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Eine Leiche im Badehaus

Titel: Eine Leiche im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bloß wissen lassen, dass es sie gab.
    Er war ein hagerer Mann mit zerfurchtem Gesicht und von offensichtlicher Intelligenz. Dunkelbraune Augen huschten überallhin. Jedes Mal, wenn er von seiner Bauhütte zu der überdachten Kantine ging, um sich ein heißes Getränk zu holen, würde er Ausschau halten nach Faulenzern, nach Fehlern, nach Gelegenheitsdieben, die mit listigen Augen auf Werkzeug und Material schielten – und falls man ihn gewarnt hatte, den sprichwörtlichen Mann aus Rom zu erwarten, dann hielt er auch nach mir Ausschau. Er strahlte Kompetenz aus. Und sein zurückhaltendes Benehmen bedeutete, dass er. ob er nun von meinem Untersuchungsauftrag wusste oder nicht, auch damit genauso gut zurande kommen würde, wenn ich mich ihm offenbarte. Wenn er so gut war, wie er laut meinen Sekretariatsinstruktionen sein sollte, würde er meine Anwesenheit begrüßen. Falls er schon zu lange aus Italien fort und zu selbstzufrieden oder sogar korrupt geworden war, würde ich aufpassen müssen. Der Grund, warum Bauleiter sich Höflichkeit leisten können, liegt darin, dass sie, abgesehen von dem Architekten, absolute Macht haben.
    Er wurde wieder weggerufen, um eine Frage über Vermessung zu beantworten. Er nickte mir zu, ein sanfter Wink zu verschwinden. Ich dachte gar nicht daran. Während er und der Agrimensor, der Feldmesser, mit dem groma hantierten, blieb ich, wo ich war (damit er sich keine Sorgen um mich machen musste), weigerte mich aber zu gehen wie ein ungehobelter Bursche, der keinen gesellschaftlichen Anstand besitzt. Dann verwickelte ein anderer den Bauleiter in ein Gespräch, wie das immer so ist, und ich versuchte mit dem Feldmesser zu quatschen, während der darauf wartete, die angefangene Tätigkeit fortsetzen zu können.
    »Macht ziemlich was her, die Baustelle.«
    »Ja, schon, wenn einem so was gefällt«, gab er zurück. Feldmesser sind traurige Gestalten. Intelligente, scharfsinnige Typen, die alle glauben, dass jedes neue Bauvorhaben in einer Katastrophe enden würde, wenn es sie nicht gäbe. Sie haben das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. In beidem haben sie völlig Recht.
    »Großes Projekt?«
    »Angelegt auf fünf Jahre.«
    »Groß genug, um aus dem Ruder zu laufen.« Ich machte den Fehler zu grinsen.
    »Danke für Ihr Vertrauen«, erwiderte er säuerlich. Ich hätte wissen müssen, dass ein Feldmesser das als persönliche Kränkung auffassen würde. Er wirkte angespannt, aber vielleicht war er bloß von Natur aus nervös. Er warf mir ein knappes »Entschuldigen Sie mich« hin.
    Wurde Zeit, dass ich mich durchsetzte. Ich hätte eine Schreibtafel und aufgezeichnete Notizen rausziehen können, doch das hätte mangelndes Fingerspitzengefühl verraten. Für offizielle Missionen braucht man ein gewisses Auftreten. Das besaß ich. Ich konnte Besorgnis hervorrufen, indem ich zum Rand eines neuen Mauerfundaments ging und einfach nur beobachtete, was die Arbeiter machten. (Sie legten zwischen einer doppelten Reihe von Stützpfählen per Hand Feuersteine in Zement ein. Genauer gesagt, ein Mann und ein Junge machten das, während vier weitere Männer hilfreich dabeistanden und sich nachdenklich auf ihre Schaufeln lehnten.)
    Als ich mich mit den Daumen im Gürtel hinstellte und einfach schweigend zusah, roch der Feldmesser den Braten sofort. Mit seinem halb versteckten Kopfrucken zur Warnung seines Kumpels hatte ich gerechnet. Der Bauleiter tauchte mit zusammengekniffenen Augen wieder neben mir auf. »Sonst noch was, Herr?«
    Ich wusste genauso gut wie er, dass sich Höflichkeit auszahlt. Aber ich begann so, wie ich weiterzumachen gedachte – kurz und bündig. »Mein Name ist Didius Falco. Ich habe vor einigen Jahren einen Auftrag für Flavius Hilaris erledigt. Es gab da ein paar Ungereimtheiten bei der Organisation der Silberminen. Jetzt hat man mich wieder gerufen.«
    Er blieb unverbindlich. »Zu meiner Baustelle?«
    »Genau.«
    »Mir wurde nichts davon gesagt.«
    »Aber es überrascht Sie nicht.«
    »Und was sollen Sie hier tun?«
    »Alles, was nötig ist.« Ich machte deutlich, dass es keine Schlamperei geben würde.
    Er war gewieft genug, keinen Widerstand zu leisten. »Sind Sie autorisiert?«
    »Von ganz oben.«
    »Londinium?«
    »Londinium und Rom.«
    Damit hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. »Wir haben gleich eine Besprechung. Ich stelle Sie unserem Projektleiter vor.«
    Der Projektleiter war mit Sicherheit ein Idiot, das war dem Bauleiter deutlich anzumerken. Kein Vertrauen in den

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