Eine Lady zu gewinnen ...
Lordschaft ist nicht einer von deinen Dienstboten, den du herumkommandieren kannst.«
»Das würde ich gern tun«, sagte Gabriel, »aber meine Verabredung ist sehr frühmorgens.«
Ihr Großvater beäugte ihn misstrauisch. »Frühmorgens kann ein Mann nur eine Art von Verabredung haben: mit einer Frau.«
Ärger flackerte in Gabriels Miene auf. »Zufälligerweise bin ich mit einem Gentleman verabredet. Es geht um eine Wette.«
Als ihr dämmerte, um was für eine Art von Wette es sich zweifellos handelte, wirbelte Virginia herum und sah Gabriel direkt ins Gesicht.
»Sie fahren ein Rennen«, stieß sie mit mühsam unterdrückter Empörung hervor.
Mit einem bemüht unbeteiligten Gesichtsausdruck hielt ihr Gabriel seinen leeren Krug hin. »Und was wäre, wenn?«
Als sie ihm den Krug aus der Hand nahm, trafen sich ihre Blicke. Sie konnte kein Anzeichen dafür erkennen, dass ihre Empörung irgendeinen Einfluss auf ihn hatte. Er konnte ihr noch so viele Komplimente über ihre Arbeit auf der Farm machen, aber das änderte nichts an seinem Charakter. Er war immer noch der Todesengel, immer noch so rücksichtslos und leichtfertig wie immer.
Sie hatte wirklich genug davon. Es war Zeit, sich ein für alle Mal Klarheit darüber zu verschaffen, was für eine Art Mann er wirklich war. Sie konnte dieses Spiel nicht länger weiterspielen, ohne genau zu wissen, was sich zwischen ihm und Roger abgespielt hatte.
Sie drehte sich zu ihrem Großvater um. »Du hast versprochen, dass wir zusammen ausfahren dürfen, wenn Lord Gabriel eine Woche lang hier arbeitet. Ich will die Ausfahrt jetzt machen.«
Poppy blies sich auf wie ein Pferd bei einer Kolik. »Ich habe auch gesagt, dass ich dabei sein will. Und ich kann jetzt nicht von der Farm weg. Lord Danville kommt jeden Moment, um nach seiner Stute zu sehen.«
»Ich nehme Hob mit. Er sollte als Aufpasser genügen.«
»Aber Lämmchen …«
»Du bist es uns schuldig, Poppy.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Ich bin sehr geduldig gewesen, aber es steht mir zu, Zeit mit meinem Freier zu verbringen. Nach allem, was er in dieser Woche geleistet hat, ist es das Mindeste, was du tun kannst, deine Erlaubnis zu geben.«
Ihr Großvater musterte erst sie und dann Gabriel mit finsterem Blick. Aber es musste ihm klar sein, dass er Gabriel wie ein Pferd hatte schuften lassen und dass Gabriel es mit erstaunlichem Gleichmut hingenommen hatte.
»Na gut, dann raus mit euch«, brummte er schließlich. »Aber bleibt nicht zu lange weg. Es ist nur noch eine Stunde bis Sonnenuntergang, und du solltest nicht nach Anbruch der Dunkelheit mit ihm unterwegs sein.« Dann wandte er sich zu Hob: »Und du lässt keinen von den beiden auch nur für eine Minute aus den Augen, verstanden?«
»Ja, Sir«, antwortete Hob.
Kurz darauf half Gabriel ihr in den Carrick, während Hob auf den Bedientensitz auf der Rückseite der Kutsche kletterte. Da es ihr Carrick war, nahm Virginia aus Gewohnheit die Zügel, und Gabriel erhob keinen Einspruch.
Obwohl das Verdeck der Kutsche sie von dem Stallburschen trennte, wollte sie ungestörter mit ihm reden, als es in dem Carrick möglich war. »Wir fahren an einen Ort, wo wir unsere Ruhe haben.«
Als sein Blick verhangen wurde und mit fast schmerzhafter Langsamkeit an ihrem Körper hinabglitt, bereute sie ihre missverständlichen Worte. Sie wollte nicht, dass er sich falsche Hoffnungen machte. Zwar sehnte sie sich danach, sich in seinen Armen zu verlieren, doch das war unmöglich – nicht bevor sie ein paar Dinge geklärt hatten.
Nach etwa einer halben Meile lenkte sie den Carrick in einen Feldweg, der bald auf eine kleine Lichtung mündete. Noch bevor sie die Kutsche ganz zum Stehen gebracht hatte, sprang Gabriel bereits zu Boden. Als er sie aus dem Carrick hob, verharrten seine Hände länger als nötig auf ihren Hüften und lösten ein leises Prickeln in ihrem Bauch aus, das sie jedoch unbarmherzig unterdrückte. Sie warf ihm einen missbilligenden Blick zu und ging zum Heck der Kutsche.
»Hob, wenn du den Pferden auf der Straße ein wenig Bewegung verschaffen könntest, wäre ich dir sehr dankbar …«
Hob sprang von seinem Sitz herunter und sah trotzig von ihr zu Gabriel. »Der gnädige Herr hat gesagt, dass ich Sie nicht aus den Augen lassen soll. Der gnädige Herr hat gesagt …«
»Vielleicht sollte ich der Wirtschafterin sagen, dass du und Molly euch nachts heimlich im Stall trefft.«
Sie hatte Hob nicht nur deshalb als »Anstandsdame« ausgewählt, weil er der
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