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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Rückendeckung.« Gelassen wartete Bolitho auf andere Einwände. Als keine kamen, fuhr er fort: »Die Dons sind vielleicht auf weitere Husarenstückchen oder einzelne Kaperungen gefaßt. Drei Linienschiffe aber wird kein Mensch erwarten.«
    »Ein
normaler

Mensch bestimmt nicht«, knurrte Probyn.
    Bolitho nickte grimmig. »De n Angriff führt die
Lysande
r

aus.
    Farquhar, Sie bleiben seewärts und handeln den Erfordernissen entsprechend.«
    Farquhar hob die Augenbrauen ein wenig. »Ich entscheide also
selbst,

Sir?«
    Wütend fuhr Herrick dazwischen: »Sie fahren trotzdem noch keinen Kommo dorewimpel, verdammt!«
    Farquhar lächelte kühl. »Daran habe ich auch nicht gedacht.« Bolitho zerrte an seiner Halsbinde, als würge sie ihn. »Ich gebe Ihnen gleich schriftliche Order. Also dann, Gentlemen…«
    Herrick brachte sie hinaus und schloß die Tür. Bolitho setzte sich und stützte den Kopf in die Hände. Draußen hörte man die schrillen Pfiffe der Ehrenwache. Eine leichte Brise trieb die Schiffe unmerklich ostwärts über die See, die wie tiefblaue, leicht zerknitterte Seide vor ihnen lag. Wäre sie doch nur so ruhig gewesen, als die Boote der
Buzzar
d

den schlafenden Schoner kaperten! Es hätte halb so lange gedauert. Und Menschenleben gerettet.
    Herrick kam wieder. »Ich habe das Geschwader die alte Formation einnehmen lassen, Sir. Und Ihr Steward wartet.«
    »Danke, Thomas.«
    Herrick starrte auf den zerbrochenen Degen nieder. »Wenn er noch lebt, kann man vielleicht einen Austausch arrangieren…«
    Bolitho sprang auf. »Glauben Sie nicht, daß auch ich hin und her überlegt habe, was man tun könnte?« Er wandte sich ab, Tränen in den Augen. »Schicken Sie mir Allday, er soll…« Er brach ab; eine Sekunde lang sahen sie einander an wie Fremde.
    Dann sagte Herrick tonlos: »Ich kümmere mich um die Einzelheiten, Sir.«
    Bolitho öffnete den Mund, um ihn zurückzuhalten, fand aber keine Worte. Als er aufblickte, war Herrick gegangen.
    Ozzard, der Kajütsteward, schlüpfte herein und glitt quer durch die Kajüte zur Schlafkammer. Er sah Bolitho nicht an.
    Der saß auf der Bank und blickte ihm nach. Er wußte nicht viel über Ozzard, nur daß er tüchtig war und dem vorigen Kommodore gut gedient hatte. Es hieß, er wäre Anwaltsschreiber gewesen und hätte sich wegen irgendwelcher Unregelmäßigkeiten in der Kanzlei freiwillig zur Flotte gemeldet. Er war ein sehr ruhiger Mann und bewegte sich meist lautlos wie ein Wilddieb, auch jetzt, als er seinem Kommodore ein frisches Hemd herauslegte.
    Bolitho sah auf seine Hände, die beim Aufknöpfen des Hemdkragens zitterten.
    Er hat Angst vor mir, Angst, daß ich ihn schikanieren werde, bloß um meinen Kummer abzureagieren.
    Diese Erkenntnis machte ihn etwas ruhiger, aber gleichzeitig schämte er sich. »Danke, Ozzard«, sagte er freundlich, »ich komme jetzt schon allein zurecht.«
    »Bestimmt, Sir?« fragte der Mann unsicher und ging rückwärts zur Tür, als fürchte er immer noch, Bolitho würde auf ihn losgehen. An der Tür zögerte er. »Ich bin nicht ganz ohne Bildung, Sir«, sagte er. »Wenn Sie wünschen, könnte ich Ihnen vorlesen, dann verginge die Zeit vielleicht schneller. Und Sie brauchten nicht zu reden.«
    Bolitho wandte sich ab, um sein Gesicht zu verbergen. »Nein, jetzt nicht, Ozzard. Aber ich weiß Ihr Angebot zu schätzen. Mehr, als ich sagen kann.«
    Im Spiegel der schrägstehenden Fensterflügel sah er, daß der Mann hinausging, lautlos wie immer.

I n Gefangenschaft
    Richard Bolitho stand an der Achterdecksreling und sah in den Sonnenuntergang. Große, rostrote Flecken am Himmel ließen die westliche Kimm scharf hervortreten. Gemächlich glitt die
Lysander
unter Klüver und Marssegeln dahin; ihr breiter Rumpf neigte sich kaum vor dem Westwind, der ihr den ganzen Tag treu geblieben war.
    Er starrte über das Deck zum Vorschiff, durch Wanten und Stage und den fettigen, dünnen Rauch aus der Kombüse. Mit Mühe konnte er den winzigen Umriß der
Harrebel
l

ausmachen, die weit vor dem Flaggschiff lag. Ihre Maststengen und Rahen standen wie Kreuze im ersterbenden Tageslicht.
    Die anderen Schiffe seines Geschwaders waren am Nachmittag nach Süden verschwunden und würden jetzt mehr Segel setzen, um über den Punkt hinauszugelangen, an dem die
Lysander

angreifen sollte. Er vergegenwärtigte sich die Karte und stellte im Geiste noch einmal die bruchstückhaften Informationen zusammen, auf die er seine Taktik gebaut hatte. Er konnte die Küstenlinie

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