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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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fast vor sich sehen, die Berge hinter der Bucht, die Wassertiefen und die Sandbänke. Im Gegensatz dazu gab es eine ganze Menge Fakten, die er
nicht

kannte: Zum Beispiel, was der Feind an einem bestimmten Ort tat, beziehungsweise ob es wirklich so wichtig war, daß es sich lohnte, die ihm anvertrauten Schiffe deswegen zu riskieren.
    Das Großmarssegel fiel ein, killte laut, als der Wind abflaute, und fand dann seine Kraft wieder. Der Steuermannsmaat der Wache machte es sich etwas bequemer und scherzte mit dem Rudergast; und auch an der Leeseite lockerte Leutnant Fitz-Clarence seine gespannte, wachsame Haltung.
    Bolitho versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was er zu tun hatte. Doch es war ruhig im Schiff und eine unmittelbar wichtige Entscheidung nicht zu treffen; so konnte er seiner Angst nicht ausweichen.
    Seit zwei Tagen war er wieder an Bord; vor vier Tagen hatten Javals Leute den Schoner genommen. Der mußte inzwischen schon in Gibraltar sein, auch bei ungünstigem Wind, es sei denn, er war einem überlegenen Feind begegnet. Das Schiff würde von einem Prisenausschuß verkauft, vielleicht auch in den Dienst des Königs übernommen werden. Die wenigen überlebenden Spanier würden auf eine Gefangenen-Hulk kommen, wenn sie nicht von der Möglichkeit Gebrauch machten, sich zum Dienst auf einem britischen Kriegsschiff zu verpflichten. Nach fünf Jahren Krieg konnte man auf jedem Schiff des Königs ein Dutzend Sprachen und Dialekte hören.
    Und Adam? Langsam trat Bolitho an die Wanten und starrte auf die See hinaus. Land konnte selbst der Ausguck nicht mehr erkennen, und der Himmel war bereits so dunkel, daß es schwerfiel, die Kimm zu unterscheiden, die vor Sekunden noch wie geschmolzenes Kupfer geglüht hatte.
    Ein weiterer Leutnant war an Deck gekommen und sprach leise mit Fitz-Clarence. Vorn und tiefer unten im geräumigen Schiffsrumpf erklang der schrille Ton einer Bootsmannsmaatenpfeife, und Bolitho hörte das Tappen nackter Füße – die nächste Wache schickte sich an, das Schiff bis Mitternacht zu übernehmen.
    Eine Bö wehte Kombüsendunst nach achtern, und Bolitho merkte, daß er nichts im Magen hatte. Aber bei dem Gedanken an Haferbrei und die fettigen Klumpen gekochten Fleisches, das übliche Mittagessen, verging ihm der Appetit.
    Herrick tauchte im Niedergang auf und kam herüber zu ihm.
    »Ich habe Mr. Gilchrist angewiesen, alle Offiziere und höheren Deckoffiziere gleich nach acht Glasen in der Messe zu versammeln, Sir.« Er zögerte und versuchte, im Halbdunkel Bolithos Stimmung zu erkennen. »Sie sind alle sehr gespannt.«
    »Danke, Thomas.« Er wandte sich um, denn ein Bootsmannsmaat kam, gefolgt von einigen Männern seiner Wache, auf der Steuerbordlaufbrücke heran.
    Ein Schiffsjunge prüfte die Kompaßlampe, ein anderer das Stundenglas daneben. Zwei Marine-Infanteristen nahmen langsam Haltung an, als ein Korporal nahte, um sie zu inspizieren. Fast schwarz sahen ihre roten Röcke in der tiefen Dämmerung aus. Die leuchtendweißen Brustriemen und Kniehosen verstärkten den Kontrast noch. Es waren die Wachtposten, einer für Herricks Kajütentür, einer für seine.
    Brummend gab der Master einem Midshipman Anweisungen, die der Junge, tief über seine Tafel gebeugt, niederschrieb.
    Der eben an Deck gekommene Leutnant nahm Haltung an und tippte formell an den Dreispitz. »Wachablösung vollzählig angetreten, Mr. Fitz-Clarence.«
    Fitz-Clarence nickte gravitätisch. »Lassen Sie bitte den Rudergänger ablösen, Mr. Kipling.«
    Undeutliche Befehle, Füßescharren. Dann sang der Rudergast aus: »Kurs Ost zu Nord liegt an, Sir!«
    Grubb schnaufte geräuschvoll. »Gehört sich auch! Ich komme wieder an Deck, ehe das Glas gedreht wird!« Es klang wie eine Drohung.
    Bolitho erschauerte. »Ich bin soweit, Thomas.«
    Vorn ertönte die Schiffsglocke, ein Toppsgast glitt an einem Backstag hinunter und lachte laut auf, weil er einen Kameraden beinahe umgeworfen hätte.
    Sie gingen zum Niedergang hinüber, und Herrick sagte: »Ich glaube, Mr. Grubb hat recht. Der Wind hat nach Westen gedreht, und wir werden schneller an die Küste herankommen als gedacht.«
    Sie stiegen die Leiter hinunter und kamen an einem Matrosen vorbei, der einen Sack Schiffszwieback aus der Messe geholt hatte. Er drückte sich an eine Kajütentür, als fürchte er, den Kommodore oder den Kommandanten auch nur zu streifen.
    Das Licht einer Laterne fiel auf die Bodenstücke der Geschütze. Es waren einige der achtundvierzig

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