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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Dunkelheit: »Wenn du das glaubst, warum bleibst du dann bei mir?«
    Er drängte zu ihr mit seinem ganzen Wesen. »Weil ich bei dir bleiben möchte, Ruth!«
    Er nahm sie in die Arme, obwohl sie sich eine Weile gegen ihn auflehnte und sich nicht so leicht trösten lassen wollte. Nur selten brauchte sie Trost, aber wenn sie verletzt wurde, ging die Wunde tief und konnte nicht schnell geheilt werden.
    Er zündete die Lampe an, um ihr Antlitz zu sehen und die Wandlung von der gegenwärtigen Traurigkeit zu seiner gewöhnlichen Ruhe zu beobachten. Und er machte sich daran, sie zurückzugewinnen, ihr den Glauben an ihn wiederzugeben, die Gewißheit, daß er sie niemals verlassen würde.
    Und während er all die zärtlichen Worte sprach, die sanften, frohen Liebesworte, während er ihr gelobte, sein Leben lang bei ihr zu bleiben, hatte er das Gefühl, daß ihr ein Teil von ihm durch Jill entglitt. Jill mußte ihre Freiheit bekommen, und mit Jill ging ein wenig von ihm aus diesem Hause.
    Jill wurde zwischen ihm und Ruth nicht mehr erwähnt, doch am nächsten Morgen sagte er am Frühstückstisch ruhig, als ob die Angelegenheit für ihn keine große Bedeutung hätte: »Übrigens, Jill, Mutter und ich haben gestern abend beschlossen, daß du gehen kannst.«
    Er sah auf und begegnete Ruths blitzenden blauen Augen, die er mit seinem eindringlichen, beteuernden Blick herausforderte: »Wir sind beide der Meinung, daß du das Recht hast, selber die Wahl zu treffen«, sagte er zu Jill und fuhr fort, den Blick immer noch auf Ruth gerichtet: »Es ist nicht mehr, als was wir früher auch getan haben.«
    So gab er Elise seine Tochter.
    Als Jill fort war, wurde ihm bewußt, daß er und Ruth das mittlere Alter überschritten hatten. Sie wurden alt. Nichts in der Welt ringsum bedeutete ihm viel. Elises Briefe trafen weiterhin ein, aber jetzt handelten sie nicht mehr von Elise selbst, sondern von Jill. Jill müsse neue Kleider haben, und Jill müsse Gesangunterricht erhalten. Ob William denn nie bemerkt habe, was für eine schöne Altstimme sie hatte?
    Sie befanden sich in New York, und Louise half Jill ausstatten und suchte den besten Lehrer für sie. Monty war durch den Krieg ungeheuer reich geworden. Je länger der Krieg dauerte, desto vermögender wurde Monty. Jill gegenüber zeigte er sich sehr großzügig. Und Louise sagte, was für eine Schande es doch sei, daß William sich von seinen Angehörigen ferngehalten hatte. Seine Eltern waren jetzt bejahrt und gebrechlich. Wenn Jill soweit war, wollte sie sie in Philadelphia aufnehmen. Ob William sie dort besuchen wollte?
    Er las diese Briefe sorgfaltig und verglich sie mit Jills Briefen. Sie waren, das merkte er, für die Augen ihrer Mutter berechnet. Er konnte ihnen wenig entnehmen, außer daß sie ihre Gesangsstunden sehr ernst nahm und angespannt arbeitete.
    »Wußtest du, daß sie singen kann?« fragte er Ruth.
    »Ich fand immer, daß sie in der Kirche wirklich hübsch sang«, antwortete sie überrascht, »aber daran habe ich nie gedacht.«
    »Ach, jetzt sehe ich ein, daß ich in die Kirche hätte gehen sollen«, lachte er. Aber gleich darauf wurde er ernst. »Wie schrecklich, wenn wir sie hierbehalten hätten!«
    Doch Ruth wollte ihm das nicht zugestehen. »Es ist kein gutes Leben für eine Frau, vor allen Leuten auf der Bühne zu singen.«
    »Für Jill zweifellos richtig«, beharrte er.
    Er erwähnte nichts davon, daß Jill in seinem Elternhaus sein würde. Dazu war immer noch Zeit, wenn er wußte, ob er selber hinfahren würde, um sie dort zu besuchen.
    Dann fand der Krieg ein Ende, und Ruth vergaß Jill, weil Hal zurückkehren würde. Ob er wohl Weihnachten daheim war? Sie putzte das Haus vom Speicher bis zum Keller und ließ sein Zimmer frisch tapezieren. Das Haus war erfüllt von einem neuen Frieden, der nichts mit dem Krieg zu tun hatte. Dieser Krieg war für sie in der Person Hals begrenzt gewesen. Er hatte ihn überstanden, ohne verwundet zu werden, und er brüstete sich damit, daß er zwei Zentimeter gewachsen war und fünfzehn Pfund zugenommen hatte.
    »Er muß prächtig aussehn«, sagte Ruth. »Was er nun wohl machen will?« Darüber dachte sie viel nach. »Wenn er die Farm übernehmen würde … ach, das wäre zu schön, um wahr zu sein.«
    »Das stimmt leider«, erwiderte William. »Häng dein Herz nicht an die Kinder, mein Liebes. Das hat keinen Zweck.«
    »Ich weiß nicht, warum meine Kinder so anders sein müssen«, klagte sie traurig. »Bei allen Leuten machen sich

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