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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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die Kinder recht. Aber nur Mary ist wie alle andern Menschen.«
    Er lachte. »Deine Kinder haben einen sonderbaren Vater, Ruth.«
    Sie warf ihm, was selten geschah, einen mutwilligen Blick zu. »Schade, daß ich daran nicht gedacht habe, als du zum erstenmal hierher kamst!«
    »Ist das wirklich schade?« Vielleicht war es diese tiefe Ungewißheit, dachte er manchmal, die sie zu einem ewigen Liebespaar machte.
    »Schade oder nicht, ich hätte nicht anders handeln können«, antwortete sie.
    In diesen Tagen vor Weihnachten durchlebten sie eine Zeitspanne so süß wie Flitterwochen. Allein im Hause, waren sie doch nicht vereinsamt, und Hals Heimkehr, die das Ende eines Weltkriegs bezeichnete, fügte darüber hinaus Freude hinzu.
    Er kam nicht vor Weihnachten, aber die Fröhlichkeit blieb bestehen. Vielleicht Neujahr, doch auch das neue Jahr brachte ihn nicht. Vielleicht im Frühling, und immer noch ließ die Fröhlichkeit nicht nach. Jill war sehr glücklich, Mary gebar ihr zweites Kind, wieder einen Knaben, der Thomas heißen sollte, und jeden Tag konnte Hal kommen.
    Die Fröhlichkeit brach eines Tages im April jählings ab, als ein Brief eintraf, der Hals ewig kindliche Handschrift trug. Hal kam nicht. Er hatte eine Französin geheiratet, die ihr ganzes Leben lang in Paris gelebt und die Stadt nicht verlassen wollte. Was ihn betraf, so gefiel ihm Paris sehr gut. Vielleicht würden die Eltern einmal herüberkommen und ihn und Mimi besuchen. Wenn nicht, würde er sich irgendwie für eine Weile frei machen.
    William hatte den Brief im Kasten gefunden und ihn ungeöffnet geradewegs zu Ruth gebracht. Sie grub den Gemüsegarten für die neue Aussaat um, und mit ihren erdbeschmutzten Fingern riß sie den Umschlag auf und las die wenigen Zeilen, mit denen Hal all ihren Hoffnungen ein Ende machte.
    Sie reichte William den Brief, und er las ihn. Dann sah er, daß sie nicht sprechen konnte, worauf er sie bei der Hand nahm, ins Haus führte und sich setzen ließ. Er holte Kirschwasser und gab es ihr zu trinken. Und die ganze Zeit versuchte er sie zu beschwichtigen.
    »Liebste, ich sagte dir doch, wir dürfen unser Herz nicht an die Kinder hängen. Sie tun, was sie wollen. Wir haben uns.«
    Sie fand endlich Worte. »William, eine Französin!«
    Er erkannte, daß nicht Hals Heirat an sich sie so traf, sondern seine Eheschließung mit einer Ausländerin, mit einer Frau, zu der sie niemals, auch wenn sie ihr begegnete, ein einziges Wort sagen konnte.
    »Die Franzosen sind genau wie andere Menschen, Liebes. Ich habe als Kind jeden Sommer in Frankreich verbracht, und ich beherrschte die französische Sprache ebenso wie die englische. Ich hatte das Volk gern. Mach dir deshalb keine Gedanken.«
    Aber sie machte sich Gedanken. Für sie bedeutete es nichts, was er in jenem andern Leben getan. Mit einer Französin hatte sie kein Verständigungsmittel.
    »Wie werden seine Kinder sein?« murmelte sie. »Sie gehören nicht zu uns.«
    »Vielleicht wirst du sie manchmal sehen, und du wirst sie liebhaben.«
    Sie schüttelte jedoch den Kopf. »Das kann ich nicht«, entgegnete sie. »Sie werden nicht mir gehören.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich wünschte, wir hätten Hals Zimmer nicht neu tapeziert. Jetzt wird er es nie mehr benutzen.«
    »Doch, natürlich wird er es benutzen«, beharrte William.
    Aber er vermochte nichts über sie. Von diesem Tage an hatte sie das Gefühl, daß ihr Sohn tot wäre. Sie beantwortete seine Briefe nicht. William war es, der schließlich an Hal schrieb und ihm einen kleinen Scheck für ein Hochzeitsgeschenk schickte; das Geld stammte aus dem Erlös eines Bildes, das er an einen vorbeikommenden Touristen verkauft hatte, der ihn beim Malen beobachtet hatte.
    »Mutter ist betrübt, daß Du nicht heimkommst«, schrieb er an Hal. »Deshalb schreibe ich Dir, bis sie es überwunden hat.«
    So begann der Briefwechsel zwischen William und seinem Sohne, und daraus ergab sich dann ein Briefwechsel mit seiner französischen Schwiegertochter. Denn eines Tages fügte er seinem Schreiben an Hal einige Zeilen für sie bei, und Mimi, die diese Zeilen in ihrer kleinen Pariser Wohnung las, war entzückt von der Fehlerlosigkeit der Mitteilung.
    »Wirklich ein Wunder«, rief sie, »daß ich von dem ganzen Regiment gerade einen Mann gewählt habe, der einen so gescheiten Vater hat.«
    »Ich wußte gar nicht, daß mein alter Herr Französisch kann«, sagte Hal verwundert.
    »Du schätzt ihn nicht!« rief Mimi.
    Und sie begann

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