Eine Liebe wie Magie
Arzt. Vergiß Charlotte. Du triffst die Entscheidung, Augusta. Würdest du mir die Ehre machen, meine Frau zu werden?«
Sie sah ihn an und antwortete auf die einzige ihr mögliche Art, auf die einzige Art, die ihr Herz zuließ. »Ja, Noah, ich will.«
Es war spät und Noah saß an seinem Schreibtisch im Arbeitszimmer und rechnete etwas im Kopf, als er das leise Geräusch der Türklinke am anderen Ende des Raumes hörte. Er blickte auf und sah Augusta im Türrahmen stehen.
»Augusta, was machst du denn? Du solltest doch im Bett sein.«
Sie trat barfuß ein, ihre Zehen sahen unter dem geriffelten Saum eines der Nachthemden hervor, die Charlotte ihr geschickt hatte. Ein äußerst züchtiges Teil, das sie von den Knöcheln bis zum Kinn bedeckte. Der rechte Ärmel war fast bis zur Schulter nach oben gerollt, damit der Arzt an ihre Wunde kam. Der Arm lag jetzt vor ihr in einer Schlinge, die der Arzt angefertigt hatte, um ihn ruhigzustellen, während er heilte. Um ihren Hals hingen ihre Mond- und Sternhalskette, die Noah bei sich getragen hatte, seit dem Morgen, als er sie in seinem Arbeitszimmer gefunden hatte. In der anderen Hand hielt sie eine Kerze. Ihr dunkles Haar war offen und fiel ihr in Locken über den Rücken. Sie trug ihre Brille und sah einfach anbetungswürdig aus.
»Ich habe ... ich meine...« Sie stockte. »Ich habe mich gefragt, ob ich dich wohl mal um Hilfe bitten dürfte.«
»Aber natürlich.« Noah stand auf und trat vor sie hin. »Was ist los? Hast du Schmerzen? Möchtest du etwas essen oder trinken?«
»Nein, es ist nichts dergleichen. Ich möchte...« Sie zögerte. »Würdest du wohl mit mir kommen?«
Neugierig nickte er und folgte ihr, als sie aus dem Zimmer ging. Augusta führte ihn auf die Rückseite des Hauses, vorbei an geschlossenen Türen und durch die dunklen, verlassenen Flure. Es war spät, nach Mitternacht, und das Personal war schon zu Bett gegangen, das Haus war still und ruhig. Sie ging zur Treppe, aber nicht hinunter auf den Flur, der zu ihrem Zimmer führte. Statt dessen ging sie weiter, ging die nächste Treppe hinauf und dann noch eine, bis sie zu einem kleinen Durchgang kamen, der aufs Dach führte.
Wie viele Häuser in London hatte auch dieses ein Flachdach, das von einer dekorativen Steinbrüstung umrahmt war. Noah war manchmal zum Nachdenken hierher gekommen.
Zur Ostseite hin sah er etwas stehen, und als sie näher kamen, erkannte er, daß es ein Teleskop war, ungefähr einen Meter lang. Neugierig sah er zu, wie Augusta dort hinging und sich dann umdrehte, um ihn anzusehen. Ihr Gesichtsausdruck war vorsichtig, sogar ängstlich. Er bemerkte, daß sie tief Luft holte und durchatmete, bevor sie sprach, so als wollte sie sich Mut machen. Ihr Atem nebelte in der Kühle der Nacht.
»Ich habe mich an etwas in der Nacht im Garten erinnert, als ich angeschossen wurde. Du hast mich gefragt, ob du mir je einen Grund gegeben hättest, dir nicht zu trauen. Du hattest recht; du hast mir nie einen Grund gegeben. Und ich hoffe, daß du daran denken wirst, wenn ich dir zeige, was ich dir zeigen muß. Denn ich habe dies hier nur noch einer einzigen anderen Person gezeigt.«
Sie drehte sich zum Teleskop. Noah sah ihr neugierig zu, während er langsam näher trat. Er mußte etwas in die Knie gehen, um durch das Teleskop zu sehen, und sah in den Nachthimmel hinaus. Auf der anderen Seite, in der Mitte des Rohres, war ein entfernter Lichtfleck.
»Es ist ein Stern«, sagte er und konzentrierte sich auf das kleine, weiße Funkeln vor seinen Augen. Er trat zurück und sah sie an. Die nächtlichen Aktivitäten, die Zeichen auf ihrem Papier, ihre Halskette. Plötzlich ergab alles einen Sinn. »Du bist keine Hexe. Du bist eine Astronomin.«
Sie nickte und lächelte leicht bei der Bezeichnung. »Ich würde mich so nennen.« Sie sah zum Himmel. »Als meine Mutter starb, sagte mein Vater mir, daß sie gegangen wäre, um auf einem Stern zu leben, von wo aus sie jede Nacht auf mich herabsähe und auf mich aufpassen würde. Nachts, wenn ich nicht schlafen konnte, ging ich auf das Deck unseres Schiffes hinaus und sah zu den Sternen hinauf, zu dem Stern meiner Mutter. Ich schaute durch die Fernrohre, die auf dem Schiff waren, und suchte dort oben nach ihr, weil ich dachte, ich könnte sie vielleicht irgendwie sehen.
Vor ungefähr zehn Monaten, als ich nach England kam, um hier zu leben, sah ich hinauf zum Himmel, zu dem Stern, von dem mein Vater mir erzählt hatte. Er schien heller geworden zu sein,
Weitere Kostenlose Bücher