Eine Lady zu gewinnen ...
er nicht so eingebildet.
»Was haben Sie gerade gesagt?«, fragte sie. Jetzt war es an ihr, selbstgefällig zu sein.
Er schloss die Augen. »Sie sind ein unverschämtes kleines Biest, das … Oh Gott …« Mit einem Stöhnen presste er sich an ihre Hand. »Ja, so ist es richtig. Genau da … Gott steh mir bei …«
»Sharpe!«, rief eine Stimme von draußen.
Es schien ihr, als ob sie die Stimme Gottes vernahm, doch diese Stimme brachte keine Erlösung.
In Panik zog sie ihre Hand von Gabriels Hose weg. »Das ist Poppy! Wenn er uns in diesem Zustand findet …«
Eine Sekunde lang starrte Gabriel sie verständnislos an.
Sie schüttelte ihn. »Wenn er Sie hier mit mir zusammen findet, dann gibt es keine Hochzeit, kein Duell, gar nichts, nur ihren wohlgeformten Körper, aufgespießt auf die Heugabel da drüben.«
Ein träges Grinsen erschien auf Gabriels Gesicht. »Finden Sie, dass ich einen wohlgeformten Körper habe?«
»Gabriel!«
»Oh, schon gut.« Er erhob sich und strich sich das Stroh von Oberkörper und Hosen.
»Sharpe!«, erscholl wieder Poppys Stimme, jetzt schon aus nächster Nähe. »Wo zum Teufel stecken Sie?«
In fliegender Hast knöpfte sie ihr Kleid zu.
»Wir sollten uns nicht immer irgendwo treffen, wo Leute uns stören können, mein Liebling«, sagte Gabriel, während er ihr das Schultertuch zuwarf. »Es verdirbt jedes Mal die Stimmung.«
Sie funkelte ihn an.
Als unten am Stalltor gerüttelt wurde, flüsterte er: »Bleiben Sie liegen«, und ging hinüber zu der Heugabel, die sich immer oben auf dem Heuboden befand.
Es war keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment betrat Poppy den Stall. Sie ließ sich so tief wie möglich ins Stroh sinken und betete, dass sie von unten nicht zu sehen war. Glücklicherweise gelang es Gabriel noch, eine Gabel Heu über sie zu werfen, bevor er an den Rand des Heubodens trat.
»Ja, General«, rief er. »Wollen Sie etwas von mir?«
Ein kurzes Schweigen folgte, und sie starb tausend Tode, weil sie überzeugt war, dass Poppy ihre Anwesenheit oben auf dem Heuboden erraten hatte.
»Was zum Teufel machen Sie da?«
Gabriel schaufelte eine Gabel Heu über die Brüstung. »Was Sie mir aufgetragen haben.«
»Haben Sie mich nicht rufen gehört?«
»Nein. Bitte entschuldigen Sie, man hört schlecht hier oben.«
»Also gut. Ich brauche Ihre Hilfe mit dieser verdammten Stute, die Lord Danville gerade gebracht hat. Er hatte gesagt, dass er erst morgen kommt, aber jetzt taucht er mit dem verdammten Pferd auf und erwartet von mir, dass ich alles stehen und liegen lasse, damit sie gleich gedeckt wird. Die Stallburschen sind bei Ghost Rider, und sonst ist niemand da. Also kommen Sie herunter. Und ziehen Sie Ihre verdammten Kleider an. Ich will nicht, dass meine Enkelin Sie nackt sieht.«
»Zu spät«, flüsterte Gabriel leise, während er an ihr vorbeischlenderte und die Heugabel gegen einen Balken lehnte. Dann kletterte er die Leiter herunter.
Sie hielt den Atem an und wartete darauf, dass die beiden Männer den Stall verließen.
»Was wissen Sie über Araberhengste?«, fragte Poppy.
Sie lauschte, wie Gabriel sich unten im Stall hin und her bewegte. Vermutlich zog er sich Hemd und Jacke an.
»Ich habe gehört, dass sie ziemlich reizbar sein können.«
»Nur wenn man sie falsch behandelt. Sie haben von Natur aus eigentlich ein ruhiges Temperament. Roger sagte immer, dass ein Araberhengst so reizbar sei wie sein Besitzer, aber das kann man wahrscheinlich von den meisten Pferden sagen.«
In ihre Unterhaltung vertieft verließen die beiden Männer den Stall, aber Virginia blieb noch eine ganze Weile still liegen. Als Poppy ihren Bruder erwähnt hatte, war sie wie gelähmt gewesen.
Sie hatte ihn vollständig vergessen. Berauscht von ihrem törichten Begehren und geblendet von Gabriels süßen Worten hatte sie nicht mehr an ihren Bruder gedacht.
»Roger, es tut mir leid«, flüsterte sie, als sie sich aufsetzte, aber es gelang ihr nicht, damit ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen.
Während sie im Stehen den Rest ihrer Garderobe wieder in Ordnung brachte, schwankte sie in Gedanken zwischen Rechtfertigungsversuchen und Selbstvorwürfen, weil sie das Andenken ihres Bruders verraten hatte. Doch dann wurde ihr etwas klar.
Es war höchste Zeit, dass sie herausfand, was genau in der Nacht und am Morgen vor dem verhängnisvollen Rennen wirklich geschehen war. Vorher würde sie mit Gabriel keine Ruhe finden. Egal, wie schwierig es für ihn – und für sie – werden
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