Eine Liebe wie Magie
dessen war die Stimme der Marquise, Augustas Stiefmutter auf der anderen Seite der Zimmertüre zu hören.
»Augusta, bist du da drin, meine Liebe? Der Diener sagte, daß du hier hingegangen bist, um dich auszuruhen, daß du im Saal ohnmächtig geworden wärst, geht es dir gut, meine Liebe?« Augusta drehte sich um und sah Noah an. Er starrte sie finster an, und seine Stimme war voll beißendem Sarkasmus, als er so leise, daß nur sie es hören konnte, sagte: »Du hast wirklich an alles gedacht, nicht wahr? Du bist sogar so weit gegangen, einem Diener zu sagen, wo man dich finden kann, sollte man dein Taschentuch übersehen.«
Tränen der Reue schossen ihr unwillkürlich in die Augen. Mit einer wütenden Handbewegung wischte sie sie weg. Warum sollte sie sich jetzt so fühlen, warum sollte sie sich fühlen, als ob sie ihm irgendwie Unrecht getan hätte, nach all dem, was er getan hatte, um ihr friedliches Leben zu zerstören?
Die Klinke ratterte, als die Marquise versuchte, die Tür zu öffnen. »Augusta, bist du da? Geht es dir gut? Kannst du mich hören?«
Augusta starrte Noah an, hob das Kinn ein ganz kleines bißchen in die Höhe und sagte dann mit klarer Stimme: »Ja, Charlotte, ich komme sofort.«
Noah blieb unbeeindruckt. »Nun, Mylady, Sie glauben wohl, Sie hätten bei Ihrem kleinen Plan an alles gedacht. Aber ich versichere Ihnen, eine Sache haben Sie nicht bedacht. Ich bin nicht gewillt, bei Ihrem Ruin mitzumachen.«
Und mit diesen Worten ging er an die hintere Wand des Raumes, drückte gegen ein Bücherregal und verschwand durch eine Geheimtür, ohne ein weiteres Wort, ohne einen weiteren Blick.
»Augusta?« Charlotte klopfte wieder an die Tür. Augusta drehte sich um, wischte sich über die Augen, zog die Nase hoch und strich kurz ihr Kleid glatt. Dann ging sie zur Tür und schloß auf. Sofort öffnete sich die Tür. Draußen im Flur standen Charlotte, der Herzog mit seiner Frau und noch einige andere Gäste.
»Was hast du hier drin gemacht?« fragte Charlotte und stürmte an ihr vorbei, um den Raum zu inspizieren.
Augusta sprach schnell und hoffte, daß sie die zwei Brandygläser nicht bemerken würde. Der Gedanke, sich zu ruinieren, hatte plötzlich seine ganze Anziehungskraft verloren. »Es tut mir leid, daß ich dir Sorgen gemacht habe. Ich fühlte mich nicht wohl und wollte mich kurz an einen ruhigen Ort zurückziehen, um mich auszuruhen.«
»Du warst ziemlich lange fort«, sagte Charlotte und drehte sich zu ihr um. Sie hatte offensichtlich die Gläser nicht bemerkt.
»Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich muß in dem Sessel eingenickt sein.«
In diesem Augenblick löste sich eine Locke aus ihrem Haar und fiel ihr vielsagend ins Gesicht. Charlotte sah sie mit unverhohlenem Mißtrauen an. Brandygläser oder nicht, sie glaubte keine Sekunde, was Augusta sagte.
»Geht es Ihnen gut, Lady Augusta?« fragte dann der Herzog. »Soll ich einen Arzt rufen?«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte höflich. »O nein, Euer Gnaden, ich fühle mich schon viel besser. Bitte entschuldigen Sie, daß ich in Ihr Arbeitszimmer eingedrungen bin.«
Augusta sah zu Charlotte, die sich immer noch umsah, als ob sie auf irgend etwas wartete.
Oder auf irgend jemanden. Sie beobachtete in stiller Panik, wie Charlotte durch das Zimmer ging und eines der beiden Gläser in die Hand nahm. »Bitte, machen Sie sich deswegen keine Sorgen«, sagte die Herzogin Catriona. Sie ging aut Augusta zu, nahm ihren Arm, hakte sich bei ihr unter und führte sie wieder zurück zu den Gesellschaftsräumen. »Sollten Sie das Bedürfnis haben, sich hinzulegen, wäre es mir eine Freude, sie zu meinem Schlafzimmer nach oben zu begleiten. Mein Bett ist weitaus bequemer als dieser Sessel. Und wie Sie sehen können, müßte das Arbeitszimmer meines Mannes mal aufgeräumt werden.«
Augusta lächelte sie dankbar an, weil sie die Aufmerksamkeit vom Schauplatz ihres fehlgeschlagenen Ruinierungsversuches abgelenkt hatte. »Es geht mir jetzt gut. Wirklich. Ich danke Ihnen für Ihre Anteilnahme. Ich wollte wirklich keinen Anlaß zur Aufregung geben.«
Als sie in den Saal zurückkamen, begaben sich die anderen wieder zu ihren Gesprächen, und die Musiker stimmten eine fröhliche Sonate an. Augusta nahm ein Glas Limonade, das ihr die Herzogin anbot, und entschuldigte sich, um an die entfernte Seite des Saales zu gehen, wo es nicht so voll und laut war. Sie setzte sich auf eine elegant geschnitzte Bank an der Wand und nippte an ihrer Limonade. Sie
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