Eine Liebe auf Korfu
die Stimme des Grafen, von leisem Gelächter gefolgt. Langsam näherte er sich dem Bett. „Wie eine erwartungsvolle Kurtisane sehen Sie aus – entzückend.“
„Unsinn, ich wollte mich nur befreien.“ Alessas Antwort erweckte den Eindruck, sie wäre zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorgestoßen worden.
„Warum denn, meine Teure?“ Zagrede setzte sich auf das Bett. „Sie würden es nicht schaffen. Das wissen Sie doch.“
„Ich muss mich … erleichtern“, erklärte sie im Tonfall verletzter Würde. „Haben Sie vergessen, wie lange ich schon hier liege?“
„Oh.“
Mühsam bezwang Benedict seinen Lachreiz. Daran hatte der Graf offenbar nicht gedacht.
„Gewiss, ich werde Sie sofort befreien , Kyria.“
„Und schicken Sie mir eine Zofe mit einem Nachttopf“, verlangte sie. „Ich habe keine Lust, durch dieses Schiff zu dem unappetitlichen Ort gezerrt zu werden, den Ihre Besatzung benutzt.“
Sehr gut. Benedict lächelte zufrieden. Wenn sie Zagrede von leidenschaftlichen Gelüsten abzulenken suchte, hätte ihr keine bessere Methode einfallen können.
„Nicht nötig, meine Liebe.“
Benedict rückte ein wenig von der Wand weg, spähte unter dem Bett hervor und sah den Piraten zu der zweiten Tür gehen.
„Selbstverständlich dürfen Sie sich in mein privates stilles Örtchen zurückziehen“, erklärte Zagrede und öffnete die Tür.
„Wären Sie so freundlich, mich loszubinden?“, bat Alessa.
„Ja, gewiss.“
Eine Pause entstand, ein Rascheln, ein dumpfer Aufprall, ein Grunzen …
„Warum haben Sie das getan?“, rief der Graf erbost und erhob sich vom Boden.
„Damit Sie aufhören, meinen Busen anzustarren. Würden Sie mir auf die Beine helfen?“
Benedict beobachtete Alessas Füße, die sich der Toilettentür näherten.
Sekunden später schien sie den Nebenraum zu begutachten. „Hier werde ich zurechtkommen. Aber es gibt keine Seife und kein Handtuch.“
„Was Sie brauchen, werde ich Ihnen bringen.“
„Bitte, tun Sie das.“
Nach kurzem Zögern öffnete Zagrede die Kabinentür. „Diesen Schlüssel werde ich im Schloss herumdrehen. Das Fenster lässt sich nicht öffnen. Und glauben Sie mir, bei meiner Rückkehr werde ich die Tür ganz vorsichtig öffnen. Also sparen Sie sich die Mühe, mir dahinter aufzulauern, den Wasserkrug in der Hand, um mich niederzuschlagen.“
„Oh, Sie schmeicheln mir, wenn Sie mir ein so kühnes Unterfangen zutrauen. Und jetzt gehen Sie bitte. Gönnen Sie mir ein kleines bisschen Privatsphäre.“
Sobald der Graf die Kabine verlassen hatte, kroch Benedict unter dem Bett hervor, stürmte in die Toilette, und Alessa schloss die Tür.
„Schnell, dreh dich um“, drängte sie, „lass dich von den Fesseln befreien.“
So gut es in dem winzigen Raum ging, gehorchte er. Dann spürte er, wie sie hinter ihm niederkniete.
Am liebsten würde ich sie in die Arme reißen und küssen, bis sie die Besinnung verliert … Doch diesen Wunsch vergaß er sofort, als sie den Strick an seinen wunden Handgelenken aufzuknoten begann.
Das Gefühl der Erleichterung, als die Knoten endlich nachgaben, wurde von neuen Schmerzen beeinträchtigt. Wie eine Feuerflut fing das Blut wieder zu zirkulieren an. Er fuhr herum, zog Alessa auf die Beine und erstickte sein Stöhnen an ihren Lippen.
„Hör auf!“, zischte sie. „Jeden Moment wird er zurückkommen.“
Bewundernd schaute er zu, wie sie ihr Kleid auszog. Wenig später knarrte die Kabinentür, Schritte näherten sich.
Alessa öffnete die Toilettentür weit genug, um einen nackten Arm hinauszustrecken. „Wenn ich um die Seife und das Handtuch bitten dürfte, Graf …“
„Gestatten Sie mir, Ihnen zu helfen, meine Liebe.“
„Vielen Dank, das ist wirklich nicht nötig.“
Benedict hielt die Luft an, als sie den Arm zurückzog, ein Leinentuch und einen Seifenriegel in der Faust. Krachend fiel die schmale Tür ins Schloss, und er wagte erst zu atmen, als in der Kabine gönnerhaftes Gelächter erklang.
„In fünfzehn Minuten komme ich wieder, mein Engel.“
Aneinandergedrückt, warteten sie, bis sie hörten, wie die Außentür versperrt wurde.
Alessa spähte misstrauisch hinaus. „Ja, er ist weg. Geh jetzt.“
„Warum?“ Benedict goss Wasser in die kleine Schüssel, tauchte seine wunden Hände hinein und seufzte gepeinigt. Dann zog er ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und riss es entzwei, schlang um jedes Handgelenk eine Hälfte und hielt Alessa die losen Enden hin, um sie verknoten zu
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