Eine Leiche zu Ferragosto
ersten Mal miteinander ins Bett gegangen waren, hatte er sich vorher ihren Personalausweis zeigen lassen.
Immerhin, die Mazzoleni würde ihn nun nie wieder quälen, das war schon ein ausgesprochener Erfolg. Schade, dass er nicht früher daran gedacht hatte.
Santomauro reichte es allmählich. Er hatte das Gefühl, hierhin und dorthin zu rennen, immer den Hinweisen eines unbekannten Strippenziehers folgend. Nichts war nach Plan verlaufen, was an sich nicht schlimm war, wenn er nur in dem, was er zu hören bekam, einen roten Faden hätte erkennen können. Stattdessen schien es ihm, als brächte jedes neue Detail eine neue Fährte mit sich und als hätte er sich inzwischen völlig verirrt.
Zuerst die Polignani mit ihren unerwarteten Klatschgeschichten und den zwei Namen, die er noch nicht kannte, Valentina und Samir. Dann die Capece Bosco, die ihn zumindest in einem Punkt belogen hatte und ihn zu ihrer guten Freundin Casaburi geschickt hatte, die er dummer Esel, vielleicht durch die peinliche Präsenz des Jesuiten oder wegen des betörenden Auflaufduftes, nicht ausreichend befragt hatte. Und nun gab es wieder einen neuen Namen, den des Architekten De Giorgio, und ein neues Motiv. Elena Mazzoleni hatte anscheinend einen Großteil ihres Lebens damit verbracht, sich zum Hassobjekt ihrer Freunde zu machen, und die Vorstellung, immer wieder den neuerlichen Bosheiten des zuletzt Befragten nachzulaufen, behagte ihm ganz und gar nicht. Deshalb würde er jetzt nicht zu De Giorgio gehen, sondern seine anfängliche Reihenfolge einhalten, derzufolge nun eine schnelle Überprüfung in Krishnamurti anstand, bevor der Tag zu Ende ging.
»Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle? Giovanbattista Sangiacomo.«
Santomauro hätte am liebsten nein gesagt, er erlaube nicht, und die Hand ausgeschlagen, die der andere ihm entgegenstreckte. Nein, wenn er einen möglichen Verdächtigen befragen wollte, war es weder seine Gewohnheit noch sein Wunsch, sich vor einer quasi splitternackten Bohnenstange wiederzufinden – bekleidet nur mit einem äußerst knappen Gästehandtuch –, die von Kopf bis Fuß triefte und dennoch allem Anschein nach hochbeglückt war, ihn zu begrüßen. Als er den Mann genauer betrachtete, die langen Koteletten, den Pferdeschwanz, den Goldohrring und das fast zu gut aussehende Gesicht, glaubte er ihn wiederzuerkennen. Das war doch dieser verflixte Journalist, der ihm seit gestern überall auflauerte, ausgerechnet in dessen Haus war er gelandet! Kein Wunder, dass der sich bei seinem Anblick freute. Noch bevor Santomauro überhaupt Luft holen konnte, sah er sich in einen Liegestuhl komplimentiert mit einem Glas Irgendwas in der Hand. Er wollte seinen Gastgeber zurückrufen, konnte aber nur noch einen flüchtigen Blick auf dessen feste und haarige Hinterbacken erhaschen, als dieser sich etwas anziehen ging. Resigniert überflog er schnell Gnarras Notizen, die er sich besser vorher in Ruhe durchgelesen hätte. Aus ihnen ging klar hervor, dass Sangiacomo Journalist war und außerdem Krimiautor, der in der Vergangenheit gelegentlich mit Elena Mazzoleni zusammengearbeitet hatte. Er gehörte nicht zu ihrem engeren Freundeskreis, und sie hatten sich fast nur zum Arbeiten getroffen, trotz benachbarter Urlaubsvillen.
»Sie war eine Hobbyschreiberin, Maresciallo, ich hingegen bin Profi, das erklärt doch alles, finde ich.«
»Was erklärt das, bitte schön?« Santomauro hatte genug von dem Rätselraten mit dem Schönling und war fest entschlossen, sich nicht die geringste Indiskretion über den Stand der Ermittlungen entreißen zu lassen. Sangiacomo hingegen schien jede Erinnerung an seine Bemühungen, ihm ein Interview zu entlocken, glückselig verdrängt zu haben, und hatte es sich, nun mit Shorts bekleidet, ihm gegenüber bequem gemacht. Hinter ihm reihte sich in schönster Ordnung eine beachtliche Sammlungvon Mondadori-Krimis sämtlicher Jahrgänge, von der der Maresciallo, erklärter Liebhaber des Genres, nur mit Mühe den Blick abwenden konnte. Vielleicht hatte der Mann ja doch einen guten Kern, sagte er sich und spitzte die Ohren.
»Es erklärt, warum ich nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, auf professioneller Ebene. Für Elena war das Schreiben Liebhaberei, das ist wohl der richtige Ausdruck. Sie schrieb Krimis, Erzählungen, kleine Thriller- und Horrorgeschichten in ihrer Freizeit, zwischen einem Bridgeturnier und einer Kreuzfahrt, genauso wie sie in Neapel eine Russischübersetzung einschob zwischen
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