Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
Verlangen. Die erste Berührung ließ ihn in Sphären reinster Empfindung gleiten. Dann wanderten auch ihre Küsse immer tiefer und ihre Lippen umfingen ihn. Er schloss die Augen und ergab sich ihrer köstlichen Folter.
»Woher kanntest du sie eigentlich, meine Mutter?«
Sie lag aufgestützt auf einen Arm, während sie diese Frage stellte. Jonathan war nackt, und seine Kleidung war überall im Raum verstreut. Sie lagen auf ihrem Bett zwischen den Laken, Haut an Haut. Das Feuer war schon weit heruntergebrannt und schickte tanzende, blasse Lichter durch die Schatten.
»Warum fragst du?«
»Kannst du nicht einfach mal auf eine Frage antworten, Jonathan? Musst du immer ausweichen? Ich frage, weil ich heute viel über sie nachgedacht habe.«
»Meinetwegen?«
Sie lachte. »Meine Güte, bist du eingebildet.« Doch sie wusste, was er gemeint hatte. Und was er wohl befürchtete, wie sie annahm. »Vielleicht auch ein wenig deinetwegen. Aber mir ist klargeworden, wie wenig ich über sie weiß. Über dieses Haus, zum Beispiel. Über ihre Vergangenheit.«
Er zog sie in seine Umarmung zurück. »Sie kannte meine Mutter. Als diese krank wurde, kam sie vorbei. Als meine Mutter gestorben war, war Alessandra eine der wenigen, die bei der Trauerfeier anwesend war. Jahre später hat sie mir mal erzählt, sie habe meiner Mutter gesagt, dass es schön und gut ist, einen Earl zu lieben und seine Geliebte zu sein, aber dass man vorher eine Vereinbarung treffen müsse. Wie es scheint, hat meine Mutter ihren Rat absichtlich ignoriert. Ich habe keine Ahnung, warum.«
Ich aber schon. Seine Mutter hatte nicht die Hure des Earls sein wollen. Entweder hatte sie auf mehr gehofft, oder sie hatte es vorgezogen, es bei einer üblichen Affäre zu belassen.
Doch das würde sie Jonathan nicht erklären. Das brauchte er nicht zu wissen.
»Nachdem ich die Universität verlassen habe, schrieb mir Alessandra, dass ich sie besuchen solle, wenn ich jemals einen Freund brauchen würde. Da ich damals nur wenige Menschen in London kannte, tat ich es.«
»Sie bot dir zwar einen ungewöhnlichen Zugang zur Gesellschaft, aber einen ausreichenden, nehme ich an. Du warst so in der Lage, all diese wichtigen Männer in ihren Salons und bei Abendgesellschaften kennenzulernen.«
»So sah sie es jedenfalls. Es war sehr gütig von ihr, sich nach all den Jahren überhaupt noch an mich zu erinnern.«
Das erklärte viel, dachte Celia. Warum dieser junge Mann dabei gewesen war, auch wenn er als Gönner niemals akzeptiert worden wäre. Warum Alessandra das Dachbodenzimmer an ihn vermietet hatte. Sie hatte dem Sohn einer alten Freundin geholfen, die im Namen der reinen Liebe dumm genug gewesen war, keine Vorkehrungen für ihn zu treffen.
»Wusste sie von deiner Arbeit für die Regierung? An der Küste und so weiter?«
»Ich glaube, sie hat es vermutet. Sie hat mich niemals gefragt, wohin ich ging, wenn ich mich von ihr verabschiedete. Es war, als hätte sie genau gewusst, dass ich ihr keine Antwort geben würde.« Nun stützte er sich ebenfalls auf einen Arm auf. Seine andere Hand begann sie zu streicheln. »Du hast viel über diese Sache nachgedacht. Viel zu viel für eine Nacht. Ich glaube, du brauchst ein wenig Ablenkung.«
Seine langsame Berührung ließ das Nachdenken ohnehin schnell unmöglich werden. Sie schloss die Augen und gab sich ganz der Wonne hin, die er ihr verschaffte.
»Wer hat dich gelehrt, deinen Mund so einzusetzen, wie du es getan hast, Celia?
Überrascht öffnete sie ihre Augen. »Sie natürlich.«
»Du hast das noch niemals zuvor wirklich getan?«
»Wärst du eifersüchtig, wenn doch?«
Er blickte auf seine Hand, während sie seinen Gesichtsausdruck beobachtete. »Ja.«
Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie das charmant oder ärgerlich finden sollte. Sie entschied sich für Ersteres, allerdings wurde diese Ansicht von seinen Zärtlichkeiten unterstützt. Eifersucht war besser als Schuldgefühle. Sie nahm an, dass er zu Letzterem neigte. Wahrscheinlich lehrte man Männer an der Universität alles über Schuldgefühle.
Sein Blick durchbohrte sie. »Willst du es mir nicht sagen?«
»Es war nicht zu übersehen, dass du zumindest in einer Hinsicht mein erster Liebhaber warst. Der Rest geht dich nichts an.«
Er schmunzelte, und sein Blick funkelte amüsiert. »Du bist nicht so raffiniert, wie du glaubst, Celia. Das allein sagt schon viel aus. Den Rest kann ich an deinen Augen ablesen und an deinem Stöhnen hören. Es ist eine Sache,
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