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Eine magische Begegnung

Eine magische Begegnung

Titel: Eine magische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Skully
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daneben stellten sich jede Menge Leute an. Doch Lili fühlte sich unter dem stechenden Blick der Frau wie abgeschnitten vom regen Treiben, das um sie herum herrschte. Diese Augen schienen bis in die Tiefen ihrer Seele zu blicken, und Lili hatte den Verdacht, dass dieser Frau nicht gefiel, was sie sah.
    Lady Dreadlocks ursprünglich helle Haut war mittlerweile braun wie gegerbtes Leder. Die Sonne hatte tiefe Furchen in ihr Gesicht gebrannt, die sie zwanzig Jahre älter aussehen ließen. Sie musste ungefähr in Lilis Alter sein, also einunddreißig. Die Dreadlocks fielen wie die Schlangen der Medusa von ihrem Kopf bis über die Schultern. Es ließ sich schwer sagen, ob sie wirklich blond war oder ob die Sonne ihr Haar und ihre Augenbrauen einfach nur völlig ausgebleicht hatte. Aus den Löchern ihrer Tennisschuhe lugten vorne schmutzige Socken hervor. Trotz des verhältnismäßig warmen Aprilmorgens trug die Frau einen zerlumpten Mantel, darunter eine Weste, einen Pulli und ein Hemd.
    “Gott beobachtet dich”, murmelte Lady Dreadlock vor sich hin.
    Das Ganze ging nun schon drei Monate so, und Lili wusste immer noch nicht, warum Gott sie beobachtete. Sie hatte sich bemüht, Mitgefühl mit dieser Frau zu empfinden, die offenbar nicht ganz richtig im Kopf war. Sie lebte am anderen Ende der Stadt in einem Wohnheim, in dem Leute mit psychischen oder sozialen Problemen betreut wurden, und es war offensichtlich, dass sie früher einmal obdachlos gewesen war. Sie verdiente Mitgefühl. Aber warum hatte sie sich ausgerechnet Lili ausgesucht? Die Frau bettelte nie um Geld, kam ihr kaum näher als einen Meter und berührte sie nie. Aber ihre Stimme war so … eindringlich.
    “Guten Morgen. Schön, Sie zu sehen. Ich bin in Eile, weil ich zur Arbeit muss.” Lili bemühte sich ihr gegenüber immer, höflich zu sein. Sie vermutete, dass es die Situation nur verschlimmern würde, wenn sie einfach “Hau ab!” sagte.
    Lady Dreadlock zeigte zum Himmel. “Gott ist der Meinung, dass wir böse sind.”
    War dies ein allgemeines “Wir”, oder bezog es sich nur auf Lili und die Frau?
    Lady Dreadlock neigte ihren Kopf näher zu Lili, ohne ihr jedoch unangemessen nahe zu kommen. “Sei vorsichtig”, zischte sie, “sonst wird Gott
dich
bestrafen.”
    Nachdem die Frau diese letzte rätselhafte Prophezeiung hervorgestoßen hatte, schlurfte sie, in Selbstgespräche versunken, davon. Erfahrungsgemäß würde Lili sie die nächsten paar Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die Frau tat ihr nie etwas, sie sagte nur stets das Gleiche. Dass Gott sie beobachtete. Dass Gott sie bestrafen würde. Mehr nicht. Die ganzen drei Monate war es immer die exakt gleiche Litanei gewesen.
    Lili wusste nicht, wie sie der Frau helfen sollte. Sie konnte Katzen, Hunden, Hamstern, Kaninchen und gelegentlich auch einem Pferd helfen – bei Goldfischen, Schlangen und auch den Riesenameisen, die die Eichen im Garten befallen hatten, hatte sie es noch nicht versucht – aber nicht Lady Dreadlock. Lili fühlte sich machtlos und unfähig, denn im Grunde
wollte
sie ihr helfen.
    Sie sperrte die Tür des “Flowers By Nature” auf, huschte rasch in den Laden und sperrte hinter sich wieder zu. Der Duft der vielen verschiedenen Blumensorten und der Geruch der feuchten Erde, in denen die Topfpflanzen wuchsen, beruhigten sie sofort. Sie mochte es sehr, wie es morgens in dem halbdunklen kleinen Laden roch. Wie im Dschungel nach einem langen Regen. Inmitten der vielen Pflanzen an den Wänden war ein Tisch mit Blumenarrangements, und links und rechts davon führten zwei mit Steinen gepflasterte Wege in den hinteren Teil des Geschäfts. Wegen der Kühlkonsolen, die ständig leise vor sich hin summten, war es hier nie wirklich still, doch Lili hatte dennoch oft das Gefühl, als könnte sie die Blumen reden hören.
    “Du solltest dieser Frau die Polizei auf den Hals hetzen.”
    Lili schrie auf und hätte fast ihren Kaffeebecher fallen lassen. Das war ganz gewiss keine sprechende Blume. “Du hast mich furchtbar erschreckt, Kate.”
    Kate Carson, ihre Chefin, stand hinter der Kasse und zählte Geld. Aus dem eleganten Knoten, zu dem sie ihr Haar hochgesteckt hatte, hatten sich ein paar blonde Locken gelöst und fielen ihr in den Nacken. Kate trug ihr Haar immer hochgesteckt. Es machte sie sieben Zentimeter größer als ihre ein Meter sechzig, aber bereits zu Mittag würde ihr die Lockenpracht beinahe zur Gänze über die Schultern fallen.
    “Wie kannst du gleichzeitig Geld

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