Eine letzte Breitseite
bei vollem Sold versprochen.
»Wenn der Wind ungünstig ist, halten wir uns von der Küste frei und variieren den Plan entsprechend.« Er warf einen Blick auf Grubbs wettergegerbtes Gesicht. »Aber der Master hat mir volle Unterstützung der höheren Autorität, als meine es ist, versprochen.«
Sie lachten, und es gab allerlei Scherze auf Kosten Grubbs. Der verzog keine Miene, doch offensichtlich hatte ihn diese Bemerkung gefreut. Bolitho wußte auch, daß Herrick ihn ständig beobachtete. Nur er begriff, wie schwer es Bolitho fiel, den versammelten Offizieren zu zeigen, daß ihr Kommodore sich von seinem tiefen privaten Kummer nicht ablenken ließ.
Bolitho hatte schon manch guten Freund auf See verloren. Keine Freundschaft war fester als die, welche in dem harten, das Äußerste fordernden Leben an Bord eines Kriegsschiffes entstand. Das Meer, Krankheiten, Entersäbel oder Kanonen hatten manches vertraute Gesicht ausgelöscht. Kein Wunder, daß die Männer über Pascoes Abwesenheit zur Tagesordnung übergingen. Nur wenige von ihnen dienten lange genug gemeinsam, um den Schmerz eines solchen Verlustes zu ermessen.
Er merkte, daß sie still geworden waren; er mußte eine ganze Weile stumm dagestanden haben. Fast heftig fuhr er fort: »Um so viel Verwirrung wie möglich zu stiften, geht die Marine-Infanterie im Schutz der Dunkelheit an Land.«
Sein Blick suchte Major Leroux, der steif aufgerichtet neben seinem Leutnant saß. Er hatte mit Leroux bisher nur dienstlich zu tun gehabt, aber der Mann hatte ihm Eindruck gemacht. Die seemännische Besatzung, Matrosen wie Offiziere, hegte eine Geringschätzung gegenüber der Marine -Infanterie, den »Bullen«, die schwer zu überwinden war. Ihr sturer Drill und die formale Disziplin paßten nicht zu der munteren und lässigen Art der Seeleute. Bolitho selbst hatte schon mit vielen Offizieren der Marine -Infanterie zu tun gehabt; und obwohl er bald ihre Loyalität und Kampftüchtigkeit schätzengelernt hatte, war ihm doch selten einer mit viel Eigeninitiative begegnet. Leutnant Nepean von der Marine-Infanterie war zum Beispiel so ein typischer Fall: untadelig im Äußeren und jederzeit dienstbereit, doch sah man schon an seinen stumpfen Augen, daß er lieber nach Befehl handelte, als selbst Entscheidungen traf.
Nur Major Jermyn Leroux war anders. Groß, schlank, breitschultrig, wirkte er trotz seiner militärischen Haltung eher wie ein Intellektueller. Bolitho hatte sich einmal auf dem Achterdeck mit ihm über Rekrutierung und Ausbildung seiner Soldaten unterhalten; niemals war Leroux dabei angeberisch geworden oder hatte Aussagen gemacht, die er nicht beweisen konnte.
»Ich werde die Einzelheiten morgen mit Ihnen besprechen, Major«, sagte er.
Leroux nickte. Er hatte stille, beinahe melancholische Augen und sah aus wie jemand, der sich fehl am Platze fühlt. »Abgesehen von Kranken und anderweitig Dienstunfähigen«, erwiderte er, »kann ich neunzig Mann stellen.«
»Das reicht.« Bolitho wandte sich an Herrick. »Drehbassen in die Boote, dazu Wurfanker für den Fall, daß wir Befestigungen stürmen müssen.« Er wartete keine Kommentare ab, sondern fuhr gleich fort: »Als Captain Javal den Schoner nahm, mußte das möglichst leise geschehen. Diesmal will ich, daß unser Kampfverband viel größer wirkt, als er tatsächlich ist.«
Einer der Achtzehnpfünder, mit denen man in der Offiziersmesse leben mußte, quietschte ein bißchen auf seiner Lafette, denn die
Lysander
bohrte soeben ihren plumpen Bug in ein Wellental. Gedämpfte Rufe an Deck, das Knarren des Ruderblattes unterm Heck verrieten, daß der Kurs korrigiert wurde.
»Wir haben diesmal«, fuhr Bolitho fort, »außergewöhnlich viel Handlungsfreiheit. Wir dürfen keine Gelegenheit versäumen, Informationen über die Absichten des Feindes zu sammeln und seine Abschirmung nach Möglichkeit zunichte zu mache n.« Er sah Herrick an. »Noch Fragen?«
Gilchrist stand auf. Sein Gesicht lag zum Teil im Schatten eines Decksbalkens. »Sind denn keine
Seeleut
e
bei der Landeabteilung, Sir?«
»Nur die unbedingt nötigen«, erwiderte Bolitho so ruhig er konnte. »Die Bucht, die wir ansegeln müssen, ist vielleicht gut verteidigt. Sicherlich wird so etwas wie eine Küstenbatterie vorhanden sein, wenn auch nur eine leichte. Captain Herrick braucht jeden verfügbaren Mann an Brassen und Geschützen, das kann ich Ihnen versichern.«
Die Erinnerung an den bevorstehenden Kampf verursachte eine Unruhe in der Messe wie der
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