Eine Liebe auf Korfu
Verschnürung ihres Kleides.
„Um Himmels willen, ich habe dich nackt gesehen – und vor einer knappen Stunde geküsst …“
„Aber das ist etwas anderes.“ Diese plötzliche Scheu verstand sie selber nicht. Doch es war ein köstliches, prickelndes Gefühl. Und davon wollte sie nicht abgelenkt werden, während sie um ihr Leben kämpfen würden.
Taktvoll wandte Benedict sich ab, ließ indes die Tür offen. Alessa schlüpfte in eine enge Segeltuchhose, band sie in der Taille mit einem Ledergürtel zusammen und streifte ein gesmoktes Hemd aus blauem Leinen über den Kopf. Als sie den Zopf über ihrer Schulter spürte, wurde ihr klar, dass es für Benedict viel einfacher gewesen war, sich zu verkleiden. Sie drehte den Zopf zusammen, hielt ihn auf dem Oberkopf fest und band im Piratenstil ein Tuch darüber.
„Jetzt bin ich fertig.“ Benedict drehte sich um, und sie warf ihm ein anderes Tuch zu, das er sich um den Kopf wand. Was für ein attraktiver Pirat … „In dieser Aufmachung wirkst du sehr – männlich“, meinte sie.
„Und normalerweise nicht?“, fragte er leicht gekränkt.
„Doch, natürlich. Aber jetzt siehst du auch noch gefährlich aus. Und das gefällt mir.“
„Hm … Wenn wir das alles hinter uns haben, erinnere mich bitte daran, wie amüsant es sein kann, Piraten zu spielen.“ Seine funkelnden Augen erwärmten ihr Herz. „Komm jetzt!“
Auf dem Weg durch den Gang trafen sie niemanden an. Offenbar hatte der Graf die meisten seiner Leute mitgenommen, um Benedict aufzuspüren, und nur den Steuermann und ein paar Besatzungsmitglieder zurückgelassen.
„Wir müssen die anderen finden. Hör doch, die furchterregende Stimme deiner Tante.“
Im Schloss einer Kabinentür steckte ein Schlüssel. Benedict drehte ihn herum, betrat den Raum, und Lady Blackstone erhob sich. Widerwillig bewunderte Alessa ihre würdevolle Haltung. Hinter ihr kauerte Frances auf dem Bett, einen Arm um die Schultern der schluchzenden Zofe geschlungen.
„Bringen Sie mich sofort zum Grafen!“, befahl Ihre Lady schaft. „Das ist einfach ungeheuerlich … Blakeney ?“
„Und ich.“ Alessa schlüpfte unter Benedicts Arm hindurch in die Kabine. „Seid ihr alle unverletzt, Tante?“
„Keiner dieser Schurken würde es wagen, uns anzurühren“, fauchte Tante Honoria. „Was um alles in der Welt treibst du denn, Alexandra? Warum seid ihr beide so seltsam gekleidet?“
„Damit wir dieses Schiff kapern können. Im Augenblick befinden sich nur wenige Piraten an Bord – das ist unsere einzige Hoffnung. Aber ihr müsst uns helfen.“ Nervös wartete sie auf einen Protest. Sicher würde Lady Blackstone verkünden, das sei unmöglich, würde sich für Damen nicht schicken und einen Skandal heraufbeschwören. Immerhin hatte diese Frau sie entführt, um den Gesetzen der Konvention zu genügen und ihr Gesicht zu wahren.
„Ja, natürlich“, erwiderte Lady Blackstone ohne Zögern. „Was müssen wir tun, Blakeney? Oh – in der benachbarten Kabine wird Dr. Cobb gefangen gehalten.“
„Dem du erzählt hast, ich sei hysterisch und geistesgestört?“, erkundigte sich Alessa in honigsüßem Ton.
„Ja, genau der.“ Tante Honoria fixierte sie mit einem stählernen Blick. „Nun haben wir keine Zeit, um darüber zu diskutieren.“ Zumindest verriet ihre Miene ein gewisses Bedauern. „Tut mir leid, Alexandra.“
Als der Arzt befreit wurde, erhob er angstvolle Einwände gegen den Plan, bis Benedict ihn zum Schweigen brachte, indem er ihm einfach eine Pistole in die Hand drückte. „Benutzen Sie den Griff, um die Piraten außer Gefecht zu setzen. An Bord dieses Schiffes darf kein Schuss fallen, der würde ihre Spießgesellen auf der Plymouth warnen. Also, wir gehen folgendermaßen vor …“
Zehn Minuten später stand Benedict unterhalb einer Luke, während Frances, ein flatterndes weißes Taschentuch in der Hand, an Deck eilte. „Hilfe, Hilfe!“, jammerte sie. „Mama ist krank! Hilfe!“
„Kommen Sie wieder herunter!“, flüsterte Benedict, und sie kehrte zurück. Bevor sie die Kajüttreppe hinablief, schenkte sie ihm ein schmachtendes Lächeln.
Auf der Brücke erklang ein gellender Befehl, hastige Schritte näherten sich, ein Mann sprang durch die Luke herab. Benedict stellte ihm ein Bein, schlug den stolpernden Piraten nieder, ebenso wie die beiden, die ihm auf den Fersen folgten. Drei auf einmal – besser als erhofft …
Unter Deck erklang Lady Backstones bühnenreifer Flüsterton. „Hör zu weinen auf,
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