Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
Gegenteil! Lass mich dir erklären, was geschehen ist. Sie versuchte, Sebastian in den Streit hineinzuziehen, was, wie sie jetzt weiß, ziemlich ungeschickt von ihr war. Er hat sich auf meine Seite gestellt und gesagt, dass ich dich in Zukunft offen empfangen würde und dass sie das entweder akzeptieren oder das Haus verlassen müsste.« Audrianna entschied, dass ihr Haar nun ausreichend geglättet war. Ihre Hände sanken wieder in ihren Schoß und sie blickte ihre Freundin unschuldig an. »Also hat Sebastian mir sozusagen befohlen, dich offen zu empfangen, und seine Mutter damit aus dem Haus getrieben.«
»Ich verstehe. Wie praktisch.«
»Ja, nicht wahr? Ich glaube, Sebastian ist recht stolz auf diesen brillanten Einfall.«
»Wo wir gerade von deiner Schwiegermutter sprechen – ist ihr vor ihrer Abreise eingefallen, was damals über meine Mutter geredet wurde?«
»Sie hat sich an mehr erinnert, als ich erwartet hatte, aber die Männer sind wohl das Interessanteste für dich, oder? Sie erwähnte beiläufig, dass Hartlefield weder einen Erben noch eine Tochter hatte, obwohl er bis zu seinem Tod dreimal verheiratet gewesen war.«
»Auch wenn es möglich ist, dass er das Unglück hatte, drei unfruchtbare Frauen zu heiraten, scheint es doch eher …«
»Es gibt einige Leute, die aufgrund solcher Fälle der Meinung sind, dass die Ursache tatsächlich beim Mann liegen kann. Wenn dem so ist und du mit diesen Zeichnungen recht hast, ist der Mann, den du suchst, entweder Barrowleigh oder Enderby.«
»Hat sie über diese beiden etwas Interessantes gesagt?«
»Sie sagte, dass Enderbys Affäre mit Alessandra heftig, aber kurz gewesen wäre, weil er sich in eine andere Frau verliebt und diese kurz darauf geheiratet hat. Was Barrowleigh angeht, hieß es, dass er Alessandra heiraten wollte, ganz egal, was die Leute sagen, dass sie ihn aber nicht als Ehemann akzeptiert hat. Vielleicht hat er ihr diesen Antrag gemacht, weil er wusste, dass sie sein Kind in sich trug?«
»Vielleicht.« Doch nicht notwendigerweise. Es war nicht der einzige Heiratsantrag, den Alessandra über die Jahre bekommen hatte. Die Lust konnte Männer dazu bringen, impulsiv zu handeln.
Barrowleigh oder Enderby. Sie würde alles über die beiden herausfinden müssen. Es war aufregend, endlich so kurz vor einem Durchbruch zu stehen. Vielleicht würde sie Jonathans Hilfe gar nicht mehr brauchen.
»Sie wusste noch mehr Dinge, Celia. Andere Gerüchte.« Audriannas Tonfall hatte seine Leichtigkeit verloren.
»Was für andere Dinge?«
Sie seufzte. »Man erzählte sich, dass einer der ersten Liebhaber deiner Mutter ein Franzose war. Ein Emigrant. Angeblich soll er während des Krieges seine Ohren für Frankreich offengehalten haben.« Sie lehnte sich vor, legte ihre Hand auf Celias und drückte sie leicht. »Es hieß außerdem, dass sie das ebenfalls getan hätte.«
Celia betrachtete den besorgten Ausdruck ihrer Freundin, dann die Hand, die ihre beruhigend und beschwichtigend hielt.
Sie konnte nicht anders und begann zu lachen. »Alessandra eine Spionin? Audrianna, das ist lächerlich. Warum sollte sie das tun? Sie stammte aus Yorkshire, um Himmels willen! Man konnte es immer noch an ihrer Sprache hören, so sehr sie es auch zu verbergen suchte. Warum sollte sie so etwas tun?«
»Für Geld. Oder aus Liebe.«
»Ich kann das einfach nicht glauben. Das ist doch nichts als Klatsch alter Weiber. Der bloße Gedanke daran ist mehr als lächerlich.«
»Das dachte ich auch. Ich bin sicher, dass nichts Wahres daran ist. Ich wollte es dir eigentlich nicht einmal erzählen. Aber ich glaube, dass du es wissen solltest, während du nach deinem Vater suchst.«
»Du denkst, dass es vielleicht gar nichts mit mir zu tun hat, dass er die Vaterschaft verschweigt, sondern mit anderen Umständen?«
»Betrachte es auf jeden Fall als Möglichkeit. Vielleicht hat er diese Gerüchte ebenfalls gehört und will nicht, dass sein Name mit ihrem in Verbindung gebracht wird. Ein Mann von guter Reputation würde wohl nur ungern erklären müssen, seiner Geliebten nichts verraten zu haben, was sie an ihren französischen Freund hätte weitergeben können, oder?«
Wahrscheinlich nicht. Diese Erklärung wirkte einleuchtend, ganz egal, wie wütend sie darüber war, dass der Name ihrer Mutter mit solchen Gerüchten in Verbindung gebracht wurde.
Wenn Audrianna recht hatte, wenn das der Grund dafür war, warum der Name ihres Vaters zu einem Geheimnis gemacht worden war, würde es ihm
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