Eine Liebe wie Magie
durchaus erfüllen.
Augusta sah Lizette an. »Würdest du mir helfen, es anzuziehen, damit ich sehen kann, ob es paßt?«
»Oui, Mylady.«
Lizette half Augusta aus ihrem gestreiften taubengrauen Musselin, streifte das rote Kleid über ihren Kopf und ließ es wie eine Kaskade aus kostbarer Seide an ihr hinunter gleiten. Die Zofe verschloß schnell die lange Reihe von Knöpfen am Rücken und trat dann zur Seite, als Augusta zu dem langen Spiegel ging, um ihr Ebenbild kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Da sie und Charlotte ähnlich groß waren, saß das Kleid fast perfekt. Es mußte um die Taille etwas enger gemacht werden und insgesamt etwas kürzer, um den gekräuselten Saum zu entfernen. Das war alles, was es brauchte, um dieses Kleidungsstück passend zu machen. Ja es würde äußerst hübsch aussehen.
Als sie sich zu Lizette umdrehte, sah sie, wie die Zofe sie ungläubig anstarrte. Sie blickte am Kleid hinunter, um zu sehen, was fehlte. »Was ist los, Lizette? Stimmt etwas nicht?«
»Oh, nein, Mylady, es stimmt alles, das Kleid. C’est tres joli an Ihnen. Die couleur, sie ist parfait für Sie. Ich wollte, Sie würden das Kleid behalten.«
»Nein, Lizette, ich werde es wirklich nach heute abend nicht mehr brauchen. Aber bevor ich es tragen kann, müssen wir noch ein paar Änderungen machen - und an mir brauchen wir auch noch ein paar Änderungen. Glaubst du, du kannst mir helfen?«
Das herzogliche Stadthaus der Devonbrooks in Grosvenor war für diesen Abend von seiner für gewöhnlich ruhigen Eleganz im Schatten der Bäume zu einem brodelnden Sammelpunkt gesellschaftlicher Aktivitäten umgewandelt. Das Personal war verdoppelt worden, so daß man allen Ansprüchen gerecht werden konnte. Jeder hatte seine spezielle Aufgabe zugeteilt bekommen, um sicherzustellen, daß auf jedes Detail geachtet wurde.
Der Fußboden aus italienischem Marmor, den die Hausangestellten wahrscheinlich den ganzen Vormittag poliert hatten, war durch das Gedränge kaum noch zu sehen. Musiker, ein Flötist und Streicher, verbreiteten eine angenehme Atmosphäre, obwohl sie fast übertönt wurden durch das stetige Stimmengewirr und das Rauschen kostspieliger Seide, wenn die Damen graziös versuchten, sowohl den heißen Wachsklumpen auszuweichen, die gelegentlich von den zahlreichen Kronleuchtern unter der Decke herabtropften, als auch den grabschenden Händen einiger Sonderlinge zu entkommen, die am Rande saßen — was etwas häutiger vorkam.
Oben auf der Treppe, die ganze Ansammlung überschauend, standen der Gastgeber und die Gastgeberin und begrüßten jeden Ankömmling der permanent nachrückenden Gäste. Dies war ein unglaubliches Ereignis, denn die beliebte Herzogin Catriona lud selten ein, und wenn sie es tat, gab es immer ein großes Gedränge. Tatsächlich hatte kaum einer der geladenen Gäste abgesagt, obwohl Catrionas Entschluß, zu diesem zwanglosen Abend einzuladen, erst vor einer Woche bekanntgegeben wurde - eine Unmöglichkeit für jeden anderen Gastgeber -, was dazu geführt hatte, daß diejenigen, die schon vor Monaten für diesen Abend Einladungen verschickt hatten, in letzter Minute umdisponieren mußten, aus Angst vor einer schwindenden Gästeliste.
Fast in der Mitte der Menschenmenge stand Noah und nippte an einem Glas Portwein, während er mit einem alten Bekannten der Familie Nettigkeiten austauschte. Von da, wo er stand, hatte er einen ungehinderten Blick über den Empfangssaal wie auch über den sich anschließenden Speisesalon. Er hatte den Platz aus genau diesem Grund gewählt, denn er wollte sichergehen, daß er Lady Augusta bemerkte, wenn sie eintraf.
Er hatte sie seit dem Morgen nicht mehr gesehen, als er mit Christian, Eleonor und Sarah zusammen die Rotten Row entlanggeritten war und er einen weiteren ihrer Versuche, sich heimlich mit Lord Belgrace zu treffen, zunichte gemacht hatte. Aber er hatte sie nicht vergessen, und auch nicht seine selbstgestellte Aufgabe, die Wahrheit über ihre Beziehung zu Tony aufzudecken und die Keighley-Brosche zurückzubringen. Tatsächlich hatte er die letzten Tage damit verbracht, Nachforschungen anzustellen, um zu versuchen, endlich eine Verbindung zwischen den beiden herzustellen — und um die nagenden Zweifel, die ihn immer mehr quälten, zu zerschlagen.
Zuerst hatte er Tonys früheren Privatsekretär aufgesucht, um mit ihm Tonys Kalender in den Wochen vor seinem Selbstmord durchzugehen. Dann hatte er sich Kopien der Gästelisten aller gesellschaftlichen Ereignisse
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