Eine Liebe wie Magie
Zeichen gefragt hatte. Warum wollte sie ihm nicht vertrauen? Was war es, das sie verbarg? Die ganze Nacht hindurch bis in den Morgen hinein waren die Antworten auf diese und viele andere Fragen nicht gekommen, und schließlich war er in eben jenem Sessel eingeschlafen, zu einer Seite gelehnt, während das Feuer im Kamin langsam erlosch.
Jetzt war das Feuer wieder frisch geschürt, wahrscheinlich von Westman, und eine saubere, schöne Flamme leckte an den frischen Kohlen auf dem Rost. Auf der Anrichte stand ein Kessel auf seinem Gestell über dem Spirituskocher, bereit, für frischen Kaffee zu sorgen, sobald Noah aufgewacht war; dem Himmel sei Dank für Westman.
Noah erhob sich aus dem Sessel und fuhr sich mit der Hand durch das Haar, um es zu ordnen, als sich plötzlich die Tür am anderen Ende des Raumes öffnete. Er drehte sich um und erblickte Sarah. Westman hinter ihr sah aufgeregt aus.
»Noah, mein Lieber, würdest du Westman bitte sagen, daß es in Ordnung ist, wenn ich hier bin? Ich weiß, es ist noch früh, aber wir sind Freunde, immerhin. Freunde sollten nie auf Etikette achten müssen.«
Noah sah zu Westman hinüber, der sich in einer ziemlich mißlichen Lage befand, denn Sarah war die Schwester seines früheren Arbeitgebers, und daher bedeutete seine Weigerung, sie vorzulassen, einen Affront. Andererseits war er seinem jetzigen Arbeitgeber gegenüber zur Loyalität verpflichtet. Noah intervenierte, um ihn zu schonen. »Eigentlich, Sarah, glaube ich, daß Westman mit seiner Weigerung eher deinen Namen schützen wollte als meine Ungestörtheit. Du bist auf dem Lande aufgewachsen und an die Gebräuche dort gewöhnt. Hier in der Stadt hält man es für nicht schicklich, wenn eine Dame, eine unverheiratete Dame, dem Haus eines unverheirateten Mannes einen Besuch abstattet. Sollte irgend jemand beobachtet haben, daß du hierhergekommen bist, ist die Möglichkeit eines Skandals durchaus gegeben.« Er sah durch die Tür auf den Flur. »Du hast Eleanor nicht mitgebracht?«
Sarah warf schmollend die Lippen auf. Noah hatte das früher einmal reizend gefunden, als sie ein Kind von sieben Jahren war und er und Tony sie nicht zum Fischteich mitgenommen hatten. Allerdings stand es ihr jetzt nicht mehr so gut.
»Nein«, sagte sie. »Eleanor hatte heute morgen etwas zu erledigen, und Christian ist auch schon früh gegangen. Die Hausmädchen waren alle mit ihren Pflichten beschäftigt. Ich fühlte mich so alleine, also bat ich den Kutscher, mich auf einen Besuch hierherzubringen.« In ihren Augen sammelten sich Tränen. »Es tut mir leid. Du muß ja denken, daß ich überhaupt keine Manieren habe, aber ich habe niemals daran gedacht, daß man es für unschicklich halten könnte, wenn ich jemanden besuche, den ich schon mein ganzes Leben lang kenne.« »Es ist schon in Ordnung«, sagte Noah stirnrunzelnd. »Dieses Haus hier ist voll von Dienern, also sollte es unverfänglich sein — diesmal.« Er setzte seinen Weg in Richtung Anrichte fort, mittlerweile brauchte er wirklich eine Tasse Kaffee. »Was hältst du von Kaffee?«
Sie schüttelte den Kopf und rümpfte die Nase. »Nichts.« »Tee?«
Sie sah zu Westman. »Das wäre lieb.«
Der Butler verstand den Wink und murmelte, er wäre in Kürze zurück. Er ließ die Tür weit offen, so daß man einen freien Blick auf Flur und die Diener hatte, die ihre täglichen Pflichten im Haus verrichteten.
Noah nahm seine Tasse, ging zurück zu seinem Sessel und forderte Sarah auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen, während sie darauf warteten, daß Westman ihren Tee brachte. Er nahm einen tiefen Schluck Kaffee und genoß das kräftige Aroma und die Wärme, die sich in seinem Bauch ausbreitete. Er strich mit der Hand über sein unrasiertes Kinn. »Du mußt mein Aussehen heute morgen entschuldigen, aber ich habe bis spät in die Nacht an einigen Papieren gearbeitet und bin dann hier in dem Sessel eingeschlafen. Ich konnte mich bis jetzt noch nicht rasieren oder umziehen.«
Sarah schüttelte den Kopf. »Das macht doch nichts, Noah. Es ist ja nicht so, daß wir Fremde wären, nicht wahr?« Sie sah sich im Raum um und betrachtete die Möbel und das Dekor. »Ich habe von Lady Danby erfahren, daß du gestern abend doch auf dem Ball warst.«
Das hat dich also zu dieser Morgenvisite veranlaßt, dachte Noah. Er hatte es schließlich abgelehnt, sie dorthin zu begleiten. »Ja, ich war tatsächlich da, aber nur kurz.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, daß du nicht hingehen
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