Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
beendet hatte, kam das Frühstück. Sie setzte sich zu ihm, während er aß. Sie sprach nicht, aber es war unmöglich, die letzte Nacht aus den Blicken, die sie sich zuwarfen, zu vertreiben. Die Erinnerungen hingen zwischen ihnen, ohne das auch nur ein Wort gesprochen wurde. Doch er spürte, dass Worte benötigt wurden. Sie wollten sich formen, seit er im Morgengrauen Celias Seite verlassen hatte.
»Gehen Sie heute aus, Mr Albrighton?«, fragte Celia, als Bella das Geschirr abräumte.
»Das hatte ich vor.«
»Vielleicht könnten Sie davor noch ein paar Minuten für mich erübrigen. Ich würde Ihnen gerne etwas zeigen.«
Höflich folgte er ihr in die Bibliothek. Sie schloss die Tür hinter ihnen, stellte sich dann auf die Zehenspitzen und küsste ihn.
Das war nicht mehr genug. Das würde es von nun an niemals sein. Er nutzte die Ungestörtheit, um Celia zu umarmen und ausgiebig zu küssen. »Du wirst mir wohl mehrfach am Tag etwas in der Bibliothek zeigen müssen«, sagte er.
»Es war kein Vorwand für geheime Küsse, Jonathan. Es gibt wirklich etwas, das ich dir zeigen wollte. Sieh mal hier.«
Sie ergriff seine Hand und führte ihn an einen Tisch. Dort lag eine Foliomappe aus marmorierter Pappe. Als sie diese aufschlug, sah er einen beträchtlichen Stapel Blätter. Das oberste war ein Aquarell des Gartens. Sie hob ein paar der Blätter an, um zu zeigen, was sich noch im Stapel befand. Weitere Zeichnungen kamen zum Vorschein, die alle Wappen zeigten.
»Sie befanden sich in Mamas Truhe. Erinnerst du dich an den Tag, als ich die Mappe am Boden gefunden habe? Die hier waren unter den Aquarellen. Ich glaube, dass sie einen Hinweis auf meinen Vater enthalten. Du hast gesagt, dass du mir vielleicht helfen könntest, wenn du mehr Informationen hättest. Die habe ich nun.«
Sie deutete auf einige Zahlen auf den Rückseiten und erläuterte ihre Theorie, dass es sich um Daten handelte. Sie zeigte, dass die zehn kolorierten auf lange Affären hindeuteten, und dass drei davon vor ihrer Geburt stattgefunden hatten.
Er starrte auf die Wappen, die dazugehörigen Daten und die Namen, die sie enthüllten. Verdammt! Celia war über die Liste von Alessandras Liebhabern gestolpert, die er für Edward finden sollte.
»Denkst du, dass das helfen könnte?«
»Wobei?«
»Herauszufinden, wer mein Vater ist?«
»Ich werde die Zeichnungen mit in mein Zimmer nehmen und sie mir genauer anschauen.«
Verwundert legte sie ihren Kopf schief. »Warum ist das nötig? Ich weiß, wer diese drei Männer sind. Enderby, Barrowleigh und Hartlefield. Verity hat die Wappen erkannt. Was die anderen angeht …« Sie deutete auf den unkolorierten Stapel. »Sie sind unwichtig.«
Oh, das waren sie nicht. Er musste sich genau mit diesen Zeichnungen und ein paar Büchern über Wappenkunde beschäftigen. Er wollte sehen, auf welchen von ihnen Daten vermerkt waren, die nicht so lang zurücklagen wie Celias Geburt. Daten von vor etwa fünf Jahren, als er sich auf der verhängnisvollen Mission an der Küste von Cornwall befand. Er musste …
Jonathan bemerkte, dass Celia ihn musterte, als würde sie mehr sehen, als sein Gesichtsausdruck verriet.
Er sah in ihre fragenden, beunruhigten Augen, dann auf die Zeichnungen. In den Wappen steckten Antworten, davon war er überzeugt. Die Wahrheit über Alessandra und wahrscheinlich ein Hinweis auf den Mann, dessen Indiskretion in diese Falle geführt hatte. Mit diesen Zeichnungen würde er in ein oder zwei Tagen möglicherweise alles wissen.
Und was dann? Diese Frage drängte sich ihm auf.
Er stellte sich vor, wie desillusioniert das wunderschöne Gesicht vor ihm wirken würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Was würde sie denken und fühlen, wenn sie erfuhr, dass ihre Mutter dieses Land und während dieser Verhandlungen mit Anthony vielleicht sogar ihre eigene Tochter verraten hatte?
»Wenn sie unwichtig sind, solltest du sie vielleicht verbrennen«, sagte er.
»Warum sollte ich das tun? Sie sind wie ihr Tagebuch. Es war ihre eigene Hand, die sie gezeichnet hat. Sie hat mir sehr wenig hinterlassen, besonders was persönliche Dinge angeht.«
»Sie könnten für einige der Männer, mit denen sie eine Affäre hatte, beschämend sein.«
In ihrem Blick tauchte ein Funkeln auf. »Nur, wenn die falsche Person sie sieht und durchschaut, wofür diese Zahlen auf den Rückseiten stehen. Ich bezweifle, dass das passieren wird.« Ihre zarten Finger blieben auf dem obersten kolorierten Bild liegen. »Was diese drei
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