Eine Liebe wie Magie
würde, auch nur einen Fuß vor die Türe zu setzen, wußte sie, daß ihre Stiefmutter ihr das Leben zur Hölle machen würde. Hatte sie nicht gerade heute morgen beiläufig erwähnt, daß ihrer beider Unterschriften unter jedweden finanziellen Transaktionen zu stehen hatten? Wenn es sein müßte, würde Charlotte Augusta jeglicher Selbständigkeit berauben, indem sie ihre Geldmittel blockierte.
Ob, Vater, warum hast du mich nur in eine solche Situation gebracht? fragte Augusta sich selbst, obwohl sie wußte, daß er nicht anders hatte handeln können. Augusta die alleinige Vollmacht zu lassen wäre ein Affront gegenüber seiner Frau gewesen, aber Charlotte die alleinige Verantwortung zu geben, hätte ein absolutes Desaster zur Folge gehabt. So erfand er diese Methode der Ausgabenkontrolle, wobei er die Kontrolle Augusta überließ. Aber es mußte doch einen Ausweg aus dieser lächerlichen Situation geben. Irgendeinen Weg, der ihre hell lodernde gesellschaftliche Flamme zum erlöschen bringen könnte.
Und dann fiel ihr ein einziges Wort ein.
Ruinieren.
Augusta nahm den Stapel mit Einladungen, um ihn nach der einen zu durchsuchen, die das beste Bühnenbild für ihren Plan abgeben würde. Sie brauchte nicht weiter zu suchen, als bis zur obersten Karte.
»Ihre Gnaden, der Herzog und die Herzogin von Devonbrook bitten um die Ehre ihres Besuches zu einem Abend der Musik und der Konversation am Dienstag, dem 23., um acht Uhr abends.«
Lord Noahs Bruder und seine Frau. Ganz London würde dasein — sehen und gesehen werden. Es war perfekt.
Als sie begann, sich im Geiste einen Plan für den Abend zu machen, erkannte Augusta plötzlich, weshalb sie Charlottes Bestürzung über das Ergebnis von Prudences Liaison mit ihrem jungen Geliebten nicht hatte teilen können. Es hatte dem Mädchen den Luxus gebracht, sich nicht länger um den korrekten Sitz ihrer Volants kümmern zu müssen, um den Eindruck, den jedes ihrer Worte hinterließ. Mehr noch, es hatte Prudence Freiheit gegeben, nur mit dem Unterschied, daß ihr Handeln ihr die Ehe beschert hatte, da ihr Freier gezwungen war, das einzig Anständige zu tun, indem er sie zur Frau nahm.
In ihrer jetzigen verzwickten Situation wären nur allzu viele junge Männer bereit, Augusta bei dieser Art des Ruins behilflich zu sein, denn auch sie würden anschließend auf demselben Ergebnis wie bei Prudence bestehen. Und das letzte, was Augusta jetzt gebrauchen konnte, war eine Heirat. Nein, was Augusta wirklich brauchte, war ein Gentleman, der keiner war. Ein Mann, der etwas so Undenkbares tun würde, wie seine Verlobte zu verlassen.
Und es gab nur einen Mann, der so etwas tun würde.
Lord Noah Edenhall von Devonbrook.
Kapitel 16
Farbe kann das größte Gut einer Dame sein, wodurch die dich von anderen in der Menge abhebt. Denn ohne die Blume besteht ein Garten aus nichts als Erde und Unkraut, ohne den Regenbogen ist der Schauer nur düster und grau ...«
Augusta schloß die Ausgabe des Schönheitsjournals »La Belle Assemblee«, um die sie Mina gebeten hatte, nur eines der Fülle von Heften und Büchlein, die Charlotte in ihrer Schlafzimmerkommode eingelagert hatte. Mit Mr. Beils prophetischen Worten im Ohr erhob sie sich von ihrem Stuhl und ging durch das Zimmer zu ihrem Kleiderschrank aus Rosenholz. Sie sah hinein und zog bei der Ansammlung von Grau-, Beige- und Brauntönen, die ihr prüfendes Auge erblickte, die Brauen hoch.
Unkraut. Sosehr sie es auch haßte, mußte sie doch zugeben, daß diese Kollektion ihren Zweck nicht erfüllen würde, zumindest nicht zu einem solchen Anlaß. Heute abend mußte sie sich anders kleiden. Heute abend mußte sie anders dein. Sie durfte sich nicht tarnen, wie sie es sonst so gerne tat. Sie mußte auffallen, um, wie Mr. Bell es ausdrückte, »sich von den anderen in der Menge abzuheben«. Sie mußte versuchen, eine Blume zu sein. Kurz gesagt, Augusta würde die Rolle spielen müssen, die sie fast ihr ganzes Leben vermieden hatte.
Um sich auf dieses so dringend notwendige Theaterspiel vorzubereiten, hatte Augusta den ganzen Morgen zahllose Hefte gewälzt und jede Modeabbildung eingehend studiert, wobei sie die ganze Zeit Mr. Beils verehrungswürdigen Ausspruch im Hinterkopf hatte. Sie widmete sich dieser Aufgabe wie jeder anderen, indem sie alle Artikel las, die sie finden konnte, und ihre Umgebung gründlich studierte. Sie hatte die Einzelheiten jeder Frau, der sie in den vergangenen Tagen begegnet war, genau untersucht, ob Debütantin
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