.«
»Dann war der Umstand, dass uns diese Dame gerade geschnitten hat, nicht besonders günstig für Ihre Zwecke, da er mich daran
Weitere Kostenlose Bücher