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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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lieber nicht im Hause haben willst … aber sie sind bei uns zu Besuch.«
    »Wenn sie bei euch zu Gast sind, dann bringe sie nur mit«, hatte ihre Mutter gebieterisch gesagt.
    Louise merkte aber, daß sie sich über das dunkle Paar wunderte, wenn sie auch ihr Erstaunen verbarg und ihre ganze Begabung als berühmte Gastgeberin aufbot. Sie gab ihre Schweigsamkeit auf und zog alle ins Gespräch. Im Salon verbreitete sich gedämpfte Fröhlichkeit. Sogar William raffte sich auf und hörte zu, aber die Unterhaltung verlief für ihn zu schnell. Er vermochte der wechselnden Rede und Gegenrede nicht zu folgen. Der Mutter fiel sein Schweigen auf.
    »Ach, William, du solltest aus deiner Zurückgezogenheit hervorkommen«, sagte sie mit einem Anflug von Bosheit. Sie wandte sich an die dunkle junge Frau: »Mein Sohn ist zur Scholle zurückgekehrt. Er hat eine Bauerntochter geheiratet und malt alles, was er von ihren Fenstern aus sieht.«
    »Mutter!« rief er plötzlich. Noch nie zuvor hatte sie sich so ungeschminkt geäußert.
    »Nun, es ist doch wahr, William«, versetzte sie. »Und du bist für alle ungemein langweilig geworden.«
    Ihre Schärfe wurde gemildert durch die vorsätzliche Bosheit des satten Alters, doch spürte er ihre tiefe Unzufriedenheit, jene Unzufriedenheit, die ihn in seiner Kindheit gleich einem Wüstenwind ausgedörrt hatte. Sofort wurden Minderwertigkeitsgefühle in ihm geweckt, und erbitterte Demut erfüllte ihn, als die junge Frau ihn anredete.
    »Sie sollten nach Österreich kommen. Dort ist das Leben malerisch«, sagte sie zu ihm. Sie kniff die Augen zusammen, während sie ihn ansah.
    »Ich versichere Ihnen, ich bin wirklich nur ein zweitklassiger Maler«, erwiderte er und lächelte.
    Danach konnte er nicht mehr lange bleiben. Das Gespräch wendete sich von ihm ab und berührte alles mögliche. Er hörte Namen von Orten und Menschen.
    Er hörte Louise mit ihrer hohen, klagenden Stimme sagen: »Monty behauptet, daß es einen Weltkrieg geben wird.«
    Alle blickten sie an, als sie dies vorbrachte, und der dunkle junge Mann errötete unvermittelt über und über, als ob er sich ärgerte. Er und Monty sahen einander an, und Montys schmales, blasses Antlitz wurde noch blasser.
    »Unsinn«, entgegnete Frau Barton. »Wir sind keine Wilden mehr. Wie kommst du nur darauf, Monty?«
    »So etwas hat man im Gefühl«, murmelte er.
    »Ich würde mir gern einen Raffael kaufen, auf den ich schon ein Auge geworfen habe, wenn etwas Derartiges wirklich geschehen sollte«, bemerkte Barton.
    »Wo ist das Bild?« fragte der dunkle Mann.
    »Zufällig ausgerechnet in Spanien«, antwortete Barton. »Fast niemand hat eine Ahnung davon!«
    »Spanien!« wiederholte der junge Mann. »Nein, Spanien ist unsicher, davon bin ich überzeugt.«
    Von all dem fühlte William sich unendlich fern. Einige Minuten später stand er auf, verabschiedete sich und fuhr nach Hause. War ihm das Leben, das ihn zutiefst hätte befruchten können, entgangen?
    ›Ob Ruth wohl etwas dagegen hätte, wenn ich eine Zeitlang fortgehen würde?‹ fragte er sich. Er empfand plötzlich das Bedürfnis, sehr hart zu leben. Er wollte an einen Ort gehen, wo ungeschliffene Menschen litten, und sich in ihren Schmerzen baden. Die Gemütsbewegung, die ihn am Vormittag wegen eines Schmetterlings ergriffen hatte, erschien ihm jetzt lächerlich. Unwillkürlich dachte er an den strengen Ernst des Krieges, an die Entbehrungen, die Gefahr und das Opfer rein körperlicher Art. Auf diese Weise wurde der Geist aufwärts gezwungen. Wie sonst konnte er sich erheben?
    Während er durch die Dunkelheit einer bereits lange schlafenden Landschaft glitt, spürte er seine eigene Seele. Unberührt lag sie in seinem Körper gleich einem Schwert in der Scheide. Obwohl er siebenundvierzig Jahre zählte, empfand er mit einem Male, wie jung und unverbraucht er noch war, wie unreif in seiner Arbeit, weil er selber unreif war. Sein Verstand war ungeschärft.
    ›Wenn ich einfach Ruths Haus verlasse, ohne zu wissen, ob ich jemals zurückkehren werde‹, grübelte er, ›wohin würde ich dann gehen?‹
    Das Haus erhob sich jetzt vor ihm in der weichen, warmen Dunkelheit. Die Küchenfenster waren erleuchtet. Er stellte den Wagen weg und schritt den Gartenpfad entlang. Dann öffnete er die Küchentür.
    Da war Ruth. Sie hielt eine Peitsche mit beiden Händen vor ihren Leib. Hal stand vor ihr, an den Tisch zurückgelehnt. Sie sprach gerade. Doch als William eintrat, hielt sie inne. Sie wandte ihm den

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