Eine Liebe fürs Leben
hatte sie nicht das gesagt, was er hören wollte – nämlich, dass sie sich von diesem Ben trennen würde. Überaus geschickt hatte sie es vermieden, ihm eine direkte Antwort zu geben, sodass er jetzt nicht klüger als zuvor war.
Riccardo, der es gewöhnt war, immer genau das zu bekommen, was er wollte, wurde plötzlich von einem völlig neuen Gefühl überfallen: Hilflosigkeit. Und genau das machte ihn so unendlich wütend.
Was hatte es denn schon zu bedeuten, dass Charlie sich aus nostalgischen Gründen noch zu ihm hingezogen fühlte? Nichts. Gar nichts! Er würde als Teilzeitvater enden, der sein eigenes Kind nie wirklich kennenlernte. Und Ben – „Lass mich für dich kochen“-Ben – würde irgendwann zu Ginas echtem Daddy werden, der gemeinsam mit ihr Hausaufgaben machte, zusah, wie sie groß wurde, und ihr half, ihre Probleme zu lösen.
Natürlich würde das nicht sofort geschehen. Dazu war Charlies Schuldgefühl noch viel zu groß. Aber irgendwann würde auch dieses Gefühl nachlassen. Riccardo kannte die menschliche Natur. Er wusste, dass auch die besten Absichten immer nur von kurzer Dauer waren.
Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als zu seinem ursprünglichen Plan zurückzukehren – welche andere Wahl ließ sie ihm?
Das Tolle an Geld war, dass es fast alles möglich machte. Und viel Geld machte die meisten Dinge sogar besonders schnell möglich. Ein paar Anrufe, und schon war alles Notwendige arrangiert, um am nächsten Nachmittag ein Home Office zu installieren, inklusive zweiter Telefonleitung und Extra-Internetzugang.
Zufrieden griff Riccardo zum Telefonhörer, rief Charlotte in ihrem Büro an und teilte ihr mit, dass sie sich in einer Stunde vor ihrem Haus einfinden solle.
Charlotte wollte gerade protestieren, doch da hatte er auch schon aufgelegt. Also blieb ihr nichts anders übrig, als einen Termin mit zwei Hypothekenspezialisten auf den nächsten Tag zu verschieben.
Auf das, was sie bei ihrer Ankunft erwartete, war sie allerdings nicht vorbereitet: Lastwagen. Männer in Overalls. Unmengen an Equipment. Und in der Mitte all dessen natürlich Riccardo.
Charlotte ließ ihre Aktentasche auf den Boden fallen und starrte mit offenem Mund auf das Chaos vor ihren Augen. Sie bemerkte kaum, dass Riccardo auf sie zukam.
„Hallo, Charlie“, sagte er und schob die Hände in die Taschen. „Du wirkst ein wenig … nervös. Aber keine Sorge. Du musst nur die Tür aufschließen, dann erledigt sich alles andere wie von selbst. Und wenn wir zurück sind, ist alles unter Kontrolle!“ Riccardo schaute sie abwartend an. Ja, natürlich hatte er alles unter Kontrolle, aber diese Frau war verdammt unberechenbar, außerdem ziemlich stur und keineswegs bereit, alles hinzunehmen, was er sich in den Kopf gesetzt hatte.
„Riccardo, was geht hier vor?“
„Wie gesagt – ich brauche nur den Schlüssel.“
Charlotte griff, ohne nachzudenken, in ihre Tasche. Sie würde alles tun, um diesem Zirkus vor ihrem Haus ein Ende zu bereiten.
Von ihrem eigenen Vorgarten aus beobachtete sie, wie Riccardo das Kommando übernahm. Alles schien sich mit Lichtgeschwindigkeit abzuspielen. Die Männer überprüften Kabel und Leitungen, schauten unter Teppiche und Möbel und begannen mit irgendwelchen Arbeiten. Als Riccardo sich mit einem Ausdruck des Mitgefühls wieder zu ihr gesellte, hätte sie das warnen müssen. Doch sie war immer noch viel zu perplex, um die Warnsignale zu bemerken.
„Also“, sagte Riccardo. „Nachdem das jetzt erledigt ist, schlage ich Folgendes vor: Wir holen Gina von der Schule ab und fahren dann irgendwohin, wo wir … Spaß haben können. Und wo es warm ist.“ Er mochte, was er sah. Charlottes Haare hatten sich aus dem strengen Knoten gelöst. Sie sah so verdammt jung aus. Man konnte kaum glauben, dass sie ein Kostüm und eine Aktentasche trug. Ihre Augen wirkten riesig.
„Spaß? Warm? Wovon redest du? Und was geht da in meinem Haus vor? Wer sind all diese Männer?“ Doch er schob sie bereits auf den Rücksitz eines Taxis, das wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien.
Ginas Schule war nur eine kurze Strecke vom Haus entfernt, wofür Riccardo außerordentlich dankbar war, denn Charlottes Schock schien allmählich nachzulassen. Offenbar stand sie kurz vor einem größeren Temperamentsausbruch. Doch glücklicherweise hielt das Taxi in diesem Moment vor der Grundschule.
Charlotte schaute ihn entnervt an. Ihr war bewusst, dass der Taxifahrer vermutlich nur darauf wartete, dass sie
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