Eine Liebesehe
Farm zu bekommen, nachdem mein Sohn nichts davon wissen will. Ich habe Ruth verwöhnt«, fuhr er fort. »Sie ist eigensinnig. Daraus darf man ihr keinen Vorwurf machen.«
Dann besprachen sie einige Pläne für die Hochzeit. Er merkte, daß ihre Eltern und auch Ruth selber zögerten. Er war kein gewöhnlicher Bräutigam. Wie paßte ein solcher Mann zu einer Bauernhochzeit? Aber als er schüchtern vorschlug, auf jegliche Zeremonie zu verzichten, zog er den Vorschlag sogleich zurück, weil er sah, daß eine Zeremonie stattfinden mußte, da sie sonst die Hochzeit unschicklich fanden. So wurde der Tag in einer Woche festgesetzt. Es hätte keinen Sinn gehabt, die Hochzeit aufzuschieben. Ruth hatte, wie jedes Mädchen auf dem Lande, ihre Aussteuer längst bereit. Sie wollte sich ein neues Kleid machen lassen, das für die Hochzeit paßte und das sie auch nachher tragen konnte.
»Aber ein blaues«, mischte sich William ein.
»Ein blaues«, stimmte sie zu.
Doch als sie ihm nach draußen gefolgt war, um sich von ihm zu verabschieden, hatte er geflüstert: »Weißt du, Ruth, wir sind ja schon verheiratet.«
Sie hatte genickt, und in ihren Augen war eine geheime Freude gewesen.
»Wie geht es dir in New York?« erkundigte sich jetzt seine Mutter.
Im Salon duftete es nach frühen Rosen. Ein Holzfeuer brannte, obwohl die Fenster offenstanden.
»Recht gut«, antwortete er, und er fragte sich, wie er beginnen sollte.
»Was malst du denn jetzt?« forschte der Vater.
William legte die Zigarette hin, die er angezündet hatte. »Nichts«, versetzte er. »Ich habe … um die Wahrheit zu gestehen, ich konnte in New York nicht gut arbeiten.«
»Das ist merkwürdig«, sagte Barton und zog die grauen Brauen in die Höhe. »Ich hätte gedacht, die intellektuelle Anregung …«
»Ich kann nicht durch intellektuelle Anregung malen«, erklärte William unumwunden. »Ich werde durch Erde und Brot und Wasser angeregt … und durch Sonne …« Er wiederholte die Worte mit aller Ehrfurcht der Liebe. »Immerhin werde ich jetzt mit der Arbeit wieder anfangen.«
»Das freut mich zu hören«, antwortete Barton vorsichtig. Sein Sohn war ihm an diesem Abend ein wenig unheimlich. Ob er am Ende getrunken hatte?
William, der auf einem großen, schwarzen Eichenstuhl saß, betrachtete abwechselnd seine Eltern. Er wollte mit der Wahrheit herausrücken, jetzt und für immer.
»Ich bin verliebt«, sagte er. »Ich werde Ruth Harnsbarger heiraten.«
Sie hatten ihren Namen vergessen, und sie sahen ihn verwirrt an.
»Das Mädchen, das ich im vorigen Sommer gemalt habe.«
»Doch nicht das Bauernmädchen!« rief die Mutter.
»Sie ist keine Bäuerin«, entgegnete er. »Sie ist eine Farmerstochter – das ist bei uns etwas ganz anderes, Mutter.«
»Unsinn«, fiel sie scharf ein. »Harold, warum sagst du nichts? Warum sitzt du nur da und machst ein dummes Gesicht? Das ist doch lächerlich!«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stammelte der Vater. »Natürlich hat Mutter recht, William. Es ist nicht nur lächerlich, sondern vor allem gewagt. Ja, das ist es – gewagt.«
»Es ist lächerlich«, betonte sie. »Ein Mädchen, das ich nicht einmal in meiner Küche dulden würde, ungebildet …«
»Sei still«, unterbrach William sie scharf. »Es ist meine Sache, wie sie ist. Eine Frau wie sie ist für einen Mann das tägliche Brot. Mehr wünsche ich mir nicht.«
Mit diesen Worten stand er auf, verließ den Raum und ging in sein Schlafzimmer hinauf. ›Der Snobismus der Alten!‹ dachte er erbittert. ›Ihre Grausamkeit! Ihre falsche Denkweise!‹
Er zog den Smoking aus und schlüpfte wieder in seinen abgetragenen braunen Wanderanzug. Er wollte einfach, ärmlich und ungeschliffen aussehen. Er wollte fort von den weichen Teppichen und Samtvorhängen, von den alten Gemälden und den beiden wohlhabenden ältlichen Menschen, die seine Eltern waren. Niemals konnte ein starkes Werk aus diesem Hause kommen!
›Ich will zu Ruth zurück‹, dachte er. ›Dort wird man mir ein Bett geben.‹
Er ging aus dem Hause und verließ die Stadt in westlicher Richtung.
Je näher er der Farm kam, um so mehr sehnte er sich danach, auch ihnen die Wahrheit zu sagen. Als er anlangte, ging er um das Haus herum zur Küche. Sie saßen in der Küche, und die Türe stand offen. Obwohl es daheim kaum Abendbrotzeit war, bereitete man sich hier schon zum Zubettgehen vor. Harnsbarger zog die Uhr auf, und Ruth stellte den Brotteig zum Aufgehen hin. Frau Harnsbarger war am
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