Eine Leiche im Badehaus
dem, was da auf uns zukam.
Ein Mann, zu Fuß.
Vollkommen nackt! Weißer Torso, tief gebräunte Arme und Beine, weit aufgerissene Augen. Sich seines komischen Aufzugs überhaupt nicht bewusst.
Ich entspannte mich etwas und lachte. Der Leibwächter stieg mit einem ungläubigen Grinsen vom Pferd. Er band es zusammen mit meinem Pony an eine Säule und holte eine der Fackeln, damit wir mehr Licht hatten. Ich rutschte zur Seite, sprang hinab und stellte mich dann diesem lächerlichen nackten Mann entgegen. Als er mich erreichte, zuckte er erschrocken vor meinem gezogenen Schwert zurück.
Es war der Bauleiter. Mit hochrotem Gesicht stolperte er rückwärts gegen eine Gartenbank. Er rang so schwer nach Atem, dass er kurz vor dem Ersticken zu sein schien. Seine Kleider trug er in einem Bündel unter dem Arm, das er fallen ließ. Der Leibwächter behielt die nähere Umgebung sorgsam im Auge, und so konnte ich mich darauf konzentrieren, Cyprianus zu beruhigen. Ich griff in sein Kleiderbündel und zog eine Tunika heraus.
Schließlich wurde sein pfeifender Atem langsamer. Er zog die schmuddelige blaue Tunika über, die ich ihm hinhielt. Als sein Kopf durch den Halsausschnitt kam, starrte er mich einen Moment lang nur an. Was auch immer passiert war, musste größere Ausmaße haben.
Er hustete, dann bückte er sich tief, um sich Sand von den Füßen zu wischen und seine Stiefel anzuziehen. »Sie kommen besser mit, Falco.« Seine Stimme war heiser vor Anstrengung.
»Was ist es? Oder sollte ich sagen, wer ?«
»Pomponius.«
»Verletzt?« Unwahrscheinlich. Cyprianus hätte den Sanitäter zu Hilfe geholt, statt hierher zu mir zu rennen.
»Tot.«
»Kein Zweifel daran?«
Ein wehmütiger Ausdruck huschte über Cyprianus’ Gesicht. »Leider nicht, Falco. Absolut kein Zweifel.«
XXXV
Ich ging voran, nahm den Weg durch das Haus. Damit vermieden wir, weitere Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, bevor ich die Sache nicht mit eigenen Augen gesehen hatte. Wir betraten das alte Haus durch meine Unterkunft, was mir die Möglichkeit gab, meinen Mantel loszuwerden und eine Fackel zu holen. Helena kam herein, aber ich schüttelte warnend den Kopf, und sie ging wieder und nahm Maia und Hyspale mit. Mein grimmiges Gesicht musste Helena verraten haben, dass etwas passiert war. Dann setzten wir unseren Weg durch einen abgelegenen Korridor fort.
Cyprianus hatte Pomponius im Badehaus gefunden. Wenigstens würde seine Leiche frisch gewaschen sein. Erst an diesem Morgen hatte ich mich mit ihm gestritten. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf, dass ich froh war, für diesen Abend ein Alibi zu haben.
Ich betrat das Badehaus allein, während ich die Fackel mit der einen und mein Schwert mit der anderen Hand umklammerte. Beides reichte nicht aus, Furcht zu zerstreuen. Wenn man weiß, dass man gleich eine Leiche sehen wird, fangen die Nerven an zu vibrieren, egal, wie oft man das schon erlebt hat. Die Fackel warf bizarre Schatten an die rosa getünchten Wände, und mein Schwert war auch keine Beruhigung. Ich hab’s nicht mit dem Übernatürlichen, aber falls der Geist des Architekten noch im Heißraum herumspukte, war nur ich da, den er verfolgen konnte.
Der Eingang und der Umkleideraum waren schwach von Öllampen auf Bodenhöhe erleuchtet. Die meisten hatten kaum mehr Brennstoff. Einige waren bereits ausgebrannt, ein paar flackerten wild, mit hohen, rußenden Flammen kurz vor dem Verlöschen. Ein Sklave hatte vermutlich frisches Öl nachgegossen, als die Abenddämmerung hereinbrach. Normalerweise wurde vor dem Abendessen gebadet, also lag der größte Andrang einige Stunden zurück. Nur die Tatsache, dass es sich hier um eine große Gemeinschaft handelte, eine mit möglichen Spätankömmlingen von Rang, war der Grund, warum das Badehaus noch so spät in Betrieb war. In Palästen und öffentlichen Gebäuden muss für Männer, die durch berufliche Pflichten aufgehalten wurden, oder für gerade erst eingetroffene Reisende gesorgt werden.
In einem der Kleiderspinde lagen zusammengefaltete Kleidungsstücke, edler Stoff in leuchtenden Farben – türkis, abgesetzt mit braunen Streifen. Alle anderen Spinde waren leer. Nichts hing an den hölzernen Kleiderhaken. Ein paar gebrauchte Leinenhandtücher lagen verstreut auf den Bänken.
Sklaven waren nicht anwesend. Ein Heizer musste den Heizkessel für den Heißwasserspeicher in Gang halten, aber der Zugang zum Heizloch würde sich draußen befinden. Da man keinen Eintritt bezahlen musste und
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