Eine Leiche im Badehaus
kann dich rausschmeißen, ja. Bis nach Dalmatien ist es ein langer Weg, wenn man unehrenhaft entlassen worden ist, keine Transportmöglichkeit hat und der Lohn zurückgehalten wird.«
Dalmatien war die Provinz, in der seiner Aussage zufolge seine Mutter lebte.
Es gab noch einen hier, der in Dalmatien geboren war, einen britannischen Beamten in hoher Stellung. »Die höchste Stellung Ihres Vaters war die eines drittklassigen Steuereintreibers in einem Kuhdorf in Dalmatien«, hatte ich dem Mann einst trotzig an den Kopf geworfen. Damals war ich oft pampig. »Niemand außer dem Statthalter hat in Britannien mehr Gewicht als Sie …«
»Flavius Hilaris!«, rief ich aus. Wie konnte ich den vergessen haben? Schließlich hatte er uns sein Stadthaus in Noviomagus zur Verfügung gestellt. Sobald mein Auftrag erledigt war, wollte Helena, dass wir ihn und seine Frau in Londinium besuchten.
Gaius errötete leicht. »Der Finanzprokurator?«
»Ein guter Mann. Der Onkel meiner Frau, wusstest du das? Er wurde in Narona geboren.«
»Ach ja?«, murmelte Gaius.
»Hör auf, mir was vorzumachen.«
»Viele Leute kommen aus meiner Provinz, Falco.«
»Aber nicht viele landen hier. Wie alt bist du – in den Zwanzigern? Was hast du vor deiner Anstellung auf dieser Baustelle gemacht, Gaius?«
»Eine Machbarkeitsstudie für ein Forum.«
»Doch nicht das Forum in Novio? Das hab ich gesehen. Muss auf der Rückseite einer Rechnung für Wellhornschnecken geplant worden sein – einer, die jemand danach verloren hat. Wo , Gaius?«
»Londinium«, gab er zu.
»Unter der Nase des Provinzstatthalters – und der seiner rechten Hand. Hilaris ist gerecht. Er weiß, wie man Mitarbeiter auswählt. Es liegt ihm nicht, jemanden zu bevorzugen. Aber aus Dalmatien zu stammen kann dann schon von Vorteil sein. Und wenn er dich für vielversprechend hielt – tja! Seine Spezialität, zu deiner Information, ist die rare Fähigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. Auf diese Weise habe ich ihn kennen gelernt, und auch meine Frau, daher werde ich das kaum vergessen. Also sag mir, arbeitest du hier verdeckt für den Prokurator in Londinium?«
»Das hätte er Ihnen bestimmt erzählt, oder?« Der Schreiber, den man zu seiner eigenen Sicherheit zum Schweigen verpflichtet hatte, versuchte einen letzten Schachzug.
»Ich bin sicher, dass er mich voll informiert halten wollte«, antwortete ich steif.
»Administratives Versehen?«, murmelte Gaius. Er zeigte allmählich seine Belustigung.
»Ganz bestimmt. Und Helena Justinas Onkel auf seinem kurulischen Stuhl ist ein boshaftes Schwein.«
Wir schienen einander zu verstehen, also beließ ich es dabei. Gaius war gut eingesetzt, die Vorgänge auf der Baustelle zu beobachten, aber er war in einer ziemlich untergeordneten Position. Er leistete gute Arbeit. Das würde ich Hilaris sagen. Um die zukünftige Kontrolle zu erhöhen, war es das Beste, den eingeschleusten Schreiber wenn möglich hier zu belassen und seine Tarnung aufrechtzuerhalten. Also blinzelte ich ihm freundlich zu und fuhr mit meiner eigenen Arbeit fort.
Ich verbrachte ein paar Stunden damit, einen Bericht über die Baustellenprobleme und meine Gedanken zu ihrer zukünftigen Lösung zu entwerfen. Von Zeit zu Zeit kamen Leute herein, um sich von mir als Projektleiter Anforderungen abzeichnen zu lassen. Cyprianus war natürlich nicht auf der Baustelle. Er war mit den Wagen unterwegs, um Magnus und das Baumaterial von Marcellinus’ Villa abzuholen. Hier tat sich nicht viel.
Als mir nach frischer Luft war, machte ich einen Spaziergang. Überall standen heute verlassene Schubkarren an halb ausgehobenen Gräben herum. Ich konnte das entweder als eine Baustelle betrachten, auf der alles wegen eines echten Notfalls in der Schwebe war, oder als eine völlig normale, auf der, wie es oft der Fall war, niemand zur Arbeit erschienen war.
Ermittlungen nehmen ihren eigenen Schwung auf, wenn alles gut zu laufen beginnt. Hat man genügend entdeckt, werden rasch neue Verbindungen sichtbar. Es mag sogar helfen, sich mit gut gewählten, intelligenten Gehilfen zu umgeben.
Als Erstes kam Gaius so weit aus sich heraus, sich bei mir einschmeicheln zu wollen. »Wie geht’s dem Zahn, Falco?«
»Gut, bis du mich darauf angesprochen hast.«
»Tut mir Leid.«
»Ich hab versucht ihn selbst rauszureißen, aber er sitzt zu tief. Muss Alexas bitten, mir einen Zahnklempner zu empfehlen, bei dem es nicht so wehtut.«
»Da hängt ein neues Schild mit einem Hundezahn drauf,
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